Checkliste der AMK

Beratung und Dokumentation zu Lagevrio – was Apotheken wissen müssen

Stuttgart - 04.01.2022, 12:15 Uhr

Bei Patient:innen, die Molnupiravir erhalten, bietet sich eine Beratung per Telefon oder Video an. Die Apotheke kann dies auf der Checkliste der AMK dokumentieren. (s / Foto: Schelbert)

Bei Patient:innen, die Molnupiravir erhalten, bietet sich eine Beratung per Telefon oder Video an. Die Apotheke kann dies auf der Checkliste der AMK dokumentieren. (s / Foto: Schelbert)


Das Bundesgesundheitsministerium hat zwei oral einzunehmende Arzneimittel beschafft, die bei Risikopatienten schwere COVID-19-Verläufe verhindern sollen. Mit Molnupiravir (Lagevrio) steht das erste seit dem gestrigen Montag zur Verfügung, das zweite, Nirmatrelvir/Ritonavir (Paxlovid), soll demnächst folgen. Die Abgabe der bislang nicht zugelassenen Mittel soll über die Apotheken erfolgen. Um eine qualitätsgesicherte Beratung und Abgabe von Lagevrio zu gewährleisten, hat die AMK einen Beratungs- und Dokumentationsleitfaden in Form einer Checkliste als Hilfestellung erstellt.

Seit dem 3. Januar 2022 steht mit Molnupiravir (Lagevrio®, MSD) ein antivirales Arzneimittel zur Behandlung von COVID-19-Patienten zur Verfügung, die keinen zusätzlichen Sauerstoff benötigen und ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben. Allerdings ist es noch nicht von der Europäischen Arzneimittel-Agentur oder dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zugelassen. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat 80.000 Packungen zentral beschafft. Apotheken können das Mittel nur auf ärztliche Verordnung hin heim Großhandel bestellen und an Patienten abgeben. Mit der Abrechnung sollen sie sich aber noch ein wenig gedulden. Der Deutsche Apothekerverband wird dazu einen Leitfaden entwickeln und voraussichtlich bis spätestens Ende nächster Woche veröffentlichen, erklärt eine Sprecherin auf Nachfrage der DAZ. Ungeachtet der Abgabe an betroffene Patient:innen lautet die Empfehlung, vor dem 15. Januar 2022 keine entsprechenden ärztlichen Verordnungen mit diesem Arzneimittel abzurechnen.

Weil die vom BMG beschafften Packungen für den britischen Markt bestimmt sind, sind sämtliche Angaben auf und in der Packung in englischer Sprache. Eine nicht-zertifizierte Übersetzung der Gebrauchsinformation mit Textstand November 2021 zu „Lagevrio® 200 mg hard capsules“, zugelassen im Vereinigten Königreich seit 4. November 2021, ist laut AMK  im Internet verfügbar. Die Apotheke muss daher dem Patienten ein vom Großhandel mitgeliefertes einseitiges Begleitschreiben der Firma MSD sowie die „Hinweise für den Anwendenden“, die über die Website des BfArM heruntergeladen werden können, mitgeben.

Molnupiravir

Molnupiravir (Lagevrio) ist ein oral verfügbares antivirales Arzneimittel, das zur Behandlung von nicht hospitalisierten COVID-19-Patienten eingesetzt wird, die keinen zusätzlichen Sauerstoff benötigen und ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben. Entscheidungskriterien für eine Verschreibung sind laut Stellungnahme von AWMF und STAKOB aufgrund der derzeit begrenzten Verfügbarkeit vor allem hohes Alter und das Vorliegen mehrerer Risikofaktoren wie Adipositas, Diabetes, chronische Niereninsuffizienz, Krebs sowie Herz- und Lungenerkrankungen. Die Wirkung beruht primär auf einer die Hemmung der viralen RNA-Replikation, durch Einbau des Triphosphatmetaboliten in das virale RNA-Genom.

Als Nebenwirkungen wurden am häufigsten Durchfall (3 %), Übelkeit (2 %), Schwindelgefühl (1 %) und Kopfschmerzen (1 %) berichtet.

Schwangerschaftstest durchgeführt und Dosierung geklärt? 

Außerdem hat die AMK einen strukturierten Beratungs- und Dokumentationsleitfaden in Form einer Checkliste als Hilfestellung für eine qualitätsgesicherte Beratung und Abgabe von Lagevrio® erstellt.

Darin wird unter anderem der Impfstatus erfasst und ob die Symptome seit maximal fünf Tagen bestehen – in diesem Zeitfenster muss laut Zulassung die Behandlung beginnen. Weil Molnupiravir aufgrund des mutagenen und wahrscheinlich auch teratogenen Potenzials in der Schwangerschaft kontraindiziert ist, muss vor Einleitung der Therapie ein Schwangerschaftstest durchgeführt werden beziehungsweise bei Frauen im gebärfähigen Alter eine wirksame Kontrazeption und/oder sexuelle Abstinenz während der 5-tägigen Therapie sowie für weitere 4 Tage gewährleistet sein. Auch das fragt die Checkliste ab – ebenso, ob eine Beratung zu den Einnahmemodalitäten und den Nebenwirkungen erfolgt ist.

Dosierung/Einnahme

  • 5 Tage morgens (z. B. 8:00 Uhr) und abends (z. B. 20:00 Uhr, d. h. alle 12 h) je 4 Kapseln à 200 mg (d. h. 2 x 800 mg am Tag),
  • unzerkaut (Kapseln nicht öffnen) mit einem Glas Wasser;
  • unabhängig von Mahlzeiten.
  • Einnahme vergessen: Innerhalb von 10 Stunden Einnahme nachholen; falls länger als 10 Stunden, Einnahme der nächsten Dosis zum regulären Zeitpunkt. Keine doppelte Dosis, wenn die vorherige Einnahme vergessen wurde.

Außerdem wird dokumentiert, auf welchem Wege die Beratung erfolgte – persönlich in der Apotheke, per Bote der Apotheke (pharmazeutisches Personal) oder per Telekommunikation. Da es sich bei den Patienten um Personen mit nachgewiesener Corona-Infektion handelt, bietet sich letzteres an – und alle Umstände der Bestellung, der Abgabe und der Lieferung, zum Beispiel, ob die Begleitschreiben mitgegeben wurden.

AMK: Monitoring der Verträglichkeit von besonderer Relevanz

Der letzte Punkt auf dem Bogen betrifft das Monitoring. Aufgrund der derzeit noch begrenzten Daten zur Sicherheit der neuartigen Arzneimittel sei das Monitoring der Verträglichkeit von besonderer Relevanz und in der Checkliste gesondert aufgeführt, erläutert die AMK. Das Gremium bittet Apotheker:innen Patient:innen angemessen für mögliche Nebenwirkungen im zeitlichen Zusammenhang mit der Einnahme der Wirkstoffe zu sensibilisieren bzw. diese auch aktiv zu erfragen und unter www.arzneimittelkommission.de zu melden. Der Berichtsbogen der AMK lässt sich per QR-Code direkt aufrufen. 

Für Paxlovid soll in Kürze eine vergleichbare Checkliste folgen. 



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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