Entwurf einer Gesundheits-IT-Interoperabilitäts-Governance-Verordnung

Neue Koordinierungsstelle soll für den digitalen Fluss sorgen

Berlin - 20.08.2021, 15:00 Uhr

Für viele wirkt die Technik hinter den TI-Anwendungen noch immer wie ein rätselhaftes Kuddelmuddel – eine neue Koordinierungsstelle bei der Gematik soll künftig im Blick behalten, dass alles zusammenpasst und sicher läuft. (c / Foto: skaljac / AdobeStock)

Für viele wirkt die Technik hinter den TI-Anwendungen noch immer wie ein rätselhaftes Kuddelmuddel – eine neue Koordinierungsstelle bei der Gematik soll künftig im Blick behalten, dass alles zusammenpasst und sicher läuft. (c / Foto: skaljac / AdobeStock)


Eines der großen Ziele von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ist es, die Digitalisierung im Gesundheitswesen voranzutreiben. Drei Gesetze hat er dafür auf den Weg gebracht – nun folgen Verordnungen, die Details und Verfahren regeln. Apotheken und weitere Player rund ums E-Rezept warten vor allem auf eine Verordnung, die regelt, wie Drittanbieter über Schnittstellen die E-Rezept-Komponenten für „Mehrwertanwendungen“ nutzen können. Diese ist noch nicht in Sicht. Um Schnittstellen generell geht es aber auch in einem Verordnungsentwurf, den das BMG kürzlich vorgelegt hat und mit dem die Interoperabilität im Gesundheitswesen einmal wieder einen Schub bekommen soll.

Interoperabilitätsbemühungen im Gesundheitswesen sollen künftig „schneller, transparenter und verbindlicher als bislang vorangetrieben werden“ – dies soll die Gesundheits-IT-Interoperabilitäts-Governance-Verordnung (IOP Governance-Verordnung – GIGV) sicherstellen, für die das Bundesgesundheitsministerium (BMG) in dieser Woche einen Entwurf vorgelegt hat.

Die Grundlage der Verordnung wurde mit dem Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz (DVPMG) geschaffen, das im vergangenen Juni in Kraft getreten ist – dem dritten großen Digitalisierungsgesetz von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nach dem Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) und dem Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG). § 394a SGB V ermächtigt das BMG, durch Rechtsverordnung die Einrichtung und Organisation einer Koordinierungsstelle für Interoperabilität im Gesundheitswesen bei der Gematik zu regeln. Diese soll die Interoperabilität und die Anforderungen an Schnittstellen regeln und die notwendigen organisatorischen Rahmenbedingungen schaffen. Ebenso will das BMG in der Verordnung Details zu einem dort eingesetzten Expertengremium und die Arbeitsstrukturen der Koordinierungsstelle festlegen.

Was ist Interoperabilität?

Dazu enthält § 1 Nr. 1 des GIGV-Referentenentwurfs vom 6. August 2021 folgende Definition:

Interoperabilität ist demnach „die Fähigkeit zweier oder mehrerer informationstechnischer Anwendungen, Informationen auszutauschen und diese für die korrekte Ausführung einer konkreten Funktion ohne Änderung des Inhalts der Daten zu nutzen, miteinander zu kommunizieren, bestimmungsgemäß zusammenzuarbeiten“.

Die Rechtsverordnung soll laut Ministerium sicherstellen, dass die Herstellung von Interoperabilität im Gesundheitswesen ganzheitlich fortgeführt wird. „Für die erfolgreiche digitale Transformation im Gesundheitswesen ist die interoperable Kommunikation und Zusammenarbeit von informationstechnischen Systemen essentiell“, heißt es im Entwurf. Das klingt alles höchst technisch und für Apotheken kaum praktisch relevant. Dienen soll all dies aber letztlich den bereits in den Digitalisierungsgesetzen – speziell dem DVPMG – angelegten Maßnahmen, die die Versorgung der Versicherten verbessern sollen. Dazu zählt auch der Ausbau der Telematikinfrastruktur in Bezug auf das E-Rezept und die elektronische Patientenakte. Es geht in der Verordnung aber nicht um inhaltliche, materielle Regelungen, sondern es werden schlicht Strukturen angelegt.

Bisherige Bemühungen um Interoperabilität haben die Erwartungen nicht erfüllt

Das BMG konstatiert in seinem Entwurf, dass die bisher zu diesem Zwecke angedachten Regelungen sich als verbesserungswürdig erwiesen haben und daher weiterentwickelt werden sollen. Damit gemeint ist das seit rund vier Jahren von der Gematik betriebene Interoperabilitätsverzeichnis „vesta“. Die Plattform habe die Erwartungen nicht erfüllt und werde „bislang nicht als zentrales Werkzeug zur Schaffung von Interoperabilität verstanden“, heißt es. Und so soll besagtes Verzeichnis nun zu einer „Wissensplattform“ weiterentwickelt werden, um Standards und Schnittstellen von informationstechnischen Systemen für alle relevanten Akteure im Gesundheitswesen transparent und öffentlich zugänglich zu machen. Damit will man den Konsens fördern. Wie verständlich diese öffentlichen Informationen am Ende für die Apotheken sind, steht vermutlich auf einem anderen Blatt.

Konkret geht in der Rechtsverordnung insbesondere um folgendes:

  • Die Einrichtung einer Koordinierungsstelle zur Herstellung von Interoperabilität im Gesundheitswesen (wesentliche Aufgaben: Bedarfe für Anforderungen, Richtlinien und Leitlinien identifizieren, darauf aufbauend priorisieren, Handlungsfelder ableiten, Vorschläge entwickeln und letztlich Festlegungen verbindlich treffen),
  • die Einrichtung eines Expertengremiums zur fachlichen Unterstützung (hier sollen neben IT-Fachleuten unter anderem auch Patientenorganisationen, die Länder sowie „fachlich betroffene Fachgesellschaften und Verbände“ vertreten sein),
  • die Schaffung der notwendigen Arbeitsstrukturen,
  • die Stärkung der Verbindlichkeit zum Einsatz empfohlener Standards
  • sowie der Weiterentwicklung des Interoperabilitätsverzeichnisses „vesta“ hin zu einer Wissensplattform für Interoperabilität im Gesundheitswesen.

Zum Verordnungsentwurf kann nun Stellung genommen werden. Inkrafttreten sollen die neuen Regelungen, die nicht der Zustimmung des Bundesrats bedürfen, zum 1. Oktober.

Wann und ob die von Apotheken und Plattformbetreibern mit Spannung erwartete Verordnung zu den E-Rezept-Schnittstellen gibt, bleibt derweil weiter offen.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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