Änderung der Produktinformationen von Fenoterol

Beta-2-Sympathomimetika bei Asthma – wie viel ist zu viel?

Stuttgart - 15.11.2023, 09:15 Uhr

Asthma-Patient:innen, die Fenoterol mehr als zweimal pro Woche bei Bedarf anwenden, sollten erneut untersucht werden. (Packshot: Boehringer Ingelheim | Voy_ager / AdobeStock | Montage: DAZ)

Asthma-Patient:innen, die Fenoterol mehr als zweimal pro Woche bei Bedarf anwenden, sollten erneut untersucht werden. (Packshot: Boehringer Ingelheim | Voy_ager / AdobeStock | Montage: DAZ)


Anfang des Jahres ist eine neue Asthma-Leitlinie erschienen, die bereits nahelegte, die Monotherapie mit kurzwirksamen β₂-Sympathomimetika (SABA) zu hinterfragen. Bei Fenoterol sollen nun neue Hinweise in den Produktinformationen Patient:innen und Angehörige der Gesundheitsberufe konkret auf die Risiken einer übermäßigen SABA-Anwendung aufmerksam machen.

Anfang November hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bekannt gegeben, dass die Fach- und Gebrauchsinformationen von Fenoterol-haltigen Arzneimitteln angepasst werden müssen [1].

In der Apotheke dürfte Fenoterol unter dem Handelsnamen Berotec® N bekannt sein – ein Dosieraerosol, dessen Anwendungsgebiete wie folgt lauten [2]:

  • Symptomatische Behandlung von akuten Asthmaanfällen.
  • Prophylaxe von belastungsinduziertem Asthma bronchiale.
  • Symptomatische Behandlung von Asthma bronchiale allergischer und nichtallergischer Ursache und/oder anderen Erkrankungen, die mit einer reversiblen Obstruktion der Atemwege einhergehen, z. B. chronisch obstruktive Bronchitis mit und ohne Lungenemphysem.

Es handelt sich also um ein kurzwirksames β₂-Sympathomimetikum (SABA) beziehungsweise um eine sogenannte Reliever-Medikation bei Asthma. 

Steigender Bedarf zeigt Verschlechterung der Erkrankung

Der Pharmakovigilanzausschuss (PRAC) der europäischen Arzneimittelbehörde EMA kam nun zu dem Schluss, dass Patienten und Angehörige der Gesundheitsberufe erneut auf die Risiken einer übermäßigen Anwendung von Fenoterol bei Asthma hingewiesen werden sollten. Bereits zuvor hieß es in der Fachinformation von Berotec® N, dass β₂-Sympathomimetika bei steigendem Bedarf die Verschlechterung einer Erkrankung anzeigen können. Die Therapie sei dann hinsichtlich einer entzündungshemmenden Therapie zu überdenken: „Es ist wiederholt über ein erhöhtes Risiko für das Auftreten schwerer Komplikationen der Grunderkrankung bis hin zu Todesfällen berichtet worden, wenn das Bronchialasthma mit Beta-2-Sympathomimetika zur Inhalation über längere Zeit mit hohen und überhöhten Dosen behandelt wurde und die entzündungshemmende Therapie unzureichend war.“

Diese Warnhinweise sollen nun unter anderem durch folgenden ergänzt beziehungsweise ersetzt werden: 


„Patienten, die Fenoterol mehr als zweimal pro Woche ‚bei Bedarf‘ anwenden – die prophylaktische Anwendung vor dem Sport nicht mitgezählt –, sollten im Hinblick auf eine angebrachte Therapieanpassung erneut untersucht werden, da bei diesen Patienten die Gefahr einer übermäßigen Anwendung von Fenoterol besteht.“ 

Umsetzung des einstimmigen Beschlusses der Koordinierungsgruppe EMA/CMDh/224110/2023 vom 25.05.2023 [1]


Denn eine „übermäßige Anwendung von kurzwirksamen Beta-Agonisten kann das Fortschreiten der Grunderkrankung maskieren und zu einer Verschlechterung der Asthmakontrolle beitragen, was zu einem erhöhten Risiko schwerer Asthma-Exazerbationen und einem erhöhten Mortalitätsrisiko führt“. In der Packungsbeilage soll künftig stehen: „Wenn Sie täglich ein Arzneimittel zur Behandlung der entzündlichen Vorgänge in Ihrer Lunge anwenden, z. B. ein ‚inhalatives Kortikosteroid‘, ist es wichtig, dass Sie es regelmäßig weiter anwenden, auch wenn Sie sich besser fühlen.“

Hintergund der Änderungen sei, dass der federführende Mitgliedstaat des PRAC der Ansicht ist, dass „eine signifikante übermäßige Anwendung von Reliever-Medikation, die Fenoterol enthält, stattfindet und mit einer Verschlechterung der Asthmakontrolle sowie dem Risiko lebensbedrohlicher Asthma-Exazerbationen assoziiert ist“.

Mehr zum Thema

Die Änderungen passen auch zu der erst Anfang des Jahres aktualisierten Asthma-Leitlinie: Demnach ist die bedarfsweise Inhalation eines SABA bei Patient:innen der Therapiestufe 1 (Beschwerden seltener als zweimal pro Woche) nur noch eine „Option“. Eine reine Bedarfstherapie mit einer Fixkombination aus einem inhalativen Corticosteroid (ICS) und dem FABA Formoterol (Fast-Acting Beta-Agonist = Raschwirksames Betamimetikum) gilt jedoch als sicherer und effektiver als eine reine SABA-Bedarfstherapie.

Literatur 

[1] Internetauftritt des BfArM. Umsetzung des einstimmigen Beschlusses der Koordinierungsgruppe EMA/CMDh/224110/2023 vom 25.05.2023 betreffend die Zulassungen für Humanarzneimittel mit dem Wirkstoff Fenoterol (atemwegsbezogene Anwendungsgebiete), Stand 09.11.2023, www.bfarm.de/DE/Arzneimittel/Pharmakovigilanz/Periodic-Safety-Update-Reports_PSURs/PSUR-Single-Assessment/Anlagen/a-f/Fenoterol-CMDh-Beschluss.html

[2] Fachinformation von Boehringer Ingelheim zu Berotec® N 100 μg Dosier-Aerosol, Stand März 2021, www.fachinfo.de/

[3] S2k-Leitlinie Fachärztliche Diagnostik und Therapie von Asthma. Stand: 01.03.2023, register.awmf.org/de/leitlinien/detail/020-009


Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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