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Kammerversammlung Hessen
Funke: „Apotheken sind nicht die Melkkuh für Sparmaßnahmen“
Bei der Versammlung der Apothekerkammer Hessen stießen Lauterbachs Pläne, den Kassenabschlag temporär auf 2 Euro zu erhöhen und die Mehrwertsteuer auf Arzneimittel zu senken, auf deutliche Ablehnung. ABDA-Präsidentin Overwiening und Hessens Kammerchefin Funke appellierten an die Politik, die flächendeckende Arzneimittelversorgung nicht aufs Spiel zu setzen. Ein weiterer Schwerpunkt der Versammlung lag auf der Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken in den Offizinen.
Ein nicht abgestimmter Entwurf für ein GKV-Finanzstabilisierungsgesetz aus dem Hause Lauterbach sorgte in der vergangenen Woche für einen Aufschrei unter den Apotheker:innen. Demnach plant das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), den Kassenabschlag für die Apotheken befristet für zwei Jahre von 1,77 auf 2 Euro brutto zu erhöhen. Das allein würde sie netto 19 Cent pro Rx-Packung für gesetzlich Versicherte kosten, die angedachte Senkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel würde zusätzlich mit 16 Cent je Packung zu Buche schlagen. Das Kanzleramt soll das Vorhaben zwar zunächst gestoppt haben, es bleibt allerdings abzuwarten, ob die Apotheken im konsentierten Entwurf wesentlich besser wegkommen.
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Overwiening: „Ein Schlag ins Gesicht“
Erwartungsgemäß stieß der Vorstoß von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bei der Delegiertenversammlung der Apothekerkammer Hessen auf wenig Gegenliebe. Kammerpräsidentin Ursula Funke fand deutliche Worte: „Die Apotheken sind nicht die Melkkuh für Sparmaßnahmen“, sagte sie mit Blick auf das durchgesickerte Papier. Die flächendeckende Arzneimittelversorgung sollte der Politik etwas wert sein, so Funke – insbesondere weil die Offizinen für sie während der Pandemie so einige Kohlen aus dem Feuer geholt hätten.
„Man weiß nie, wann die nächste Krise kommt“
Zwar seien Zusatzaufgaben wie die Verteilung von Schutzmasken und COVID-19-Impfstoffen, das Ausstellen von Impf- und Genesenenzertifikaten sowie das Impfen und Testen vergütet worden. „Wir haben aber auch viel dafür geleistet“, erinnerte die Kammerchefin. Finanzielle Einmaleffekte überdeckten die Einbußen, die viele Betriebe in ihrem Kerngeschäft verzeichneten. Funke meint: Es ist jetzt nicht an der Zeit, im Apothekensektor zu sparen. „Die Politik darf uns nicht das Wasser abgraben. Man weiß nie, wann die nächste Krise kommt.“
Ähnlich äußerte sich auch ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening, die der Online-Versammlung als Gast zugeschaltet war. „Der Minister muss sich fragen, wie viel ihm wirklich an der wohnortnahen Versorgung liegt“, sagte Overwiening. Natürlich wisse sie um die desolate Lage der Krankenkassen. Doch die Apotheken seien in ihrem Kerngeschäft chronisch unterversorgt. „Das ist das Ergebnis des jahrelangen Abkoppelns von der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland.“ Sie hoffe, dass Lauterbach nicht „die männliche Reinkarnation von Ulla Schmidt“ sei und das Gesundheitswesen nicht weiter in einen „Schnäppchenmarkt“ verwandeln werde.
Apotheken als Edel-Drugstores?
Zudem widmeten sich die Delegierten ausführlich dem Thema Cannabis zu Genusszwecken. Erst kürzlich hatte sich die drogenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion im Bundestag, Kristine Lütke, im Interview mit der DAZ zu der Frage positioniert, ob Cannabis für den Freizeitgebrauch auch in Apotheken abgegeben werden sollte. Die Abgeordnete stellte im Gespräch mit der Redaktion klar, dass sich im Zuge der Entkriminalisierung auch Apotheken um Lizenzen als Verkaufsstellen bewerben dürfen sollen. Darauf nahm Funke Bezug bei ihren Ausführungen.
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Die Kammerpräsidentin sieht den Verkauf von Cannabis in den Offizinen eher kritisch. „Der Charakter einer Apotheke wird sich dadurch komplett ändern“, befürchtet sie. In den USA und Kanada werde Cannabis in „edlen Shops“ vertrieben, die eine riesige Auswahl an Sorten und Darreichungsformen böten. Das sei für die Apotheken hierzulande nicht denkbar. „Wir wollen nicht zu Edel-Drugstores werden“, betonte Funke. Apothekenexklusivität könne man sich ohnehin „abschminken“. Das sei aus den Äußerungen Lütkes deutlich geworden. Funke plädiert daher für eine klare Trennung – auch deshalb, weil sonst möglicherweise andere Geschäfte, die Cannabis verkauften, auf die Idee kämen, bisher apothekenpflichtige Ware in ihr Sortiment aufzunehmen zu wollen.
Es kamen aber auch Delegierte zu Wort, die den Verkauf von Cannabis in den Offizinen nicht grundsätzlich ablehnen. „Wenn die Politik es von uns wünscht, sollten wir nicht pauschal Nein sagen“, meint etwa Apotheker Erik Modrack. Ein spontan abgefragtes Stimmungsbild zeigt: Zumindest unter den Delegierten der Apothekerkammer Hessen ist zwar die Mehrheit (zehn Stimmen) gegen die Abgabe von Cannabis in den Apotheken, es gibt aber durchaus Kolleginnen und Kollegen, die dem offen gegenüberstehen (vier Stimmen) oder sich weder für noch gegen den Verkauf in den Offizinen positionieren wollten (vier Enthaltungen).
1 Kommentar
Die ABDA Präsidentin
von Dr.Diefenbach am 24.03.2022 um 9:44 Uhr
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