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Podiumsdiskussion zum Apothekenhonorar
„12 Euro sind keine Fantasie-Forderung“
Wie soll es weitergehen mit dem Apothekenhonorar? Fixum rauf, Umverteilung zugunsten förderungsbedürftiger Apotheken oder sogar beides? Darüber sprachen bei der INTERPHARM online der SPD-Apothekenexperte Dirk Heidenblut, Schleswig-Holsteins Kammerpräsident Kai Christiansen, die Politikwissenschaftlerin Cosima Bauer und der Apotheken-Wirtschaftsexperte Professor Reinhard Herzog.
Es ist an der Zeit, über Geld zu reden. Seit nunmehr einer Dekade stagniert das Apothekenhonorar – jetzt muss sich endlich etwas tun, findet auch die ABDA. Sie fordert unter anderem, das Fixum auf 12 Euro anzuheben – das entspricht nicht einmal der Inflationsrate der vergangenen zehn Jahre, betonte der Präsident der Apothekerkammer Schleswig-Holstein, Kai Christiansen, am vergangenen Freitag bei einer Podiumsdiskussion. „12 Euro sind keine Fantasie-Forderung.“
Geladen hatte im Zuge der Veranstaltung „Apotheke und Wirtschaft“ bei der INTERPHARM online AWA-Chefredakteur Hubert Ortner. Zu den Gästen zählte auch der Berichterstatter der SPD für Apothekenthemen, Dirk Heidenblut, der sich aus terminlichen Gründen virtuell zuschalten musste. Der Gesundheitspolitiker stellte klar, dass auch er die Notwendigkeit erkannt habe, das Fixum anzuheben – in welcher Höhe ließ er sich jedoch nicht entlocken.
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Auch der Apotheker und Wirtschaftsfachmann Professor Reinhard Herzog, zweifelt daran, dass aktuell genug Geld im System vorhanden ist. Bis zum Jahr 2019 wäre er tendenziell von einem Verteilungsproblem ausgegangen, sagte er – doch die Corona-Pandemie habe einiges durcheinandergebracht. Dass der Gesetzgeber in einer solchen Phase auch noch den Kassenabschlag erhöht hat, leuchtet Herzog nicht ein. „Das ist unverständlich in der aktuellen Situation.“
Der 12-Euro-Forderung der ABDA steht Herzog jedoch skeptisch gegenüber. „Forderungen kann man immer stellen“, sagte er. „Wenn man dann aber mal ausrechnet, wo dann eine Durchschnittsapotheke landet und wie das im Verhältnis zu einer durchschnittlichen Arztpraxis aussieht, wird das schwierig darzustellen sein.“ Für kleine Apotheken sei das vertretbar, aber bei großen „mit 100.000 Rx-Packungen im Jahr, da kommt schon satt was drauf“.
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Sein Ansatz zielt eher auf eine Entlastung der Apotheken von bürokratischen Pflichten ab: „Wir müssen den Apothekenbetrieb attraktiver machen, ihn entmüllen und entrümpeln.“ So könne man vorhandene Personalkapazitäten umwidmen – denn mehr Geld allein werde nicht reichen, um das Personalproblem in den Griff zu bekommen. „Davon kann ich mir keine Apotheker, PTA und PKA backen“, gab Herzog zu bedenken. Die derzeit benötigten Fachkräfte seien schlichtweg nicht verfügbar – deshalb müsse „Leerlauf-Bürokratie“ weichen, um sich mit sinnhaften Aufgaben beschäftigen zu können.
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Aus Berlin mehren sich derweil die Signale, dass die Politik plant, insbesondere Apotheken in strukturschwachen Regionen zu stärken und zu diesem Zweck auch erwägt, einen neuen Verteilungsmechanismus einzuführen. Heidenblut betonte, die Gesundheitspolitik wolle „die Apothekenstruktur überall abgesichert haben“. Man müsse dabei auch über das Thema Verteilung nachdenken, denn die Entwicklungen der vergangenen Jahre hätten die Apotheken in recht unterschiedlichem Maß betroffen. Er sprach sich klar dafür aus, grundsätzlich mehr Geld ins System zu geben, gleichzeitig gelte es aber, das Kernproblem nicht aus den Augen zu verlieren: Die Arbeit in den Apotheken müsse überall wieder attraktiv werden, nicht nur in Berlin im Ärztehaus.
Herzog: Umverteilung „wird sehr viel Unfrieden stiften“
Herzog warnte vor den Schattenseiten einer wie auch immer gearteten Umverteilung. „Das wird sehr viel Unfrieden stiften“, glaubt er. Dabei sei der Finanzierungsbedarf einer möglichen Strukturförderung gar nicht so groß, wie oft angenommen. Seiner Schätzung nach dürfte man am Ende etwa 1.000 bis 2.000 Apotheken in Deutschland identifizieren, die förderungsbedürftig sind. „Über die Kriterien kann man natürlich trefflich diskutieren“, warf er ein. Dennoch: Um jeder dieser Apotheken etwa 100.000 Euro im Jahr extra zukommen zu lassen, brauche es insgesamt rund 100 bis 200 Millionen Euro. „Mit relativ wenig Geld könnte man also schon eine recht potente Strukturförderung betreiben“, fasste Herzog zusammen. „Diesen Betrag sollte man schon irgendwie aus dem Gesamtetat herausschneiden können, ohne eine Verteilungsdiskussion innerhalb des Berufsstands anzufangen.“
Die Politikwissenschaftlerin Cosima Bauer vom Beratungs- und Forschungsunternehmen May+Bauer hält eine reine Erhöhung des Apothekenhonorars ebenfalls für wenig zielführend. „Es gibt hierzulande einen gesetzlichen Versorgungsauftrag“, erinnerte sie. Wenn man die Präsenzapotheken also in der Fläche erhalten wolle, „dann kostet das sicherlich auch Geld“. Eine Erhöhung des Fixums für alle Apotheken gleichermaßen allerdings nütze einem Betrieb in einer schwierigen Situation „zwar ein bisschen, aber nicht so viel wie nötig. Eine Apotheke in einer guten Situation spürt die Auswirkungen hingegen vielleicht gar nicht so sehr.“ Das Geld mit der Gießkanne zu verteilen, ergebe vor diesem Hintergrund keinen Sinn.
Christiansen: Apotheken schließen überall
Kammerpräsident Christiansen drängte es an dieser Stelle, einen Punkt klarzustellen: Die Diskussion erwecke den Eindruck, als gebe es „einige wenige Apotheken, denen es schlecht geht, und viele, denen es gut geht“. Das sei ein Trugschluss: Bei genauerem Hinsehen zeige sich, dass inzwischen Apotheken überall schließen – sowohl auf dem Land als auch in der Stadt. „Die durchschnittliche Apotheke erwirtschaftet einen jährlichen Umsatz von rund 3 Millionen Euro. Aber man muss auch sehen: 60 Prozent der Apotheken in Deutschland kommen auf diesen Durchschnittsumsatz nicht.“
Er pochte daher darauf, das Packungshonorar zunächst „durch die Bank weg“ zu erhöhen – denn mit diesem Honorar finanzierten Apotheken andere Leistungen, zum Beispiel die politisch gewollten Impfungen. „Wenn ich mich an die Vorgaben der Bundesapothekerkammer halte, schaffe ich es, pro Stunde vier Menschen zu impfen. In dieser Zeit kann ich mich nicht um die Arzneimittelversorgung kümmern. Was muss ich da als Inhaber verdienen, damit sich das lohnt?“ Ähnlich verhalte es sich mit den pharmazeutischen Dienstleistungen, konkret der Medikationsanalyse. „Aus betriebswirtschaftlicher Sicht müsste ich das meinen Mitarbeitern verbieten.“ Um weiterhin solche gesellschaftlich sinnvollen Aufgaben wahrnehmen zu können, müsse gewährleistet sein, dass die ureigenste Aufgabe der Apotheken, die Arzneimittelabgabe, ausreichend bezahlt werde.
3 Kommentare
Wir brauchen aber durch die Bank mehr Honorar
von Rainer W. am 26.04.2023 um 15:37 Uhr
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von Anita Peter am 24.04.2023 um 16:24 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: .
von Heiko am 24.04.2023 um 20:44 Uhr
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