COVID-19

Interleukin-6-Blocker: Evidenz insgesamt noch recht schwach

Remagen - 30.03.2021, 07:00 Uhr

Interleukin 6 wird mit der Entstehung von Krankheiten in Verbindung gebracht, einschließlich entzündlicher Erkrankungen, Osteoporose und Neoplasien. (Foto: Roche Pharma AG und Chugai Pharma Marketing Ltd)

Interleukin 6 wird mit der Entstehung von Krankheiten in Verbindung gebracht, einschließlich entzündlicher Erkrankungen, Osteoporose und Neoplasien. (Foto: Roche Pharma AG und Chugai Pharma Marketing Ltd)


Neun RCTs mit Tocilizumab und zwei mit Sarilumab

Die Cochrane-Reviewer haben 49 registrierte RCTs identifiziert, die IL-6-Blocker bewerteten. Bislang sind jedoch nur für zehn davon Ergebnisse verfügbar. Alle Studien waren multizentrisch. Sie wurden in Brasilien, China, Frankreich, Italien, Großbritannien und den USA durchgeführt, vier davon in mehreren Ländern. Die Teilnehmer:innen waren hauptsächlich Patient:innen mit mittelschwerem COVID-19 und die Altersspanne reichte im Wesentlichen von 56 bis 65 Jahren. 

Tocilizumab (violett) blockiert sowohl den löslichen IL-6-Rezeptor als auch den membrangebundenen IL-6-Rezeptorkomplex, der aus dem membranständigen Rezeptor (hier orange) und der membranständigen Proteineinheit gp130 (rot) besteht. Da Interleukin 6 (grün) nicht mehr binden und den Rezeptor aktivieren kann, wird die Signaltransduktion und damit das Entzündungsgeschehen unterbunden.

Neun RCTs bewerteten Tocilizumab (6.428 Teilnehmer:innen) und zwei Sarilumab (880 Teilnehmer:innen). Daneben zählten die Cochrane-Reviewer 20 weitere registrierte RCTs mit Tocilizumab und elf Studien mit Sarilumab, die teilweise ohne verfügbare Ergebnisse abgeschlossen oder ohne Ergebnisse beendet wurden oder noch laufen. Deutlich weniger RCTs befassen sich mit Clazakisumab (fünf laufende, eine nicht rekrutierend), Olokizumab (eine abgeschlossen, eine nicht rekrutierend), Siltuximab (eine laufend) und Levilimab (eine ohne verfügbare Ergebnisse abgeschlossen).

Tocilizumab senkt die Mortalität innerhalb von vier Wochen

Im Vergleich zu Placebo oder Standardbehandlung verringerte die Behandlung mit Tocilizumab die Zahl der COVID-19-Patient:innen, die nach 28 Tagen aus irgendeinem Grund gestorben sind (Evidenz aus acht Studien mit 6.363 Teilnehmern). Im Durchschnitt starben unter Tocilizumab plus Standardbehandlung pro 1.000 Menschen 32 weniger als unter Standardbehandlung alleine oder plus Placebo (Evidenz mit hoher Sicherheit). Außerdem führt Tocilizumab wahrscheinlich zu etwas weniger schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen als die Standardbehandlung alleine oder mit Placebo. Der Einfluss auf die klinische Verbesserung am D28 scheint demgegenüber gering oder gar nicht vorhanden zu sein. Die Cochrane Reviewer schließen allerdings nicht aus, dass die Behandlung bei bestimmten Untergruppen doch etwas bringen könnte.

Unsicherheit besteht nach der Analyse hinsichtlich der Auswirkungen der Tocilizumab-Behandlung auf die Progression zu schwerem COVID-19 innerhalb von 28 Tagen. Auch zu dem längerfristigen Verlauf der Erkrankung (≥D60) können die Autor:innen keine Aussage treffen, weil es hierzu keine Daten gibt. 



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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