EMA-Dokument aktualisiert

Auch Fluoxetin und Paroxetin können Wirkstoff-Nitrosamine bilden

Stuttgart - 15.12.2022, 15:15 Uhr

Arzneimittelhersteller müssen auch bei manchen Antidepressiva auf Nitrosamin-Verunreinigungen achten. (s / Foto: Richard Villalon / AdobeStock)

Arzneimittelhersteller müssen auch bei manchen Antidepressiva auf Nitrosamin-Verunreinigungen achten. (s / Foto: Richard Villalon / AdobeStock)


Seit Anfang des Jahres machen wirkstoffähnliche Nitrosamin-Verunreinigungen auf sich aufmerksam. In der Folge sollte die Rolle von Hilfsstoffen und auch die Möglichkeit der endogenen Nitrosamin-Bildung genauer untersucht werden. Seitdem werden immer neue Wirkstoff-Nitrosamine öffentlich bekannt – nach Duloxetin jetzt auch N-Nitroso-Fluoxetin und N-Nitroso-Paroxetin.

Infolge der Sartan-Krise, die im Sommer 2018 begann, wird das Antazidum Ranitidin seit Mai 2020 in Europa nicht mehr vermarktet. Am 7. Januar 2021 hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) das vorläufige Ruhen aller Zulassungen von ranitidinhaltigen Arzneimitteln bis zum 2. Januar 2023 angeordnet, jetzt hat das BfArM das Ruhen der Zulassungen bis 2. Januar 2025 verlängert

Während in den USA die juristische Aufarbeitung des Falls Ranitidin nur langsam an Fahrt aufnimmt, haben sich in der Nitrosamin-Krise an sich in den vergangenen vier Jahren immer neue Dimensionen – in Form neuer Nitrosamin-Verunreinigungen – eröffnet: Seit 2022 ist klar, dass Arzneimittelhersteller nicht nur an Nitrosamine wie NDMA in Ranitidin denken müssen, sondern auch an sogenannte Wirkstoff-Nitrosamine. Ursache dieser Verunreinigungen sollen Nitrite sein, die in Spuren in Hilfsstoffen vorkommen. 

Seitdem werden immer mehr Wirkstoffe bekannt, die auf diese Weise verunreinigt sein können. Nachvollziehen kann man das im FAQ-Dokument der EMA für Zulassungsinhaber, das am 5. Dezember erneut aktualisiert wurde. 

Die DAZ berichtete beispielsweise bereits über N-Nitroso-VareniclinN-Nitroso-QuinaprilN-Nitroso-IrbesartanNitroso-RasagilinNitroso-Orphenadrin, N-Nitroso-Methylphenidat und N-Nitroso-Nortriptylin. Im Oktober dieses Jahres kamen N-Nitroso-Dabigatran und N-Nitroso-Duloxetin dazu. Seit dem 5. Dezember werden nun außerdem

  • N-Nitroso-Fluoxetin
  • N-Nitroso-Paroxetin
  • N-Nitroso-Diphenylamin (NDPh)
  • N-Nitroso-Mefenaminsäure
  • N-Nitroso-Pyrrolidin (NPYR) und
  • N-Nitroso-Diethanolamin (NDELA)

mit entsprechenden erlaubten Grenzwerten gelistet. 

Während Fluoxetin und Paroxetin als Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) in der Apotheke beispielsweise in der Therapie von Menschen mit Depressionen gut bekannt sind, ist Mefenaminsäure nicht in deutschen Fertigarzneimitteln erhältlich – beispielsweise aber in der Schweiz. Mefenaminsäure zählt zu den NSAR (nicht steroidale Antirheumatika).

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Während bei den anderen neu aufgezählten Nitrosamin-Verunreinigungen einem nicht direkt Arzneimittel in den Sinn kommen, können diese jedoch – sollten sie in Arzneimittel-Synthesen zum Einsatz kommen – Potenzial für weitere Verunreinigungen in Arzneimitteln bieten. 

Von Nitrosamin-Verunreinigungen betroffene Zulassungsinhaber können noch bis Oktober 2023 Änderungsanträge für die Zulassungen ihrer chemischen Arzneimittel einreichen. Die Nitrosamin-Krise findet dieses Jahr also noch kein Ende.


Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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