Nitrosamin-Bildung

Nitrite und Nitrate in Hilfsstoffen im Visier

Stuttgart - 20.06.2022, 12:15 Uhr

Welche Konsequenzen ergeben sich aus den Erkenntnissen rund um die Nitrosamin-Problematik für die Arzneistoffanalytik und Qualitätssicherung? (c / Foto: Владимир Солдатов / AdobeStock)

Welche Konsequenzen ergeben sich aus den Erkenntnissen rund um die Nitrosamin-Problematik für die Arzneistoffanalytik und Qualitätssicherung? (c / Foto: Владимир Солдатов / AdobeStock)


Mutagene Nitrosamine überall: in Sartanen, Ranitidin, Rifampicin, Metformin, Vareniclin, Quinapril, …. Die Liste von Arzneimittel-Chargen, die wegen entsprechender Verunreinigungen zurückgerufen werden müssen, wird immer länger. Und nicht immer ist die Synthese verantwortlich für die Entstehung der gefürchteten Nitrosamine. Auch die Lagerung kann eine Quelle sein und – was bislang kaum beachtetet wird: Nitrite und Nitrate in Hilfsstoffen. 

Als die ersten Nitrosamin-Verunreinigungen in Valsartan zu massenweisen Rückrufen führten, war die pharmazeutische Chemikerin Prof. Dr. Ulrike Holzgrabe von der Universität Würzburg zusammen mit Dr. Helmut Buschmann federführend an der Aufklärung darüber beteiligt, wie es zu dieser Verunreinigung kommen konnte. Sie haben sich die Synthesewege genau angeschaut und festgestellt, dass das beim Aufbau des Tetrazolyl-Restes verwendete Lösungsmittel Dimethylaminformamid einer der Übeltäter war. Es hatte sich in Dimethylamin zersetzt und dieses hatte mit Natriumnitrit aus dem nächsten Syntheseschritt zu N-Nitrosodimethylamin (NDMA) reagiert. NDMA konnte auch in weiteren Sartanen mit Tetrazolyl-Struktur nachgewiesen werden. Doch das war und ist nicht die einzige Quelle. 

So konnte bei Ranitidin gezeigt werden, dass aus dieser instabilen Substanz während der Lagerung ein Nitrosierungs-Agens und ein Amin entstehen, die ebenfalls NDMA bilden können. Das hat dazu geführt, dass Ranitidin endgültig vom Markt verschwunden ist.

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Übeltäter Hilfsstoffe

In der aktuellen DAZ widmet sich Frau Prof. Holzgrabe nun einer ganz anderen Art von Nitrosaminen in Arzneistoffen: den N-Nitroso-Arzneistoffen. Erster prominenter Chargen-Rückruf wegen einer solchen Verunreinigung war Champix® im September 2021, ein Raucherentwöhnungsmittel mit dem Arzneistoff Vareniclin, der an seiner sekundären Aminstruktur nitrosiert worden war. Bei der Suche nach den dafür notwendigen Nitriten wurden entsprechend verunreinigte Hilfsstoffe ausgemacht. Im März und April dieses Jahres waren mit Accuzide® und Accupro® weitere Arzneimittel von einem Rückruf betroffen, die mit Quinapril ebenfalls ein nitrosierbares sekundäres Amin enthalten, das wohl auch mit Nitritverunreinigungen aus Hilfsstoffen zu N-Nitroso-Quinalapril reagiert hat.

Für Frau Prof. Holzgrabe sind solche sich mehrenden Meldungen nicht überraschend. Die Möglichkeit der N-Nitroso-Arzneistoffbildung hat dazu geführt, dass Zulassungsinhaber von Arzneistoffen, sogenannte Marketing Authorisation Holders, eine Risikoanalyse durchführen müssen. Zudem wurde im Rahmen einer Untersuchung von 70 Arzneistoffen mithilfe eines Nitrosierungsassays bei der Hälfte eine N-Nitrosoarzneistoffbildung nachgewiesen. Es wird also auch in Zukunft mit weiteren Rückrufen zu rechnen sein. Dabei stellt sich die Frage, so Holzgrabe, wie viel N-Nitroso-Arzneistoff gebildet wird. Wie hoch ist die Ausbeute besonders bei niedrig dosierten Arzneistoffen – wird vielleicht auch die Wirksamkeit tangiert, weil zu viel Arzneistoff nitrosyliert wurde? 

Tiefergehende Informationen und welche Konsequenzen sich aus den Erkenntnissen rund um die Nitrosamin-Problematik für die Arzneistoffanalytik und Qualitätssicherung ergeben, lesen Sie in dem DAZ-Titelbeitrag: 

„Nitrosamin-Bildung: Übeltäter Hilfsstoffe“

DAZ 2022, Nr. 24 S. 46 ff


Dr. Doris Uhl (du), Apothekerin
Chefredaktion DAZ

redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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