Tag der Apotheke

Overwiening: Apotheken sind das Gegenteil eines Kostentreibers

Berlin - 03.06.2022, 14:00 Uhr

ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening präsentierte bei einer Pressekonferenz das neue statistische Jahrbuch. (Screenshot: pressekonferenz.tv / YouTube | DAZ)

ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening präsentierte bei einer Pressekonferenz das neue statistische Jahrbuch. (Screenshot: pressekonferenz.tv / YouTube | DAZ)


Am kommenden Dienstag – dem 7. Juni – ist „Tag der Apotheke“. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening präsentierte bei einer Pressekonferenz im Vorfeld das neue statistische Jahrbuch, das auch einen Einblick in das Leistungsspektrum der Apotheken gibt. Zugleich mahnte sie verlässliche politische Rahmenbedingungen an.

Das neue Jahrbuch der ABDA „Die Apotheke: Zahlen, Daten, Fakten 2022“ liegt vor. Demnach haben die Apotheken im Jahr 2021 insgesamt 1,288 Milliarden Arzneimittelpackungen abgegeben, fast 29,9 Millionen vergütete Botendienste ausgeführt, mehr als 12 Millionen Rezepturen angefertigt und 440.000 Nacht- und Notdienste absolviert. Hinzu kommen die Sonderaufgaben in der Corona-Pandemie: 5,1 Millionen Liter Desinfektionsmittel haben die Apotheken hergestellt, zwischen Mitte Dezember 2020 und Mitte April 2021 zudem 440 Millionen FFP2-Masken beschafft und verteilt und zwischen Juni bis Ende 2021 97 Millionen digitale Impf- und Genesenenzertifikate ausgestellt. Bis April 2022 zählte die ABDA 1.064 Apotheken, die COVID-19-Impfungen anbieten – und 100.000 tatsächlich von ihnen durchgeführte Impfungen.

Dies sind nur einigen Zahlen, die verdeutlichen, wie breit das Leistungsspektrum der Apotheken ist. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening verwies in der heutigen Pressekonferenz auf die zahlreichen neuen Tätigkeiten, die von der Politik an die Apotheken herangetragen wurden und die diese gern übernommen haben. Damit dies auch in Zukunft so bleiben könne, müssten aber auch die finanziellen Mittel bereitgestellt und eine verlässliche politische Rahmenplanung aufgesetzt werden, betonte Overwiening. Sie verwies angesichts steigender Kosten darauf, dass die Apothekenvergütungsregelungen keinerlei Inflationsausgleich oder anderweitige Dynamisierungen vorsähen. Die GKV-Ausgaben für Apotheken hätten im Jahr 2021 mit einem Anteil von 1,9 Prozent an den Gesamtausgaben sogar einen absoluten Tiefstand erreicht. Die Apotheken seien damit „das Gegenteil eines Kostentreibers“, so die ABDA-Präsidentin. Sie räumte ein, dass die Mehrarbeit in den Pandemiejahren im Betriebsergebnis sichtbar werde – doch betriebswirtschaftlich seien dies Einzeleffekte. Nun komme man in den Normalbetrieb zurück.

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Overwiening machte vor diesem Hintergrund deutlich, dass das derzeit erwartete GKV-Spargesetz aus dem Bundesgesundheitsministerium die in dem zuvor kursierenden inoffiziellen Entwurf enthaltenen Kürzungen nicht mehr enthalten dürfe. Es wäre irritierend, wenn die gerade erst unter Beweis gestellte Krisenresilienz und Lösungsorientiertheit der Apotheken mit einem Spargesetz konterkariert und schließlich bestraft werden würde. „Stattdessen brauchen Apothekerinnen und Apotheker eine echte Perspektive – gesellschaftspolitisch, volkswirtschaftlich und naturwissenschaftlich“, betonte sie. Wenn der neue Entwurf für das Spargesetz komme, werde man ihn mit dem Koalitionsvertrag abgleichen. Denn darin sei versprochen, die Apotheken vor Ort und die lokale Gesundheitsversorgung zu stärken, die Krisenfestigkeit des Systems zu erhöhen und die Honorierung der neuen pharmazeutischen Dienstleistungen zu verbessern. „Dieses Versprechen muss weiterhin gelten“, so Overwiening. „Es nutzt nichts, den Apotheken Geld in die rechte Tasche zu stecken, das man Ihnen gleichzeitig aus der linken herausnimmt.“

E-Rezept und Dienstleistungen

Weiterhin wies die ABDA-Präsidentin darauf hin, dass 98 Prozent der Apotheken bereits an die Telematik-Infrastruktur angeschlossen sind. Und alle haben ihre elektronischen Heilberufsausweise und Institutionenkarten. Damit sieht Overwiening die Apotheken gut gerüstet für den E-Rezept-Start im September. Auch wenn die Ärzte erst nach und nach und regional abgestuft mitmachen werden – jede Apotheke bundesweit müsse zu diesem Zeitpunkt bereit sein, elektronische Verordnungen einzulösen. Bis dahin, so räumte Overwiening ein, müssten die Betriebe allerdings „noch ein kleines bisschen arbeiten“. So müssten sie mit ihren Softwarehäusern die notwendigen Module installieren und testen, zudem seien noch Schulungen zu absolvieren, damit die Prozesse dann reibungslos ablaufen können. Bis es so weit ist, arbeite man auch noch daran, weitere mögliche Stolpersteine aus dem Weg zu räumen.

Zuversichtlich blickt die ABDA-Präsidentin zudem der nächsten großen Aufgabe für die Apotheken entgegen: die pharmazeutischen Dienstleistungen. Nach dem Schiedsverfahren stehe nun fest, welche das sein werden – auch wenn der Schiedsspruch bislang nicht verschriftlicht ist. Overwiening sprach von einem „Meilenstein für die pharmazeutische Arbeit in den Apotheken.“ Im Fokus stehen drei Bereiche: die unzureichende Arzneimitteltherapiesicherheit bei Menschen mit Polymedikation, die mangelhafte Adhärenz vieler Patienten und
Patientinnen und die Lücken bei der Vorsorge und Früherkennung von Volkskrankheiten. „Für diese Bereiche wollen wir, dass die pharmazeutischen Dienstleistungen so schnell wie möglich in der Apothekenpraxis und damit bei den Patientinnen und Patienten ankommen“, so Overwiening.

ABDA-Präsidentin sieht keine Notwendigkeit für ein ärztliches Dispensierrecht im Notdienst

Was das Impfen in der Apotheke und die routinemäßige Reaktion der Ärzteschaft darauf betrifft, sagte Overwiening auf Nachfrage: „Dass Ärzte das Impfen wie das Wegnehmen eines Spielzeugs im Sandkasten erleben und das Dispensierrecht als Retourkutsche in die Debatte bringen, ist ihr gutes Recht“. Sie interessiere nicht so sehr das Dispensierrecht, sondern vielmehr das, was Apotheker leisten können. Allerdings verwies sie dann auch auf Schweizer Zahlen. Es habe sich gezeigt: Wo Ärzte dispensierten, habe es ein Plus von bis zu 25 Prozent bei den Arzneimittelausgaben gegeben. Es habe einen guten Grund, warum die Arzneimittelabgabe seit langer Zeit von der ärztlichen Tätigkeit getrennt sei. Überdies: Bislang sei ihr noch keine Klage von Patienten und Patientinnen untergekommen, dass die Arzneimittelversorgung im Notdienst nicht funktioniere. Es gebe also auch gar keine Notwendigkeit für ein ärztliches Dispensierrecht im Notdienst. 



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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6 Kommentare

Korrekt Frau Präsidentin - alles richtig vorgebracht.

von Uwe Hansmann am 07.06.2022 um 11:23 Uhr

Man kann und muß diese richtigen Aussagen und Feststellungen, die ja - mit Verlaub Frau Präsidentin - nicht neu sind, vehement unterstützen.

Hier kann jede(r) Kollegin(e) in seinem Beritt durch Ansprache seiner zuständigen MdL und MdB sein Teil dazu beitragen, daß wir in der Politik durch dringen.

Der Focus muß aber zunächst auf der nach wie vor bestehenden Kernforderung liegen:

Die Anpassung der Honorare gemäß wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, wie sie seit 2004 im GMG verankert ist, darf keine hohle Phrase bleiben!

Hier nützt kein herumlavieren mehr. Hier müssen die harten Fakten auf den Tisch und es müssen jetzt vehement Forderungen gestellt werden.

Sonst sind am Ende all die gut gemeinten und vielfach gemachten Vorstöße in Richtung honorierter Dienstleistungen am Ende Schall und Rauch oder neudeutsch "nice to have".

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Korrekt Frau Präsidentin - alles

von Reinhard Rodiger am 07.06.2022 um 13:08 Uhr

Korrekt,ja.Aber nicht zielführend, sondern von einer anderen Welt.Als ob die Gesamtlage der von den potentiell Überlebenden 30% gleich zu setzen ist.Es ist nicht zu erkennen, dass zwei Drittel gefährdet sind.Auch das interessiert niemand, solange nicht transparent ist, was wegfällt.Und jedes Wegfallen mit "es geht schon" kommentiert wird.Die genannten Zahlen suggerieren blühende Landschaften und blenden völlig aus, dass fehlende wirtschaftliche Perspektive für die Mehrheit sowohl Gesellschaft als auch Leistungsträger unwiederbringlich schädigt.Doch wie soll jemand, der das nicht im Focus hat, harte Fakten auf denTisch legen? Vor allem weil die konzeptionelle Voraussetzung für Verhandlungen fehlt. Verschriftlichung unklarer Zielsetzungen mit Missbrauchspotential ist kein Konzept.Wer soll denn hier konzeptionell wirksam werden, wenn alles als gut laufend dargestellt wird.

Frau O.

von Conny am 03.06.2022 um 21:12 Uhr

Diese Frau ist eine Fehlbesetzung.

» Auf diesen Kommentar antworten | 3 Antworten

AW: Frau O

von Dr.Diefenbach am 05.06.2022 um 12:54 Uhr

Wieso soll sich aus dem Beitrag eine Bewertung"Fehlbesetzung" ergeben? WAS hat die Präsidentin denn "Falsches" gesagt?Ich kann nur feststellen,
dass die Ausführungen stimmen.Ausserdem ist seit Amtsantritt von Frau Overwiening viel mehr Ruhe an der Spitze eingetreten! Früher gab es doch wöchentlich
Zirkus um Aussagen von Friedemann Schmidt, ob berechtigt oder nicht.Dies ist seit geraumer Zeit einer weitgehend sachlichen Debatte gewichen und immer bloss
mit Plattheiten über jemand herzuziehen("Fehlbesetzung" in diesem Fall) ist einfach -um in gleicher Sprache zu antworten;DOOF.Es steht auch HEUTE noch jedem
Kollegen oder jeder Kollegin frei sich berufspolitisch zu betätigen.Allerdings stelle ich leider auch bei vielen Delegierten erhebliche Infodefizite fest....Mit subjektiven
Abwertungen kommt man nicht weiter.CONNY!!!

AW: Frau O

von Reinhard Rodiger am 06.06.2022 um 0:50 Uhr

@ Dr.Diefenbach

Es ist ja keine Fehlbesetzung, es gab ja keine Alternative.Sie hat nichts Falsches gesagt,nur die Gewichtung stimmt nicht.Ich erinnere an das Harvard-konzept oder auch den Streit um die Orange.

AW: Frau O

von Conny am 06.06.2022 um 14:22 Uhr

@Herrn Rodiger : Sie kennen schon Ihren Kommentar heute auf apotheken adhoc über Frau O ? ….in welcher Welt lebt diese Frau , realitätsfern, todlachen! Na ja.

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