GKV-Finanzstabilisierungsgesetz

Lange Diskussionen, (fast) keine Änderungen

Berlin - 27.07.2022, 15:30 Uhr

Offenbar wurde in der heutigen Kabinettssitzung über das Spargesetz diskutiert (hier Gesundheitsminister Lauterbach mit Vizekanzler und Wirtschaftsminister Habeck), viel geändert wurde aber nicht. (Foto: IMAGO / Emmanuele Contini)

Offenbar wurde in der heutigen Kabinettssitzung über das Spargesetz diskutiert (hier Gesundheitsminister Lauterbach mit Vizekanzler und Wirtschaftsminister Habeck), viel geändert wurde aber nicht. (Foto: IMAGO / Emmanuele Contini)


Das Bundeskabinett hat heute den Gesetzentwurf für das GKV-Stabilisierungsgesetz beschlossen. Änderungen gegenüber dem bisher bekannten Entwurf gab es kaum. Für die Apotheken bleibt es bei der geplanten temporären Erhöhung des Kassenabschlags. Hingegen soll die Pharmaindustrie ihren Milliarden-Sparbeitrag nun über einen erhöhten Herstellerabschlag leisten – und zwar zunächst nur ein Jahr lang.

Es hat sich hingezogen – doch nun hat der Entwurf für das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz die erste wichtige Hürde genommen: das Bundeskabinett. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) konnte sich mit seinen Plänen weitgehend durchsetzen. Es sei gut gewesen, lange darüber zu sprechen, erklärte er im Anschluss an die Kabinettssitzung. Aber es wäre nicht gut gewesen, wenn sich viel verändert hätte. Offensichtlich setzt der Minister auch im weiteren parlamentarischen Verfahren darauf, dass sich möglichst wenig an den vorgesehenen Sparmaßnahmen ändert. 

Wichtig ist Lauterbach vor allem, dass es keine Leistungskürzungen für die Versicherten gibt. Die vorgesehene Beitragssatzerhöhung um 0,3 Prozentpunkte, die paritätisch auf Versicherte wie Arbeitgeber verteilt werden, ist aus seiner Sicht noch maßvoll. Immerhin 85 Prozent der Deckungslücke von 17 Milliarden Euro würden durch Maßnahmen gestopft, die die Versicherten nicht belasteten.

Mehr zum Thema

GKV-Finanzstabilisierungsgesetz

Wie könnte es weitergehen mit dem Spargesetz?

Entwurf eines GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes

Kassenabschlag soll auf 2 Euro steigen

Für die Apotheken heißt der nun getroffene Beschluss: Es bleibt bei dem Plan, den Kassenabschlag für zwei Jahre auf 2 Euro je Rx-Packung zu erhöhen. Lauterbach verband diese Botschaft mit freundlichen Worten: Er danke den Apothekern „ganz herzlich“. Sie seien wichtige Leistungserbringer und spielten eine „immer größere Rolle bei der Art und Weise, wie wir in Deutschland Medizin organisieren“, betonte er. So etwa in der Impfkampagne und beim Testen. Dennoch will er bei der „Kernaufgabe“ der Apotheken „Effizienzreserven“ heben.

Höherer Herstellerrabatt für ein Jahr

Eine Änderung am bisher bekannten Referentenentwurf gibt es laut Lauterbach beim geplanten Solidarbeitrag der Pharmaindustrie. Dieser sollte bei 2 Milliarden Euro liegen und in einem nicht ganz einfachen Verfahren vom GKV-Spitzenverband festgesetzt werden. Nun soll stattdessen der Herstellerrabatt auf patentgeschützte Arzneimittel im Jahr 2023 von 7 auf 12 Prozent steigen. Das soll eine Milliarde Euro einbringen.

Die Pharmafirmen wird dieser Weg sicherlich ebenfalls nicht begeistern. Sie stehen – wie andere Industriezweige auch – vor großen Herausforderungen, etwa was die Energiekosten betrifft. Steht also zu befürchten, dass die Einsparungen das Problem der Lieferengpässe noch verschärfen werden? Lauterbach wiegelt ab: Bislang gebe es „empirisch keine Hinweise“, dass der bestehende Inflationsausgleich nicht ausreichen würde. Es gebe keine Insolvenzen und keine Gewinneinbußen. Die Argumente der Industrie mögen zwar „plausibel“ klingen, so Lauterbach – doch die Belege fehlten.

Der Minister betonte ferner, dass es jetzt auch darum gehe, strukturelle Maßnahmen zu ergreifen. Denn die Ausgangslage ist die, dass die Menschen älter werden, die Kosten für den medizinischen Fortschritt steigen und die Beitragszahler weniger werden. Es wird also noch mehr zu tun sein. Allerdings ist der Minister davon abgekommen, dafür eine Expertenkommission einzusetzen. Sein Haus selbst soll nun bis Mai eigene Ideen entwickeln, wie weitere Reformen aussehen sollten.

Unter anderem diese Maßnahmen sieht der Entwurf vor: 

  • Krankenkassen werden mit einem kassenübergreifenden Solidarausgleich zur Stabilisierung der Beitragssätze herangezogen. Zudem wird die Obergrenze für die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds halbiert.
  • Bundeszuschuss: Der bestehende Bundeszuschuss zur GKV wird von 14,5 Mrd. Euro für 2023 um 2 Mrd. Euro erhöht.
  • Darlehen Bund: Der Bund gewährt der GKV ein unverzinsliches Darlehen für 2023 von 1 Mrd. Euro an den Gesundheitsfonds.
  • Für das Jahr 2023 ist ein um 5 Prozentpunkte erhöhter Herstellerabschlag insbesondere für patentgeschützte Arzneimittel vorgesehen.
  • Reform AMNOG: Mittelfristig wirkende strukturelle Änderungen der Preisbildung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen und ergänzenden Maßnahmen zur Dämpfung des Ausgabenanstiegs.
  • Erhöhung des Apothekenabschlags von 1,77 Euro auf 2 Euro je Arzneimittelpackung (auf zwei Jahre befristet).
  • Das Preismoratorium bei Arzneimitteln wird bis Ende 2026 verlängert.
  • Konkretisierung der im Pflegebudget berücksichtigungsfähigen Berufsgruppen.
  • Die extrabudgetäre Vergütung von vertragsärztlichen Leistungen gegenüber sogenannten „Neupatienten“ für Vertragsärzte wird abgeschafft.
  • Begrenzung des Honorarzuwachses für Zahnärztinnen und Zahnärzte.
  • Auch der Zusatzbeitrag für die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler wird steigen. Auf Grundlage der Ergebnisse des GKV-Schätzerkreises im Herbst wird das Bundesministerium für Gesundheit den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz in der Gesetzlichen Krankenversicherung festlegen. Eine Anhebung des Zusatzbeitrags um 0,3 Prozentpunkte ist derzeit nicht unrealistisch.

(Quelle: BMG)


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


Diesen Artikel teilen:


7 Kommentare

Darf man das sagen

von Stefan Haydn am 28.07.2022 um 19:09 Uhr

Darf ich als Apothekeninhaber mit noch mindestens 20 Berufsjahren Herrn Lauterbach sagen, dass er sich sein verlogenes Danke "dahin stecken darf, wo es ganz dunkel ist"?

Ich denke den Apothekern bleibt nur noch die Beziehung zu solchen Politikern und dem "Staat" gerichtlich zu regeln.
Alles andere ist für den "Hintern".

Sammelklage vor dem BVV mit anschließender Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht auf Nachzahlung des Inflationsausgleiches der letzten 17 Jahre.
Sonst wird das gnadenlose Verhungern weiter gehen.
Gibt es da keinen Kammerjuristen der mal beratend tätig werden kann? Sein Salär stammt ja schließlich auch von den öffentlichen Apotheken.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Honorarkürzung

von Dr. Thomas Richter am 28.07.2022 um 8:27 Uhr

Ja es stimmt schon. Die Ärzte würden lautstark auftreten und so ein Szenarium verhindern. Der Generation 55plus, aus welchen sich der Großteil der Inhaber/innen rekrutiert, wird nicht anderes übrig bleiben, als auch diesen Minister zu ertragen. Das große Loch in der Versorgung mit Apotheken wird kommen und dann wird es zu spät sein. Es ist so mit allen relevanten Themen in der Politik: Bundeswehr, Energieversorgung. Man warnt und findet kein Gehör. Es wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, wird man aufwachen. Zum Streiken sind die Kolleginnen und Kollegen nicht solidarisch untereinander, ein Streikbrecher wird sich immer finden und dann fällt das Ganze wie ein Kartenhaus zusammen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Nachwuchs-Werbung

von Dorf-Apothekerin am 27.07.2022 um 20:23 Uhr

Sehr geehrter Herr Benkert,
Ihr Aufruf im aktuellen Kammerrundschreiben mit Selbstbewußtsein in der jungen Generation um Nachwuchs zu werben in Ehren. Die jahrelangen Demütigungen,der Bürokratie-Irrsinn, die permanenten Honorarkürzungen u. dergl. und das aktuelle i-Tüpfelchen des Herrn Dr. Lauterbach, bei Verschonung seiner eigenen Standes-Kollegen, die bei unserer Standes-Vertretung stets ohne Widerspruch geblieben sind, sind doch der Grund für den Personalschwund. Wie sollen wir Selbstbewußtsein zeigen, wenn die Standesvertretung es nicht vorlebt und wie im Fall der Petition mit den 400 000 Unterschriften für ein RX-Versandverbot unsere Bemühungen auch noch torpediert.
Fordern Sie ein! Handeln Sie! Nur noch Dienst der Notdienst-Apotheken oder Behandlung aller Patienten als Privatversicherte. Wenn Sie d a s durchgehen lassen, kostet
es Arbeitsplätze und Standorte vor allem in nicht städtischen Gebieten. Dann machen Sie das bißchen Rest-Selbstbewußtsein, was es vielleicht noch irgendwo geben könnte, auch noch kaputt.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Honorarabsenkung

von Dorf-apothekerin am 27.07.2022 um 19:17 Uhr

Wenn wir jetzt nicht streiken und Patienten nur noch als Privatversicherte behandeln, sind wir selber Schuld.
Ärzte-Vertreter würden damit drohen und ihr Ziel erreichen, warum nicht auch wir. Der Politik muß nur deutlich gemacht werden, dass wir das auch umsetzen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Konsequenzen?

von Karl Friedrich Müller am 27.07.2022 um 16:03 Uhr

Wo bleibt die Klage?
Weder Apotheken noch Pharmaindustrie können für Aufgaben des Staates herangezogen werden.
Schon die Denkweise ist vollkommen daneben und von Feindbildern bestimmt.
Wir haben endlich eine Anpassung nach oben verdienst, vor dem Hintergrund der aktuellen Inflationsrate allemal.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Ganz herzlich

von Dr. House am 27.07.2022 um 15:54 Uhr

Also wenn der Chef sich bei mir ganz herzlich mit einer Honorarsenkung bedankt und ich dann auch noch weiter für ihn arbeite gibt es keine Unschuldigen an der verkorksten Situation.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.