Wirtschaftskonferenz des Deutschen Apothekerverbands

„Sondereffekte sind keine nachhaltige Entwicklung“

Stuttgart - 28.04.2022, 15:15 Uhr

Vize-DAV-Chef Hans-Peter Hubmann (s / Screenshot: DAZ / youtube)

Vize-DAV-Chef Hans-Peter Hubmann (s / Screenshot: DAZ / youtube)


Korf: Sparpläne sind „verkappte Kappung des Fixums“

Den Spargesetzentwürfen aus dem BMG teilte auch die Ökonomie-Expertin Korf mehrfach eine Absage. Die Erhöhung des Apothekenabschlags bei gleichzeitiger Absenkung der Mehrwertsteuer bezeichnete sie als „verkappte Kappung des Fixums“. Die geplante Maßnahmen sähen weder Leistungskürzungen noch Einsparungen im ambulanten und stationären Sektor vor, wohl aber Einsparungen im Arzneimittelbereich in Höhe von 2,8 Milliarden Euro, von denen die Apotheken durch den erhöhten Apothekenabschlag und die abgesenkte Mehrwertsteuer etwa 237 Millionen Euro schultern müssten. Im Hinblick auf den zweiprozentigen Anteil des Apothekenhonorars an den GKV-Ausgaben für Arzneimittel und den 15-prozentigen Anteil der Arzneimittelausgaben an den GKV-Gesamtausgaben erinnerte Korf: „Wir sind nicht das Problem!“ Und im Hinblick auf die Corona-bedingten Sonderumsätze rechtfertigte sie: „Wir haben gedient und uns nicht bereichert.“

Parlamentarischer Abend der baden-württembergischen Apotheker:innen

Viel Leistung für ein kleines Stück vom Kuchen

Eckart Bauer, Abteilungsleiter Wirtschaft und Soziales bei der ABDA, konstatierte, dass die GKV immer weniger zum wirtschaftlichen Unterhalt der für die Arzneimittelversorgung ihrer Versicherten notwendigen Apotheken-Infrastruktur beitrage und gleichzeitig Finanzprobleme habe. „Das deutet darauf hin: Es liegt nicht an den Apotheken!“ Die Coronakrise habe die Unterfinanzierung der GKV in den vergangenen Jahren verdeckt und gleichzeitig zum großen Defizit beigetragen. Das gilt auch für die Leistungserbringer: Viele der Maßnahmen, die die Apotheken erbracht und Geld eingebracht haben, sind schon ausgelaufen und werden es bald sein.

Gut prognostizierbare Faktoren

Bauer hält für das Jahr 2022 eine Reihe von Einflussfaktoren auf die Apothekenbetriebswirtschaft für gut prognostizierbar. Dazu gehören die Arzneimittelpreisverordnung, also die Höhe des packungsabhängigen Fixhonorars, das in seinen Augen unverändert bleiben wird – und das bereits seit 2013. Beim Absatz von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln erwartet er eine Stagnation, beim OTC-Absatz dieselbe Situation, mit der Unsicherheit, wie sich der Versandhandel entwickeln wird. Die Höhe der Notdienstpauschale für jede Apotheke werde sich ebenfalls nicht verändern. „Klar schlechter“ werden die Einkaufskonditionen ausfallen. 

Die Honorare aus pharmazeutischen Dienstleistungen werden im Jahr 2022 nur eine geringe Umsatz-, Kosten und Gewinnbedeutung erlangen. Die steigenden Lohnkosten sollen für die durchschnittliche Apothekenbetriebsstätte zu einer Mehrbelastung von 17.000 Euro führen. Für die durchschnittliche Apotheke rechnet der ABDA-Ökonom mit einem Gewinnrückgang in Höhe von 70.000 Euro im laufenden Jahr, allein durch den Wegfall der Schutzmasken-Verteilung, die Durchführung weniger Bürgertests sowie die Ausstellung weniger Impfzertifikate. Es sei jedoch äußerst kompliziert, die pandemiespezifischen Umsätze und Kosten zu erfassen. Man rechne mit deutlichen Unterschieden zwischen den Apotheken, selbst bei Betrieben vergleichbarer Umsatzklassen.

Diese Zahlen und Prognosen, so die einstimmige Meinung von Hubmann, Korf und Bauer, könnten nur für den Fall gelten, wenn die Politik nicht noch Gesetze zur Kostendämpfung im GKV-Wesen auf den Weg bringt. Pandemiebedingte Sondereffekte bilden eben keine gute Grundlage dafür, eine Branche in die Zukunft zu führen.



Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@daz.online


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