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Nach der Sartan-Krise
Wirkstoff-Nitrosamine – auch Dabigatran und Duloxetin können verunreinigt sein
Im Oktober wurde wieder einmal das FAQ-Dokument der EMA zu Nitrosamin-Verunreinigungen in Humanarzneimitteln aktualisiert. Zuletzt waren vor allem Wirkstoff-Nitrosamine aufgetaucht. Nun gibt die EMA den Zulassungsinhabern nochmals mehr Zeit, sich an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Zudem soll es künftig eine Leitlinie geben, die das Problem der Arzneimittel-Verunreinigungen über die Nitrosamine hinaus angehen soll.
Die Sartan- und daraus entstandene Nitrosamin-Krise in der Wirkstoffherstellung von Arzneimitteln begann im Sommer 2018 und kann bis heute nicht als abgeschlossen bezeichnet werden. Zulassungsinhaber von Arzneimitteln mussten und müssen in der Folge ihre Herstellungsverfahren dahingehend überprüfen, ob Nitrosamin-Verunreinigungen entstehen können und wie sie vermieden oder zumindest verringert werden können. Diese Risikobeurteilungen sollten schon 2021 abgeschlossen werden. In einem zweiten Schritt sollten die Risiken zur (Kreuz-)Kontamination in Analysen bestätigt oder widerlegt werden. Die Frist für solche Analysen endete für chemische Arzneimittel am 26. September dieses Jahres.
Zulassungsinhaber haben noch ein Jahr zusätzlich Zeit
Ursprünglich sollten die Zulassungsinhaber bis zum 26. September 2022 – entsprechend ihrer Analysen-Ergebnisse – in einem dritten Schritt Änderungsanträge für die Zulassungen ihrer chemischen Arzneimittel einreichen. Diese Frist wurde jedoch im Juli 2022 bis Oktober 2023 verlängert. Für biologische Arzneimittel liegt die Deadline für Schritt drei derzeit auf dem 1. Juli 2023.
Dass die Frist für Schritt drei verlängert wurde, liegt laut der europäischen Arzneimittelbehörde EMA daran, dass den Pharmaunternehmen ermöglicht werden soll, auf neueste wissenschaftliche Erkenntnisse zu reagieren. Denn während Apotheker:innen Abkürzungen wie NDMA, NDEA, NMBA und DIPNA wahrscheinlich relativ früh mit Nitrosamin-Verunreinigungen in Verbindung brachten, wurde erst Anfang des Jahres öffentlich bekannt, dass auch sogenannte Wirkstoff-Nitrosamine (NO-API (active pharmaceutical ingredient)) ein Problem darstellen. Ursache dafür sollen Nitrite sein, die in Spuren in Hilfsstoffen vorkommen können.
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Die DAZ berichtete beispielsweise bereits über N-Nitroso-Vareniclin, N-Nitroso-Quinapril, N-Nitrosoirbesartan, Nitroso-Rasagilin, Nitroso-Orphenadrin, N-Nitrosomethylphenidat und N-Nitrosonortriptylin. Am 10. Oktober wurde jetzt das Frage-und-Antwort-Dokument der EMA zu Nitrosaminverunreinigungen in Humanarzneimitteln erneut aktualisiert. Darin wurde Punkt zehn ergänzt, in dem Grenzwerte für Nitrosamine in Arzneimitteln veröffentlicht werden.
Grenzwerte für N-Nitrosodabigatran und N-Nitrosoduloxetin veröffentlicht
Während die absoluten Grenzwerte in der Apotheke für die Praxis wenig relevant sind, ist dennoch interessant, dass sich zu den bereits bekannten Wirkstoffen Rifampicin, Vareniclin, Methylphenidat, Rasagilin, Sitagliptin und Amitriptylin/Nortriptylin zwei weitere hinzugesellt haben, für die als Wirkstoff-Nitrosamin ein Grenzwert festgelegt worden ist:
- N-Nitrosodabigatran (18 ng/d) und
- N-Nitrosoduloxetin (100 ng/d).
Dabigatran zählt zu den direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK) und Duloxetin ist ein selektiver Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer.
Eine weitere Substanz wird ebenfalls neu als mögliche Nitrosaminverunreinigung aufgeführt: 4-(Methylnitrosoamino)-1-(3-pyridinyl)-1-butanon (NNK). Eine kurze Google-Suche verrät, dass sich hinter NNK ein Tabak-Karzinogen verbirgt, das sich von Nikotin ableitet.
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Die EMA hat im Juli außerdem ein „Konzeptpapier zur Überarbeitung der Leitlinie zur Chemie von Wirkstoffen“ veröffentlicht. Dass die bestehende Leitlinie zur Chemie von Wirkstoffen eine Überarbeitung braucht, sei in dem Abschlussbericht zur Nitrosaminkrise „Lessons learnt from presence of N-nitrosamine impurities in sartan medicines“ deutlich geworden, heißt es in dem Konzeptpapier.
Demnach soll sich die neue Leitlinie künftig nicht nur auf Nitrosamine, sondern auch andere potenzielle Toxine oder problematische Stoffe in Arzneimitteln konzentrieren. Das Konzeptpapier konnte bis zum 31. Oktober 2022 kommentiert werden. Jetzt soll der Entwurf der neuen Leitlinie vorbereitet werden, der dann wiederum sechs Monate zur öffentlichen Beratung zur Verfügung stehen soll. Die Nitrosamin-Krise wird die Pharmazie also noch einige Zeit begleiten.
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