Recherchen von WDR, NDR und SZ

Keine Kontrolle: Testzentren rechnen offenbar nie durchgeführte Tests ab

Stuttgart - 28.05.2021, 17:25 Uhr

Testzentren schießen allerorten, so wie hier in Berlin, wie Pilze aus dem Boden. Kontrolliert werden sie nicht wirklich. (c / Foto: IMAGO / Ralf Pollack)

Testzentren schießen allerorten, so wie hier in Berlin, wie Pilze aus dem Boden. Kontrolliert werden sie nicht wirklich. (c / Foto: IMAGO / Ralf Pollack)


Die sogenannten Bürgertests sollen eine wichtige Säule im Kampf gegen die Coronapandemie sein. Um möglichst allen Testwilligen Zugang zu ermöglichen, sind die Hürden, ein Testzentrum zu eröffnen und die Tests abzurechnen, extrem niedrig. Möglicherweise zu niedrig? Wie Recherchen von WDR, NDR und „SZ“ zeigen, über die unter anderem die „Tagesschau“ berichtet, läuft das Ganze ziemlich unkontrolliert und – wenig überraschend – auch nicht immer mit rechten Dingen ab.

Die geradezu explosionsartige Ausbreitung der Teststationen könnte für die Steuerzahler:innen deutlich teurer als geplant werden. Recherchen von WDR, NDR und „SZ“ deckten jetzt einen Wildwuchs auf. Die Hürden, eine Teststation aufzubauen, sind nämlich im Regelfall niedrig. Es bedarf meist nur einer Schulung, die auch online stattfinden kann. Damit kann man beim Gesundheitsamt die Eröffnung eines Testzentrums beantragen – laut dem Rechercheverbund wird dem meist ohne Probleme stattgegeben. Die Zahlen aus NRW unterstreichen dies: Mitte März sollen es laut dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) noch 1.862 Teststellen gewesen sein, Mitte April dann 5.776 und Mitte Mai 8.735. Und auch anderswo scheinen in den Städten die „Testzentren“, die oft nur aus einem Pavillon bestehen, wie Pilze aus dem Boden zu schießen. Betreiber sind mitnichten nur Apotheken oder Ärzte, sondern Friseure, Clubs, Immobilienunternehmer und Ähnliches. Das ganze scheint mit bis zu 18 Euro pro Test ein lohnendes Geschäft zu sein.

Allerdings kontrolliert offenbar niemand, ob bei der Abrechnung der Tests alles korrekt läuft. Für die Abrechnung muss den KVen lediglich die Zahl der durchgeführten Tests mittgeteilt werden. Die zu übermittelnden Angaben dürfen laut Testverordnung keinen Bezug zu der getesteten Person aufweisen. Es bestehen auch keinerlei gesetzliche Pflichten zur namentlichen Dokumentation der durchgeführten PoC-Antigentests. Die ABDA weist in ihrem Leitfaden sogar noch explizit darauf hin, dass aus Datenschutzgründen die Daten des Getesteten im Falle eines negativen PoC-Antigentests unverzüglich zu löschen seien. Die Daten im Falle eines positiven Ergebnisses seien nach 4 Wochen spätestens zu löschen, um eventuelle Rückfragen der Behörde zu klären, heißt es. Es wird lediglich empfohlen, zumindest die Anzahl der durchgeführten PoC-Antigentests auf SARS-CoV-2 zu dokumentieren. Gemäß § 7 Abs. 5 TestV seien die abrechnungsbegründenden Unterlagen – gemäß den Vorgaben der KVen an die Monatsabrechnungen, § 7 Abs. 6 TestV – bis Ende 2024 aufzubewahren. Das heißt, man kann weder nachvollziehen, wie viele Tests ein Bürger pro Woche in Anspruch nimmt, noch, und das ist noch viel schlimmer, ob die durchgeführten Tests tatsächlich durchgeführt wurden. Die Testzentren müssen bei der Abrechnung nicht einmal beweisen, dass sie sie eingekauft haben.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

WER macht so etwas?

von Dr.Diefenbach am 30.05.2021 um 19:39 Uhr

Es ist die berechtigte Frage im Raum, welche subversiven Elemente sich derart auf Kosten der Steuerzahler organisiert durch die Zeit schlagen,Es ist befremdlich zu hören,WELCHE Buden etc plötzlich zu "Testzentren" umgemodelt wurden.Es ist aber GANZ indiskutabel, dass Herr S. sein letztes Ansehen dadurch zu verspielen scheint, dass er eine solche Situation überhaupt mit entstehen ließ!!Und wenn ich sehe,WIE man uns mit Regeln und Vorgaben schikaniert, im Apothekenalltag mit Regressen etc. bedenkt, dann kann man sich ob derartiger Dummheiten aus einem Ministerium nur an den Kopf greifen.DIESER Minister wollte mal Kanzler werden...

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