E-Rezept-Enthusiasten

Elf Thesen, um das E-Rezept zu pushen

Stuttgart - 23.03.2023, 13:45 Uhr

In einer virtuellen Pressekonferenz stellten die E-Rezept-Enthusiasten um den Vorsitzenden Ralf König ihre elf Thesen vor. Unterstützung aus der Praxis gab es von Apotheker Jan Reuter und Arzt Stefan Spieren. (Screenshot: DAZ) 

In einer virtuellen Pressekonferenz stellten die E-Rezept-Enthusiasten um den Vorsitzenden Ralf König ihre elf Thesen vor. Unterstützung aus der Praxis gab es von Apotheker Jan Reuter und Arzt Stefan Spieren. (Screenshot: DAZ) 


Wie kann das E-Rezept vorangebracht werden? Dazu haben die E-Rezept-Enthusiasten elf Thesen erstellt, die sie am heutigen Donnerstag bei einer Pressekonferenz vorstellten. Darin fordert der Verein unter anderem eine verpflichtende Nutzung des E-Rezepts, Retaxsicherheit für die Apotheken und eine breit angelegte Informationskampagne für die Versicherten.

Der Verein der E-Rezept-Enthusiasten hat sich auf die Fahnen geschrieben, das E-Rezept in Deutschland voranzubringen, und hat dazu einige Aktionen geplant. Unter anderem feierten sie vor dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) die Zahl von einer Million eingelösten E-Rezepten. Am heutigen Donnerstag stellte der Verein um den Vorsitzenden Ralf König nun elf Thesen vor, die in den Augen der Beteiligten für die erfolgreiche und nachhaltige Einführung des E-Rezepts notwendig sind.

Auf den letzten Metern der Ausarbeitung sei die Digitalstrategie des BMG dazwischen gekommen, berichtete König. Er persönlich findet sie gut und hätte sie in dieser Breite und Tiefe nicht erwartet, sagte der Apotheker. Sie bringe lose Enden zusammen und das Thema nach vorne. Er sei gespannt auf den Referentenentwurf.

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Leichterer Zugang zu ePA und E-Rezept

In einigen Punkten geht der Plan von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) den Enthusiasten aber nicht weit genug. Das zeigt sich gleich in der ersten These. So wird die Absicht, das E-Rezept zum 1. Januar 2024 zu einem verbindlichen Standard in der Arzneimittelversorgung zu machen, begrüßt. Damit muss aber in den Augen der Enthusiasten eine bundesweit verpflichtende Nutzung des elektronischen Rezepts durch alle Heilberufsangehörigen einhergehen.

In der zweiten These geht es um die Information der Patient:innen. „Das E-Rezept ist ein Beispiel für misslungene, ja nicht vorhandene Kommunikation“, meint König. Es brauche eine orchestrierte Kommunikation. Das könne man nicht den Leistungserbringern überlassen. Der These zufolge müssen die Krankenkassen am 1. Juli 2023 eine wirksame, nutzer- und nutzenorientierte Kommunikation starten und Versicherte gründlich über das E-Rezept, seine Vorteile und Einsatzmöglichkeiten informieren.

Weitere digitale, patientenfreundliche Übertragungswege

Außerdem wollen die Enthusiasten die Verknüpfung des E-Rezepts mit dem elektronischen Medikationsplan (eMP) und anderen TI-Anwendungen. Auch hier begrüßen sie, dass in der Digitalisierungsstrategie der versorgungsrelevante Nutzen des E-Rezepts zum Tragen kommt, indem man es mit anderen (TI-) Anwendungen verbindet. Davon verspricht man sich unter anderem umfassendere Informationen für pharmazeutische Beratungsleistungen und draus resultierend weniger arzneimittelbezogene Probleme, wie Apotheker Jan Reuter schilderte. Dass Daten überall zur Verfügung stehen, wenn es der Patient wünscht, ist in Königs Augen ein Höhepunkt der geplanten Strategie. Da habe man in Deutschland großen Nachholbedarf.

Als Alternative zum Ausdruck des E-Rezept-Tokens spricht sich der Verein für neue digitale Anzeigewege aus. Zum Beispiel könnten die E-Rezepte auf den Displays der Lesegeräte für die elektronische Gesundheitskarte (eGK) angezeigt und von den Patient:innen mit dem Smartphone gescannt werden. Für diesen Weg haben sich die Enthusiasten bereits starkgemacht.

Ein weiterer Wunsch der Enthusiasten sind weitere digitale, patientenfreundliche Übertragungswege, wie sie in These fünf darlegen. Sie sprechen sich explizit dafür aus, dass auch über Apps anderer Anbieter E-Rezepte erhalten werden können. Die Anmeldeprozesse der Gematik-App seien zu komplex. Dass laut Digitalstrategie E-Rezepte auch über Kassenapps empfangen werden können, sei ein Schritt in die richtige Richtung, aber nicht ausreichend. Die Wunschvorstellung: eine zentrale App für alles bzw. ein „Ordner“ mit allen Daten rund um die Gesundheit, auf den andere Apps zugreifen können.

Druck auf KV-Papier

Und wenn schon gedruckt werden müsse, dann bitte auf das rosa A5-Blankopapiers der KV – bekannt von Überweisungen – fordern die Enthusiasten in These sechs. Patient:innen erhielten einen wertigen, vertrauten „Rezept“-Ausdruck. Dadurch reduziere sich der Erklär-Aufwand in der Praxis erheblich und die technisch-organisatorischen Prozesse bei der Umstellung der Praxis-IT würden erleichtert, da das vorhandene – für Überweisungen verwendete – Druckerfach genutzt werden könne, so die Begründung.

Zudem muss nach den Vorstellungen der Enthusiasten die Identifizierung von Versicherten zur niedrigschwelligen Nutzung von TI-Anwendungen durch Apotheken (Apotheken-Ident) auch auf ärztliche Betriebsstätten (Praxis-Ident) ausgeweitet werden. Natürlich mit entsprechender Vergütung, wie Allgemeinmediziner Nicolas Kahl betont. Der aktuelle Authentifizierungsprozess blockiere das System.

Außerdem gehören in den Augen der Enthusiasten die sogenannten First-Mover belohnt. Das formulieren sie in These acht: „Für Heilberufsangehörige, Leistungserbringer und KVen bzw. KZVen, die sich für die frühzeitige Einführung des E-Rezepts einsetzen, sind Anreizsysteme zu implementieren“ – zeitlich befristet bis zur E-Rezept-Pflicht.

Anpassung der Vergütung an die digitalen Möglichkeiten

Auch sollten Mediziner:innen keinen finanziellen Nachteil durch Folge- und Mehrfachverordnungen haben, im Vergleich zur physischen Präsenz der Patient:innnen in der Praxis. So weit gehe der Altruismus dann doch nicht, das werde keiner machen, glaubt Allgemeinarzt Stefan Spieren aus Wenden. Hier sei eine Anpassung der Vergütung an die neuen Möglichkeiten notwendig.

Ein weiterer wichtiger Punkt für die Enthusiasten: die Retaxationssicherheit für Apotheken und weitere Leistungserbringer. So müsse das E-Rezept formale Fehler im Datensatz ausschließen und es dürften keine neuen Retaxationsmöglichkeiten im Vergleich zum Muster 16 geschaffen werden, heißt es in These zehn.

In der elften und letzten These heißt es, dass es bei der Umsetzung digitaler Lösungen im Gesundheitswesen von entscheidender Bedeutung sei, dass Nutzerfreundlichkeit, Datenschutz und Datensicherheit Hand in Hand gehen. Bürokratische Hürden gelte es mit der Einführung des E-Rezepts und weiterer TI-Anwendungen abzubauen.

Diskussion auf Social Media

Die Thesen werden am heutigen Donnerstag virtuell auf die Webseite der E-Rezept-Enthusiasten „genagelt“. In den kommenden Tagen sollen einzelne in den sozialen Netzwerken genauer vorgestellt und diskutiert werden.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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2 Kommentare

Das E-Rezept hat zu viele ungelöste Probleme

von Rainer W. am 30.03.2023 um 14:09 Uhr

So lange falsch ausgestellte E-Rezepte die Praxis verlassen ist eine Weiterführung des E-Rezepts völlig indiskutabel.

Freitextverordnungen konterkarieren die gesamte Idee des e-Rezepts, sind aber die einzigen, die ich erhalte, weil eine Integration in die Praxissoftware anscheinend nicht möglich ist.

Die Prüfung auf Abrechenbarkeit dauert Wochen, und danach ist theoretisch noch nach einem Jahr eine Retax möglich. Das muss sich ändern. Die Freigabe von Standardverordnungen durch die Krankenkasse muss "live" erfolgen, und so eine Freigabe muss dann auch verbindlich zu einer Zahlungsverpflichtung führen.

Nachträgliche Änderungen am Rezept, korrekturen bei Nichtverfügbarkeit usw. werden von den bei uns verschreibenden Praxen nicht durchgeführt. Es wird ein "neues" e-Rezept ausgestellt und per Fax!!! geschickt, wenn der Patient nicht nochmal zurück fährt und den Zettel holt.

Das e-Rezept ist in seiner aktuellen Form völlig unbrauchbar, unausgereift und von Fehlern und unwägbarkeiten durchsetzt!

Bei der hälfte der e-Rezepte die uns erreichen gibt es Probleme bei der Abgabe oder Einreichung.

Von den Problemen beim Datenschutz, bei der erreichbarkeit der Server, der mangelhaften Datendurchsatzleistung des Systems, der fehlenden Redundanz und der vulnerabilität durch Zentralisierung will ich gar nicht erst anfangen...

Da hilft nur eines: Zurück auf Anfang, mit den Beteiligten im Gesundheitswesen noch mal von null auf das Rezept neu entwickeln.

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Totes Pferd

von ratatosk am 27.03.2023 um 15:01 Uhr

Nur ein totes Pferd muß man zum Trinken tragen.
Der technische Ansatz ist schon vor dem Start völlig verfehlt gewesen.
Die eigentliche Strategie von Karl für die Konzerne ist ein Umlenken auf die Versender, im der digitalen Welt setzen nur die Giganten die Maßstäbe und das sind keine örtlichen Apotheken, vor allem durch die Rahmenbedingungen in D.
Statt Arbeitseinsparungen gigantische Risiken und Mehrarbeit, wer soll so doof sein hier an seinem Untergang aktiv mitzuarbeiten ?
Karl und die sonstigen überheblichen Ministerialen sind leider nicht in der Lage die Grundlagen einer guten Innovation zu erkennen, noch weniger diese zu erarbeiten. Der desolate Zustand vieler Verwaltungen zeigt das strukturelle Problem.
Anstatt anderen digitalen Quatsch aufzuoktroyieren, könnte Karl mal eine klare digitale Organisation der Bundes und Landesbehörden bewerkstelligen, dann kann er wieder in den Talkshows rumtingeln.

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