Mail an die Fraktion

Pilsinger (CSU) trommelt für strengere Regeln für EU-Versender im VOASG

Berlin - 19.10.2020, 16:45 Uhr

Der CSU-Abgeordnete Stephan Pilsinger will nicht mehr tatenlos zusehen, wie EU-Versender die Regeln im deutschen Arzneimittelmarkt brechen. (Foto: imago images / Christian Spicker)

Der CSU-Abgeordnete Stephan Pilsinger will nicht mehr tatenlos zusehen, wie EU-Versender die Regeln im deutschen Arzneimittelmarkt brechen. (Foto: imago images / Christian Spicker)


Der CSU-Bundestagsabgeordnete Stephan Pilsinger bittet seine Fraktionskollegen in einer E-Mail um Unterstützung für sein Vorhaben, die Kontrollen von Arzneimittellieferungen der EU-Versender zu verschärfen. Zudem fordert er, dass die Auslieferung von Medikamenten künftig pharmazeutischem Fachpersonal vorbehalten bleiben soll. Nur wenn diese Kriterien erfüllt sind, sollen die Kassen zur Zahlung an die Apotheken verpflichtet sein.

Am 29. Oktober soll das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) im Bundestag verabschiedet werden. Für Änderungen bleibt also nicht mehr viel Zeit. Das weiß auch der CSU-Bundestagsabgeordnete Stephan Pilsinger. Aus seiner Sicht fehlt im Gesetzentwurf jedoch noch ein entscheidender Baustein, damit die Apothekenreform wirklich ihren Zweck erfüllt: In einer E-Mail an seine Kollegen aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die DAZ.online exklusiv vorliegt, ruft er dazu auf, sich gemeinsam dafür einzusetzen, endlich auch die sogenannten Grenzapotheken den deutschen Regeln für den Arzneimittelversand zu unterwerfen.

Ihm ist es ein Dorn im Auge, dass Arzneimittelversender mit Sitz im EU-Ausland regelhaft die hierzulande geltenden Gesetze umschiffen. „Lagerung, Transport und Auslieferung von Arzneimitteln unterliegen in Deutschland strengen gesetzlichen Vorgaben“, schreibt Pilsinger an seine Kollegen. „Das betrifft nicht nur den Botendienst der Vor-Ort-Apotheken, sondern auch den Versand von Arzneimitteln durch deutsche Versandapotheken. Die Einhaltung dieser Vorschriften wird von den zuständigen Behörden sorgfältig und regelmäßig geprüft.“

Dass EU-Versender sich diesen Kontrollen entziehen können, sorgt Pilsinger zufolge für ein Ungleichgewicht im Arzneimittelmarkt. „Versandapotheken aus dem EU-Ausland, allen voran DocMorris und Shop Apotheke, entziehen sich diesen strengen Anforderungen schon seit Jahren.“ Eine Überwachung der in Deutschland maßgeblichen Bestimmungen finde derzeit nicht statt – zu diesem Schluss kommt auch der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestags in einem kürzlich veröffentlichten Gutachten. „Kein Wunder also, dass die EU-Versender ihre Umsätze und Marktanteile in den vergangenen Jahren erheblich steigern konnten, während die Vor-Ort-Apotheken in Deutschland das Nachsehen haben“, kritisiert der CSU-Mann.

Geschmolzene Zäpfchen und zerplatzte Dragees

Die Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands (APD) warnt in einer aktuellen Stellungnahme, die Pilsinger seinem Schreiben beigefügt hat, ebenfalls vor einer gefährlichen Überwachungslücke bei den ausländischen Versandapotheken. „Eine Einhaltung der vorgeschriebenen Transportbedingungen und deren Überwachung finden in der Regel nicht statt“, heißt es darin. Bei stichprobenartigen Untersuchungen von Paketen aus den Niederlanden wurden laut APD sogar geschmolzene Zäpfchen und aufgeplatzte Dragees entdeckt. „Der Leidtragende ist der deutsche Verbraucher, der unter Umständen ein wirkungsloses Arzneimittel erhält, ohne dass er es weiß“, unterstreichen die Pharmazieräte. Es sei daher „dringendst erforderlich“, die bestehende Überwachungslücke zu schließen. Deutsche Behörden müssen demnach bei Verstößen konsequent eingreifen und ihre Anordnungen auch durchsetzen können.

Kein Nachweis, kein Geld

Zudem verweist Pilsinger auf einen kürzlich in der DAZ erschienenen Artikel („Hitzefrei: Wie die (Transport-)Temperatur die Stabilität von Arzneimitteln beeinflusst“). Darin betont Regina Scherließ, Professorin für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, den Stellenwert einer korrekten Lager- und Versandtemperatur für Medikamente. Nur wenn die im Rahmen der Zulassungsuntersuchungen evaluierten Lagerbedingungen und die Laufzeit des Arzneimittels ordnungsgemäß eingehalten werden, seien „Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und Qualität des Arzneimittels uneingeschränkt sichergestellt“.

Pilsinger appelliert an das Verantwortungsbewusstsein der Abgeordneten. „Mit dem VOASG haben wir als CDU/CSU-Fraktion die Möglichkeit, dringend notwendige Regelungen zur Sicherstellung der Arzneimittelsicherheit in Deutschland zu schaffen“, schreibt er und erinnert an den Koalitionsvertrag. Unter dem Punkt 
„E-Health und Gesundheitswirtschaft“ heißt es: „Wir wollen die Arzneimittelsicherheit durch weitere Maßnahmen von der Produktion über den Transport bis zum Endverbraucher gewährleisten.“ Die Einführung von Qualitätskriterien für den Versandhandel mit Arzneimitteln könne bewirken, dass „die Arzneimittelsicherheit künftig auch im grenzüberschreitenden Handel mit ausländischen Versandapotheken gewährleistet ist“.

Seinem Schreiben zufolge hat Pilsinger Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) daher gebeten, das VOASG an folgenden Stellen zu ändern:


1. In Anlehnung an die Regelungen der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) sollte der Versand durch Versandhandelsapotheken mit der Auflage versehen werden, dass die Arzneimittel so verpackt, transportiert und ausgeliefert werden, dass ihre Qualität und Wirksamkeit erhalten bleibt. Die Einhaltung der Versand- und Lagerbedingungen muss regelmäßig kontrolliert und konsequent durchgesetzt werden – z.B. mittels entsprechender Temperaturkontrollen. Insbesondere muss gewährleistet sein, dass auch ausländische Versandapotheken sich an die Auflagen halten. 
2.
 Um gewährleisten zu können, dass Patientinnen und Patienten jederzeit ein wirksames, unbedenkliches und qualitativ hochwertiges Arzneimittel erhalten, sollte eine Zustellung künftig zudem ausschließlich durch pharmazeutisches Fachpersonal erfolgen.“

Stephan Pilsinger (CSU) in einem Schreiben an seine Bundestagsfraktion


„Damit eine Einhaltung dieser Regelungen gewährleistet ist, sollte die Gesetzliche Krankenversicherung Zahlungen zudem nur noch an die Apotheken leisten dürfen, die nachweisen können, dass sie sich an die geltenden Vorschriften halten“, so Pilsinger weiter. „Wir sollten die Chance nutzen, mit dem VOASG endlich verbindliche Regelungen zur Gewährleistung der Arzneimittelsicherheit in Deutschland im Sinne des Koalitionsvertrages zu schaffen. Hierfür bitte ich um Ihre/Eure Unterstützung.“



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Lobenswerter Einsatz vom CSU-Abgeordneten Pilsinger

von Dr. Jürgen Leikert am 20.10.2020 um 8:56 Uhr

Lobenswert, dass sich Herr Pilsinger für gleiche und auch kontrollierte Qualitätsstandards zum Wohle der Patienten zwischein In- und ausländischen Apotheken einsetzt.

Trotzdem erstaunlich bis schwer zuverstehen ist, dass der CSU-Abgeordnete andere Politiker auf die Notwendigkeit von gleichen Qualitätsstandards bei der Arzneimittelabgabe/Lieferung hinweisen muss. Sollte eigentlich das selbstverständliche Ziel aller Abgeordneten und auch Krankenkassen sein, dass deutsche Gesetze zum Schutz und Wohle der Patienten von allen "Playern" eingehalten werden.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Lobenswerter Einsatz vom CSU-

von Heiko Barz am 20.10.2020 um 14:01 Uhr

Glauben Sie wirklich, Herr Kollege, dass es momentan irgendjemand antreibt, „zum Wohle der Patienten“ zu agieren?
Unsere Berufspflichten werden erst dann wieder eingefordert, wenn alle anderen Wege versperrt sind. Siehe: Desinfektionsmittelmittel (eine arbeitsspezifische Lachnummer!) und neben vielem Anderen nun auch neuerdings der Corona Test in der APO. Die inkompetente, mit Zwangsbeiträgen gefütterte Verschworenengemeinschaft aus der Heidestrasse weiß doch gar nicht mehr, wohin der Hase wirklich läuft. Die rufen doch wahrscheinlich lieber immer erst mal bei Spahn an, was sie nun in welchem Fall regierungsdevot tun sollen. Da glaubt man sich eher an den Pferdesport erinnert mit „mal Hüh und mal Hot“!!

CSU-Hilfe

von Roland Mückschel am 19.10.2020 um 17:36 Uhr

Bevor bei den Auslandsversender pharmazeutisches
Personal zur Auslieferung eingesetzt wird kommt
Aloisius mit einer Mass Bier vom Himmel zu uns.
Typisches Platzpatronenfeuer der CSU-Gebirgsschützen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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