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Entwurf eines GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes
Kassenabschlag soll auf 2 Euro steigen
Das Bundesministerium für Gesundheit plant, den Kassenabschlag für die Apotheken für die Dauer von zwei Jahren von derzeit 1,77 Euro auf 2 Euro zu erhöhen. Das geht aus einem Entwurf eines GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes hervor, der der DAZ vorliegt. Besonders stark nimmt Bundesgesundheitsminister Lauterbach demnach die Pharmaindustrie in die Pflicht.
Knapp eine Woche nach Vorstellung der Eckpunkte für eine GKV-Finanzreform liegt der Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) für ein „Gesetz zur finanziellen Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung“ (GKV-Finanzstabilisierungsgesetz) vor. Wer gehofft hatte, Apotheken würden zur Hebung von „Effizienzreserven“ nicht zu Honorarkürzungen herangezogen, wurde enttäuscht: Wie schon im vergangenen März angedacht, soll der Kassenabschlag für die Dauer von zwei Jahren (ab Inkrafttreten des Gesetzes) auf 2 Euro erhöht werden – derzeit liegt er bei 1,77 Euro. Einziger Trost: Da eine Absenkung der Mehrwertsteuer vom Tisch ist, erhöht sich die Belastung für die Apotheken nicht noch zusätzlich. Einsparen soll diese Maßnahme in den Jahren 2023 und 2024 laut Referentenentwurf nach wie vor 170 Millionen Euro.
§ 130 Absatz 1a wird wie folgt gefasst:
„(1a) Abweichend von Absatz 1 erhalten die Krankenkassen von den Apotheken bis zum [einsetzen: Angaben des Tages und Monats des Inkrafttretens dieses Gesetzes sowie der Jahreszahl des zweiten auf das Inkrafttreten folgenden Jahres] für verschreibungspflichtige
Fertigarzneimittel sowie für Zubereitungen nach § 5 Absatz 3 der Arzneimittelpreisverordnung, die nicht unter § 5 Absatz 6 der Arzneimittelpreisverordnung fallen, einen Abschlag von 2 Euro je Arzneimittel.“
Das für das kommende Jahr erwartete Finanzloch bei den Krankenkassen wird groß sein – dann gibt es keinen Bundeszuschuss von 14 Milliarden Euro mehr, wie in diesem Jahr. Das BMG konstatiert im Referentenentwurf: „Ohne zusätzliche Maßnahmen würde der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz in der GKV im Jahr 2023 von derzeit 1,3 Prozent um rund einen Prozentpunkt steigen und anschließend aufgrund der Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben jedes Jahr um weitere 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte zunehmen. Rund 16 Milliarden Euro entsprechen einem Beitragssatzpunkt.“
Diese Lasten sollen nun auf mehrere Schultern verteilt werden. Was auf der Einnahmeseite zu tun ist, hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bereits mit Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ausgehandelt und vergangene Woche Dienstag vorgestellt. Der Bund leistet im Jahr 2023 einen weiteren Zuschuss an den Gesundheitsfonds in Höhe von 2 Milliarden Euro. Hinzu kommt ein Bundes-Darlehen in Höhe von 1 Milliarde Euro. Zudem werden die Finanzreserven der Kassen abgeschmolzen.
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Lauterbach will an die „Effizienzreserven“ der Apotheken
Spannend blieben vor allem die Pläne auf der Ausgabenseite. Hier ist dem Entwurf zufolge eine Stabilisierung im Arzneimittelbereich erforderlich. Dafür soll neben der Erhöhung des Apothekenabschlags das Preismoratorium über den 31. Dezember 2022 hinaus um weitere vier Jahre verlängert werden. Für die Jahre 2023 und 2024 ist eine Solidaritätsabgabe pharmazeutischer Unternehmer geplant. Sie soll „in den Jahren 2023 und 2024 zu jährlichen Mehreinnahmen des Gesundheitsfonds von 1 Milliarde Euro“ führen. Wie sie konkret festgesetzt und abgewickelt wird, soll ein neuer § 130f SGB V regeln. Demnach setzt der GKV-Spitzenverband die Solidaritätsabgabe des einzelnen pharmazeutischen Unternehmers auf Grundlage seines Anteils am tatsächlichen GKV-Ausgabevolumen für Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen und Arzneimittel zur Behandlung eines seltenen Leidens im vorangegangenen Kalenderjahr fest und fordert ihn auch zur Leistung der anteiligen Solidaritätsabgabe auf. Allerdings kann das Unternehmen auch beantragen, weniger oder gar nichts zahlen zu müssen – „wenn dies durch besondere wirtschaftliche Gründe gerechtfertigt ist und zu unbilligen Härten führen würde“. Die Gründe dafür sind „hinreichend darzulegen“.
Fresh-up fürs AMNOG-Verfahren
Lauterbach hatte auch schon angekündigt, mit dem Gesetz das AMNOG-Verfahren zu bearbeiten. Seit 2011 gelten die besonderen Preisregeln für patentgeschützte Arzneimittel. Angelegt sind die Nachjustierungen bereits im Koalitionsvertrag, und im ersten Aufschlag für das Spargesetz wurden sie ebenfalls aufgegriffen. So soll der Erstattungsbetrag für neue Arzneimittel künftig ab dem siebten Monat nach dem erstmaligen Inverkehrbringen eines Arzneimittels greifen. Zudem ist vorgesehen, dass in einer Erstattungsbetragsvereinbarung insbesondere auch mengenbezogene Aspekte, wie eine mengenbezogene Staffelung oder ein jährliches Gesamtvolumen, vereinbart werden müssen und Arzneimittelverwürfe aufgrund unwirtschaftlicher Packungsgrößen preismildernd zu berücksichtigen sind.
Zudem soll die Position des GKV-Spitzenverbandes in den Erstattungsbetragsverhandlungen gestärkt werden. Dazu soll es spezielle Vorgaben für Erstattungsbeträge geben, die nach dem Beschluss des Gemeinsamen Bundesauschusses keinen, einen geringen oder nicht quantifizierbaren Zusatznutzen haben. Die Leitplanken orientieren sich an der zweckmäßigen Vergleichstherapie, sofern diese patentgeschützt ist, heißt es im Referentenentwurf. Neue Arzneimittel ohne Zusatznutzen sollen demnach einen niedrigeren Erstattungsbetrag haben als eine patentgeschützte Vergleichstherapie. Neue Arzneimittel mit nur geringem patientenrelevanten Zusatznutzen oder einem nicht quantifizierbaren Zusatznutzen sollen gegenüber einer patentgeschützten Vergleichstherapie einen vergleichbaren Preis realisieren können. Für neue Arzneimittel mit einem beträchtlichen oder erheblichen Zusatznutzen sollen die Leitplanken hingegen als Anreiz für die Industrie weiterhin nicht gelten.
Auch die Umsatzschwelle für die Nutzenbewertung von Orphan Drugs soll reduziert werden. Derzeit müssen die Hersteller den Zusatznutzen dieser Arzneimittel erst nachweisen, wenn sie mit ihnen innerhalb von zwölf Monaten einen Umsatz in Höhe von 50 Millionen Euro machen. Künftig sollen 20 Millionen Euro reichen. Zudem ist für Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen ein neuer „Kombinationsabschlag“ in Höhe von 20 Prozent auf den Erstattungsbetrag geplant.
Kassen müssen bei Verwaltungskosten sparen
Auch die Verwaltungsausgaben der Krankenkassen nimmt der Gesetzentwurf in den Blick – eine Forderung, die auch die Apothekerschaft immer wieder eingebracht hat. Konkret werden der Anstieg der sächlichen Verwaltungsausgaben für 2023 auf 3,0 Prozent gegenüber dem Vorjahr begrenzt und die Zuweisungen an die Krankenkassen für Verwaltungsausgaben um 25 Millionen Euro gemindert. Zu den „sächlichen“ Ausgaben zählen laut Referentenentwurf etwa Kosten für Gegenstände der beweglichen Einrichtung, Post- und Fernmeldegebühren, Aufklärungs- und Werbemaßnahmen sowie Vergütungen für externe Dritte. Die Mittel werden der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds zugeführt. In der Begründung heißt es, diese Regelung stelle sicher, dass sich die Krankenkassen damit „angemessen an den Maßnahmen zur Begrenzung des Ausgabenanstiegs in der gesetzlichen Krankenversicherung beteiligen“.
Sparen bei den Ärzten und Zahnärzten
Weiterhin ist vorgesehen, dass die mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) eingeführte Regelung, nach der die ärztlichen Leistungen für die Behandlung von Patientinnen und Patienten, die erstmals oder erstmals seit mehr als zwei Jahren wieder die jeweilige Arztpraxis besuchen, extrabudgetär vergütet werden, aufgehoben wird. Dies hatte Lauterbach schon bei der Vorstellung der Eckpunkte angekündigt – zum Unmut der Ärzteschaft. Die hierdurch entstehenden Minderausgaben der GKV beziffert der Referentenentwurf vage auf einen „mittleren dreistelligen Millionenbetrag“.
Und auch die Vertragszahnärzte sollen einen Sparbeitrag leisten. Die Punktwerte und Gesamtvergütungen für die vertragszahnärztliche Behandlung (ohne Zahnersatz) dürfen in den Jahren 2023 und 2024 nur im begrenzten Umfang steigen – das soll über die beiden Jahre hinweg 360 Millionen Euro einsparen.
16 Kommentare
Kassenabschlag 2€
von ecke2 am 05.07.2022 um 15:15 Uhr
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Kassenabschlag
von Dr. Peter Kaiser am 05.07.2022 um 10:52 Uhr
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Wie war das nochmal 2011/2012 ?
von Rita Längert am 05.07.2022 um 10:47 Uhr
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Kassenabschlag 2€
von Dr. Peter Kaiser am 05.07.2022 um 10:30 Uhr
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Mehrwertsteuer auf Arzneimittel
von Dorf-apothekerin am 04.07.2022 um 21:29 Uhr
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Das Betriebsergebnis 20/21
von Karl Friedrich Müller am 04.07.2022 um 20:14 Uhr
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Spargesetz
von Conny am 04.07.2022 um 18:59 Uhr
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Kassenabschlag soll auf 2 Euro steigen.
von Bernd Haase am 04.07.2022 um 18:55 Uhr
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Doppelt kassiert....
von Thomas B am 04.07.2022 um 18:26 Uhr
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Soli lässt grüßen!!
von Gerhard Zibulak am 04.07.2022 um 18:26 Uhr
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wir werden ausgenutzt und betrogen
von Martin Straulino am 04.07.2022 um 16:31 Uhr
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AW: wir werden ausgenutzt und betrogen
von Dr.Diefenbach am 04.07.2022 um 18:35 Uhr
AW: wir werden ausgenutzt und betrogen
von Dr.Diefenbach am 04.07.2022 um 18:38 Uhr
Was soll das...ohne Apotheken wird alles teurer?
von Tilaro am 04.07.2022 um 16:17 Uhr
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#LauterbachRücktritt wegen Unfähigkeit
von Karl Friedrich Müller am 04.07.2022 um 16:08 Uhr
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Fairness sieht anders aus!
von Wolf am 04.07.2022 um 15:46 Uhr
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