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Neubewertung für Arzneimittel in drei Jahren
Titandioxid in Lebensmitteln ab August 2022 verboten
Die Europäische Kommission hat am vergangenen Freitag ein bereits erwartetes Verbot für die Verwendung von Titandioxid als Lebensmittelzusatzstoff (E171) erlassen, es tritt im Sommer in Kraft. Die Pharmaindustrie hat nun noch drei Jahre Zeit, auch in Arzneimitteln den Hilfsstoff zu ersetzen. Dann droht Titandioxid nämlich auch das Aus als Farbstoff in Arzneimitteln.
Kaugummis, Süßigkeiten und andere Lebensmittel müssen in Zukunft ohne den weit verbreiteten weißen Hilfsstoff Titandioxid auskommen. Die EU-Kommission hat am vergangenen Freitag ein Verbot für den Zusatzstoff in Lebensmitteln erlassen. Es tritt den Angaben zufolge in sechs Monaten in Kraft.
Die entsprechende Verordnung von der Europäischen Kommission wurde jetzt im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Sie tritt am 7. Februar in Kraft. In Artikel 2 der Verordnung heißt es, dass bis zum 7. August 2022 Lebensmittel, die vor dem 7. Februar 2022 gemäß den zu diesem Zeitpunkt geltenden Vorschriften hergestellt wurden, weiterhin in Verkehr gebracht werden dürfen. Nach diesem Zeitpunkt dürfen sie bis zu ihrem Mindesthaltbarkeits- oder Verbrauchsdatum auf dem Markt bleiben.
Außerdem steht in Artikel 3 der Verordnung:
Die Kommission prüft nach Konsultation der Europäischen Arzneimittel-Agentur innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten dieser Verordnung die Notwendigkeit, Titandioxid (E 171) weiterhin in der EU-Liste der Lebensmittelzusatzstoffe zur ausschließlichen Verwendung als Farbstoff in Arzneimitteln in Anhang II Teil B der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 zu führen oder von dieser Liste zu streichen.“
Denn wie es in der Begründung der Verordnung heißt, soll Titandioxid (E 171) „auf der Grundlage der wissenschaftlichen Analyse der EMA“, über die die DAZ bereits berichtete, und zur Vermeidung von Arzneimittelengpässen vorläufig auf der Liste der zugelassenen Zusatzstoffe verbleiben. „Während dieser Zeit sollte Titandioxid (E 171) jedoch in die Liste der Farbstoffe aufgenommen werden, die nicht direkt an die Verbraucher verkauft werden dürfen“, heißt es.
Vor dem 1. April 2024 soll die EMA dann eine weitere Bewertung von Titandioxid durchführen. Wenn das Ersetzen von Titandioxid (E 171) in Arzneimitteln innerhalb der nächsten drei Jahre nicht erfolgt ist oder eingeleitet wurde, heißt es, sollten nur noch „objektive, nachprüfbare Gründe für die Undurchführbarkeit seiner Ersetzung berücksichtigt werden“.
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Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA war zuvor zu dem Schluss gekommen, dass Titandioxid als Lebensmittelzusatzstoff nicht mehr als sicher angesehen werden kann – insbesondere hinsichtlich einer möglichen Genotoxizität, die jedoch nicht nachgewiesen, sondern nur nicht entkräftet werden konnte. Eine akute Gesundheitsgefahr besteht also nicht.
Dass sich dennoch auch die Pharmaindustrie mit dem Thema auseinandersetzen muss, zeichnete sich schon im Jahr 2019 ab. Damals ging es zunächst noch gar nicht um Lebensmittel, sondern um das Einatmen von Titandioxid-Stäuben. Jetzt heißt es in der Verordnung: „Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die pharmazeutische Industrie alle Anstrengungen unternimmt, um die Erforschung und Entwicklung von Alternativen, die als Ersatz für Titandioxid (E 171) in Arzneimitteln verwendet werden können, zu beschleunigen und die erforderlichen Änderungen der Bedingungen für die betreffenden Zulassungen vorzulegen.“
Noch offene Fragen zum Wirkmechanismus genotoxischer Effekte
Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat am 8. Dezember 2021 eine Neubewertung zu Titandioxid veröffentlicht. Wie es in seiner Stellungnahme erklärt, zieht es „ähnliche Schlüsse wie die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit“. Allerdings betont das BfR, dass für eine abschließende Bewertung noch Wissenslücken bestehen.
Zum Beispiel sei unklar, „in welchem Ausmaß und auf welche Weise Titandioxid das Erbgut schädigen kann“. Es müssten noch Antworten gefunden werden auf Fragen wie: „Welche Rolle spielen die Teilcheneigenschaften, ihre Größe, Form, kristalline Beschaffenheit? Besteht ein Krebsrisiko?“ Beispielsweise wird zum Wirkmechanismus genotoxischer Effekte „neben der Titandioxid-vermittelten Bildung reaktiver Intermediate (reaktiver Sauerstoff- oder Stickstoff-Spezies (ROS/RNS))“ auch eine unmittelbare Wechselwirkung von Titandioxid-Nanopartikeln mit der DNA diskutiert, wie das BfR erklärt.
Hinsichtlich der Auswirkungen von Nanopartikeln scheint (nicht nur bei Titandioxid) ohnehin noch viel Forschungsbedarf zu bestehen. Wäre am Ende vorherrschend die Nanopartikel-Größe und weniger der eigentliche Stoff das Problem, sollte sich die EMA in Zukunft wohl grundsätzlich mit Nanopartikeln auseinandersetzen.
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Das Nachrichtenportal MedWatch hat sich im Dezember 2021 übrigens auch mit dem Thema Titandioxid in Arzneimitteln beschäftigt und beispielhaft einige Präparate unter die Lupe genommen, die Titandioxid als Hilfsstoff enthalten – oder eben nicht. Apotheker:innen könnten also in Zukunft vermehrt mit der Frage nach Titandioxid-freien Arzneimitteln konfrontiert werden.
1 Kommentar
Titandioxid ist auch in den Schutzmasken enthalten.
von Wende am 02.02.2022 um 10:30 Uhr
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