Sonst droht Unterversorgung

Tamoxifen: Einmal und nicht fünfmal 20 Tabletten abgeben!

Stuttgart - 18.03.2022, 14:45 Uhr

Laut AMK scheinen noch immer Vorbehalte bei Fragen der Erstattung von kleinen Packungsgrößen zu bestehen. (b/picture alliance/dpa | Hannibal Hanschke)

Laut AMK scheinen noch immer Vorbehalte bei Fragen der Erstattung von kleinen Packungsgrößen zu bestehen. (b/picture alliance/dpa | Hannibal Hanschke)


In Apotheken und Arztpraxen dürfte mittlerweile gut bekannt sein, dass bei dem Arzneimittel Tamoxifen nicht nur ein Lieferengpass, sondern ein echter Versorgungsengpass besteht. Entsprechend hat das BfArM Maßnahmen empfohlen und Importe organisiert, um die Patient:innen weiter versorgen zu können. Dazu gehört die klare Empfehlung, nur noch kleine Packungsgrößen abzugeben. Doch das wird in der Praxis offenbar teils fragwürdig frei ausgelegt.

Auf der Handelsblatt-Jahrestagung Pharma 2022 am vergangenen Dienstag machte Dr. Michael Horn, Abteilungsleiter im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und Vorsitzender des BfArM-Beirats zur Bewertung der Versorgungslage mit Arzneimitteln, deutlich: Versorgungsengpässe mit Arzneimitteln führen nicht nur in Apotheken zu einem erheblichen Mehraufwand, sondern auch bei den Behörden. So sei es beispielsweise beim aktuellen Tamoxifen-Engpass nicht trivial gewesen, in der Breite jeden mit den nötigen Maßnahmen und Informationen zu erreichen, damit weiterhin alle Patient:innen mit Tamoxifen versorgt werden können. Schon am 4. März hatte das BfArM erneut an Ärzt:innen und Apotheker:innen appelliert, wirklich nur kleine Packungsgrößen à 20 oder 30 Tabletten und eben nicht 100-Stück-Packungen abzugeben.

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Zwar sind mittlerweile Importe von mehr als 5 Millionen Tabletten tamoxifenhaltiger Arzneimittel bezogen auf die Stärke 20 mg bereits im Markt angekommen bzw. sollten bis zum 15.03.2022 in den Verkehr gebracht werden. Und spätestens im Mai 2022 sollen weitere 20 Millionen Tabletten in der Stärke 20 mg folgen. Aber auch mit dieser Überbrückung kann die Versorgung nur weiter sichergestellt werden, wenn kleine Packungsgrößen statt der üblichen 100 Tabletten verordnet werden, hieß es.

Jetzt hat das BfArM erfahren, wie die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) meldet, „dass weiterhin und allem Anschein nach vorzugsweise die Packungsgröße N3 verordnet und abgegeben wird, z. B. als 5 Packungen à 20 Tabletten.“ Das führe offenbar zur Unterversorgung bei betroffenen Patient:innen und widerspreche dem Beiratsbeschluss vom 9. Februar 2022.

Zudem, schreibt die AMK, scheinen noch immer Vorbehalte bei Fragen der Erstattung von kleinen Packungsgrößen zu bestehen: „Es wird daher nochmals daran erinnert, dass der GKV-Spitzenverband seinen Mitgliedskassen empfiehlt, kleinere Packungsgrößen (z. B. 30 Tabletten), oder Arzneimittel mit einer geringeren Stärke (z. B. 2 Tabletten à 10 mg) in der Zeit des Liefer-/Versorgungsengpasses ohne Retaxationen den Apotheken zu erstatten und diese ärztlichen Verschreibungen nicht in die Wirtschaftlichkeitsprüfungen miteinzubeziehen.“ Auch Horn dankte vergangenen Dienstag dem GKV-Spitzenverband, dass man in einem solchen Fall gesagt habe: „In dieser Zeit reden wir nicht über Geld“.

Das BfArM bittet nun um Informationen, die auf entsprechende Problemsituationen hinweisen.


Deutsche Apotheker Zeitung / dm
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Empfehlung oder endlich Machtwort ?

von Dr. Ralf Schabik am 21.03.2022 um 8:48 Uhr

" dass der GKV-Spitzenverband seinen Mitgliedskassen empfiehlt, kleinere Packungsgrößen (z. B. 30 Tabletten), oder Arzneimittel mit einer geringeren Stärke (z. B. 2 Tabletten à 10 mg) in der Zeit des Liefer-/Versorgungsengpasses ohne Retaxationen den Apotheken zu erstatten und diese ärztlichen Verschreibungen nicht in die Wirtschaftlichkeitsprüfungen miteinzubeziehen"

Sorry, aber es reicht nicht, dass ein Verband, dem seit Jahren Menschen (sowohl Patienten als auch Leistungserbringer) scheißegal sind, irgendetwas "empfiehlt". In solchen Fällen wie Tamoxifen bedarf es endlich eines Machtwortes des Gesetzgebers: "KASSEN, Ihr habt zu zahlen ! Punkt."

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Empfehlung oder endlich Machtwort - Völlig richtig

von ratatosk am 21.03.2022 um 10:48 Uhr

Dem kann man nur 100 % zustimmen, sowohl Staat als auch die GKV haben ihre Unzuverlässigkeit ausreichend bewiesen ( z.B e hec Behandlung mit modernen aber noch nicht dafür zugelassenen Medikamenten, etc. ) . Eine Empfehlung statt klarer Ansage durch das Bfarm zeigt nur die Inkompetenz. Schön daß Dr. Horn mit den Apparatschiks der GKV so gut kann, aber das hilft nicht in Problemfällen vor Ort. Schließlich sind die GKV in den Coronazeiten ziemlich abgetaucht, nur ihre Retax Drückerkolonnen haben mit voller Kraft weitergewurstelt und versucht alle Kleinigkeiten die durch die problematischen Zeiten aufgetreten sind, maximal auszunutzen.

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