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Cochrane Review
Kaum Beweise für die Wirksamkeit von Remdesivir bei COVID-19
Einer der wenigen Hoffnungsträger in der Therapie von COVID-19 scheint die Erwartungen nicht erfüllen zu können. Nach einem neuen Cochrane Review hat Remdesivir in randomisierten kontrollierten Studien bislang keine eindeutige Wirkung auf die Sterblichkeit oder den Krankheitsverlauf von hospitalisierten COVID-19-Patienten gezeigt.
Der antivirale Wirkstoff Remdesivir galt in der Corona-Pandemie von Anfang an als aussichtsreicher Kandidat für eine ursächliche Behandlung von COVID-19-Patienten. Seit Juli 2020 ist es in der EU für an COVID-19 erkrankte Erwachsenen und Jugendlichen ab zwölf Jahren mit einer Lungenentzündung, die zusätzlich Sauerstoff, aber keine invasive Beatmung benötigen, bedingt zugelassen.
Ein aktueller Cochrane Review hat die verfügbare Evidenz aus randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) zur Wirksamkeit von Remdesivir in Bezug auf die Sterblichkeit und die Schwere des Krankheitsverlaufs bei hospitalisierten Patienten im Vergleich zu Placebo oder Standardbehandlung ausgewertet. Er basiert auf Evidenzsynthesen des COVID-19-Evidenzökosystems CEOsys, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung über das Nationale Forschungsnetzwerk der Universitätsmedizin zu COVID-19 (NUM) gefördert wird.
Stand der Literatursuche ist der 16. April 2021.
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Die Reviewer waren an folgenden Ergebnissen interessiert:
- Gesamtmortalität bis zum 28. Tag nach der Behandlung,
- klinische Verbesserung nach der Behandlung, gemessen daran, wie lange die Betroffenen eine mechanische Beatmung oder Sauerstoff brauchten,
- klinische Verschlechterung, gemessen daran, ob sie neu Sauerstoff oder mechanische Beatmung benötigten,
- Lebensqualität,
- unerwünschte Ereignisse und
- schwerwiegende unerwünschte Ereignisse.
In die Bewertung eingeschlossen wurden fünf RCTs mit 7.452 Personen, die mit COVID-19 ins Krankenhaus eingeliefert worden waren. Davon erhielten 3.886 Personen Remdesivir. Das Durchschnittsalter der Patienten betrug 59 Jahre. Die Studien fanden auf der ganzen Welt statt, hauptsächlich in Ländern mit hohem und oberem mittlerem Einkommen.
Wenig oder gar kein Einfluss auf die Sterblichkeit
Nach der Auswertung das Datenlage hat Remdesivir wahrscheinlich nur einen geringen oder gar keinen Einfluss auf die Sterblichkeit hospitalisierter Personen mit mittelschwerem und schwerem COVID-19 (vier Studien, 7.142 Personen, moderate Evidenz). Von 1.000 Patienten sterben mit Remdesivir demnach acht weniger als mit Placebo oder Standardbehandlung.
Wahrscheinlich weniger scherwiegende Nebenwirkungen
Auch auf die Länge einer notwendigen Beatmung scheint das antivirale Medikament nur einen kleinen oder gar keinen Effekt zu haben (niedrige Evidenz). Außerdem sind sich die Review-Autoren nicht sicher, ob Remdesivir den Zustand der Patienten gemessen am Ausmaß der erforderlichen Unterstützung bei der Atmung verbessert oder verschlechtert. Immerhin fanden sie Evidenz mit geringer Sicherheit, dass es das Risiko eines neuen Bedarfs an invasiver mechanischer Beatmung verringern kann.
Ob Remdesivir das Gesamtrisiko für eine klinische Verschlechterung beeinflusst, können sie jedoch nicht sagen. Das Vertrauen in die Beweise ist begrenzt, weil die Studien verschiedene Methoden verwendeten, um ihre Ergebnisse zu messen und aufzuzeichnen, und weil die Reviewer für einige der definierten Endpunkte nicht viele Studien fanden. Jede Untersuchung berichtete über unterschiedliche primäre Endpunkte. Darüber hinaus wurden verschiedene Skalen des Schweregrads der Erkrankung angewendet, um Untergruppen zu charakterisieren. Keine der eingeschlossenen Studien berichtete über Lebensqualität.
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„Aufgrund der Unvollständigkeit der derzeit verfügbaren Studiendaten können wir nicht abschließend beurteilen, ob es mögliche Wirksamkeitsunterschiede in Abhängigkeit vom Schweregrad der Erkrankung gibt“, kommentiert Erstautorin Kelly Ansems von der Klinik für operative Intensivmedizin und intermediate Care an der Uniklinik RWTH Aachen die Ergebnisse des Reviews. Forschende sollten sich auf die wichtigsten relevanten Endpunkte einigen, die in der COVID-19-Forschung verwendet werden sollen, so die Forderung der Reviewer. Künftige Studien sollten sich dann auf diese Endpunkte konzentrieren.
Ob Remdesivir zu mehr oder weniger unerwünschten Wirkungen jeglichen Grades führt als Placebo oder Standardbehandlung, konnte ebenfalls nicht abgeleitet werden. Wahrscheinlich erleben die Patienten mit Remdesivir aber weniger schwerwiegende unerwünschte Wirkungen: Bei 1.000 Personen wurden 63 weniger als mit Placebo oder Standardbehandlung ermittelt (moderate Evidenz). Der Cochrane-Review soll regelmäßig aktualisiert werden.
IQWiG erkennt für Teilpopulation beträchtlichen Zusatznutzen
Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit in Gesundheitswesen (IQWiG) war Anfang Juli 2021 in einer frühen Nutzenbewertung zu dem Ergebnis gekommen, dass Remdesivir bei einem Teil der Erkrankten gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie einen beträchtlichen Zusatznutzen bringen könnte. Die Nutzenbewertung beruht auf den Daten aus drei randomisierten kontrollierten Studien (ACTT-1, CAP-2 und GS5774-A) mit zusammen 1.895 COVID-19-Erkrankten, aus denen jeweils Subgruppen mit insgesamt 958 Patientinnen und Patienten als bewertungsrelevant herangezogen wurden.
Für die Teilpopulation der an COVID-19 erkrankten Erwachsenen mit Pneumonie und Low-Flow-Sauerstofftherapie bei Therapiebeginn erkennt das IQWiG in der Gesamtschau ganz überwiegend positive Effekte von Remdesivir im Vergleich zur Standardtherapie. Die Betroffenen haben eine höhere Überlebenschance und sie erholen sich schneller. Für COVID-19-Patienten mit Lungenentzündung und High-Flow-Sauerstofftherapie bei Therapiebeginn, das heißt für die schwerer Erkrankten, ermittelten sie dagegen insgesamt weder positive noch negative Effekte von Remdesivir im Vergleich zu den bis dato verfügbaren Behandlungsoptionen und damit keinen Zusatznutzen.
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