Mögliche Indikationen und potenzielle Nebenwirkungen

Cannabis – mehr Risiken als Chancen?

Stuttgart - 11.03.2022, 12:45 Uhr

Die GKV gibt immer mehr für Medizinalcannabis aus – wird sein Potenzial möglicherweise überschätzt? (Foto: eight8 / AdobeStock)

Die GKV gibt immer mehr für Medizinalcannabis aus – wird sein Potenzial möglicherweise überschätzt? (Foto: eight8 / AdobeStock)


Keine Wirksamkeit bei Depression, Psychosen und Demenz

Im Rahmen des ersten „Cannabis-Reports“ wurde analysiert, welche Evidenz tatsächlich für die möglichen und bisher beanspruchten Einsatzgebiete von Medizinalcannabis herrscht. Denkbare Indikationen sind chronischer Schmerz, Spasmen bei Multipler Sklerose, Epilepsie, Chemotherapie-induzierte Übelkeit und Erbrechen sowie Appetitsteigerung bei HIV/AIDS. Als mögliche Indikationen gelten der Analyse nach Angst- und Schlafstörungen, Tourette-Syndrom sowie ADHS. Keine Wirksamkeit haben Cannabinoid-basierte Arzneimittel der Literaturauswertung nach bei Depression, Psychosen und Demenz sowie bei Glaukom und Darmerkrankungen.

Mehr zum Thema

Risiken im Jugendalter werden häufig unterschätzt

Cannabiskonsum mit Folgen

Wann Cannabis-Konsum gefährlich wird

Höherer THC-Gehalt, mehr Psychosen

Eine Begleitforschung der Bundesopiumstelle beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) soll Erkenntnisse der in großem Umfang möglichen Verordnung von Cannabinoid-basierten Arzneimitteln ohne Beschränkung von Indikationen oder arzneimittelrechtliche Zulassungen liefern. Unter dem sogenannten Off-Label-Use versteht man die Anwendung zugelassener Arzneimittel, im Fall von Cannabinoid-basierten Arzneimitteln also Canemes® und Sativex®, außerhalb der in klinischen Studien nachgewiesenen und behördlich genehmigten Anwendungsgebiete. Von einem No-Label-Use spricht man analog bei (noch) nicht zugelassenen Arzneimitteln. In beiden Fällen tragen die verordnenden Ärztinnen und Ärzte eine große Verantwortung, weil im Schadensfall kein pharmazeutischer Unternehmer nach § 84 AMG für das Produkt haftet, sondern die Mediziner selbst mit ihrem Privatvermögen für eventuell auftretende schädliche Folgen der Therapie aufkommen müssten.

Bei Cannabinoid-basierten Arzneimitteln und bei der Inhalation der Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken beziehungsweise dem Freizeitkonsum werden aktuell als mögliche gravierende Risiken Herzinfarkt, Vorhofflimmern sowie Schlaganfall von der amerikanischen Herzgesellschaft diskutiert und weitere Langzeitstudien als dringend notwendig gefordert. Auf die mögliche Induktion einer Psychose bei Cannabisblüten mit hohem THC-Gehalt sowie synthetischen Cannabinoiden deutet eine aktuelle Längsschnittanalyse von Behandlungsfällen in der Psychiatrie der Jahre 2011 bis 2019 hin, deren Autoren auch einen Zusammenhang mit der „Verharmlosung der Risiken“ im Kontext der neuen Verordnungsmöglichkeiten sehen.

Den vollständigen Artikel 
Zwischen Chancen und Risiken – Fünf Jahre Versorgung mit Cannabinoid-basierten Arzneimitteln“ 
von Apotheker Lutz Muth 
und Prof. Gerd Glaeske 
finden Sie in der aktuellen DAZ Nr. 10.



Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Fünf Jahre Versorgung mit Cannabinoid-basierten Arzneimitteln

Zwischen Chancen und Risiken

Wie werden Cannabinoid-basierte Arzneimittel in Deutschland eingesetzt?

Im Spiegel der Versorgungsforschung

Erstattungsfähigkeit und Kosten von Cannabinoiden

Der Preis der Schmerzfreiheit

Die Dronabinol-Rezeptur in Theorie und Praxis

Cannabis in der Apotheke

Fünf Jahre medizinisches Cannabis

„Es existiert nicht die eine Therapieform“

Cannabis: Der Gesetzentwurf und seine Herausforderungen

Von der Ausnahmeregelung zur Übergangslösung

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.