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Wie die (Transport-)Temperatur die Stabilität von Arzneimitteln beeinflusst

Für alle Waren, die hergestellt und gehandelt werden, gelten warenspezifische Anforderungen hinsichtlich der Lagerung und des Transports. So soll die Ware vor Zerstörung geschützt und in der hergestellten Qualität erhalten werden, um den Verbraucher keinem durch Lagerung und/oder Transport verursachten Risiko beim Gebrauch der Ware auszusetzen. Dies ist für Arzneimittel nicht anders. Aber Arzneimittel stellen eine besondere Ware dar, da sie in der Regel einen pharmakologischen Effekt erzielen sollen – also direkt in das komplexe und noch immer nicht umfassend aufgeklärte Zusammenspiel von Molekülen im menschlichen Körper eingreifen – und zumeist an erkrankten – also bereits geschädigten und daher besonders empfindlichen – Menschen angewendet werden. | Von Regina Scherließ

Die Sicherheit der besonderen Ware Arzneimittel spielt daher eine besonders große Rolle und steht schon bei der Zulassung eines Arzneimittels im Sinne der pharmazeu­tischen Trias „Wirksamkeit, Unbedenklichkeit, Qualität“ im Zentrum der Bewertung.

Bedingungen für den Transport von Arzneimitteln im Rahmen des Handels

Der Transport von Arzneimitteln erfolgt in verschiedenen Zusammenhängen und ist dementsprechend in unterschiedlichen Regularien geregelt. Für den großhändlerischen Transport gelten, ebenso wie für den Versand von Arzneimitteln vom Hersteller zum Großhandel oder Kunden, die Regeln der „Good Distribution Practice of Medicinal Products for Human Use“ (GDP), welche explizite Anforderungen zur Kontrolle der Vertriebskette und zum Aufrechterhalten der Qualität und Unversehrtheit von Arzneimitteln beinhalten [1]. Diese umfassenden Regeln tragen der Tatsache Rechnung, dass der Transport von Arzneimitteln hier Kernbestandteil der Handelsaktivität ist und in großem Umfang stattfindet. Dabei ist klar definiert, dass die Lagerbedingungen für das jeweilige Arzneimittel, wie sie vom Hersteller auf der Packung deklariert sind, auch während des Transports eingehalten werden müssen.

Für die von der Apotheke vor Ort im individuellen Fall und per apothekeneigenem Botendienst ausgelieferten Arzneimittel, die in der Regel nur noch einen kurzen Weg von der Vor-Ort-Apotheke bis zum Patienten zurücklegen müssen und dementsprechend kurz unterwegs sind, legt die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) fest, dass eine zuverlässige Lieferung an den Empfänger sicherzustellen ist [2]. Dies beinhaltet auch die Einhaltung der Temperaturanforderungen, gegebenenfalls nachgewiesen durch Temperaturkontrollen.

Eine Apotheke, die eine Versanderlaubnis hat (Versandapotheke), versendet Arzneimittel typischerweise über längere Wege, wobei häufig Unterauftragnehmer (Paketdienste) als Transporteure agieren. Hier gelten ebenfalls die Regelungen der Apothekenbetriebsordnung, welche vorsehen, dass das Arzneimittel so verpackt, transportiert und ausgeliefert wird, dass seine Qualität und Wirksamkeit erhalten bleibt. Dabei zielt die ApBetrO insbesondere auf die für das Arzneimittel geltenden Temperaturanforderungen ab, welche während des Transports bis zur Abgabe an den Empfänger eingehalten werden müssen. Die Einhaltung der Vorgaben muss bei „besonders temperaturempfindlichen Arzneimitteln“ gegebenenfalls durch mitgeführte Temperaturkontrollen valide nachgewiesen werden [2].

Hier bleibt offen, was der Gesetzgeber unter „besonders temperaturempfindlichen Arzneimitteln“ versteht, wobei die Bundesministerien in ihrem Kommentar zur Verordnung zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung von einem Marktanteil von 5% ausgehen [3]. Daher dürften damit die Arzneimittel gemeint sein, die als Kühlartikel mit einer maximalen Lagertemperatur von 8 °C deklariert sind sowie die kühlkettenpflichtigen Arzneimittel, die innerhalb der gesamten Lieferkette sowie bei der Lagerung ohne Unterbrechung zwischen 2 °C und 8 °C gekühlt werden müssen [4, 5].

Temperaturempfindlichkeit des Arzneimittels berücksichtigen

Diese Unterscheidung (kühl lagern bzw. kühlkettenpflichtig) ist eine deutsche Besonderheit [6]. In der europäischen Gesetzgebung ist nur in Ausnahmefällen vorgesehen, eine Deklaration „store and transport refrigerated“ vorzunehmen, typischerweise bezieht sich die Angabe auf der Packung nur auf die Lagerung [7]. Für den Großhandels­transport ist dies ohnehin unerheblich, da nach GDP der Transport bei Lagerbedingungen erfolgen muss. Nach der oben stehenden Interpretation „besonders temperaturempfindlicher Arzneimittel“ müsste folgerichtig auch für die kühl zu lagernden Arzneimittel im Botendienst/Versandhandel gegebenenfalls eine Temperaturkontrolle erfolgen. In der Verordnung zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung und der Arzneimittelpreisverordnung wird dazu einschränkend erwähnt, dass die Notwendigkeit im Ermessen des Apothekenleiters liegt, der im Rahmen einer Risiko­abschätzung neben der Temperaturempfindlichkeit des Arzneimittels auch die Transportdauer sowie die Wetter­verhältnisse berücksichtigen soll [3]. Dabei ist der zum Teil länderübergreifende Transport auf dem Versandweg an heißen Sommertagen, gegebenenfalls in Fahrzeugen von Unterauftragnehmern und über einen Zeitraum von mehr als 24 Stunden, sicher kritischer zu sehen als der Botendienst der Apotheke vor Ort.

Stabilität eines Arzneimittels

Aus wissenschaftlicher Sicht ist klar, dass die Temperatur immer einen wesentlichen Einfluss auf die Stabilität eines Arzneimittels nimmt. Dabei ist Stabilität aus mikrobiologischer, physikalischer und chemischer Sicht zu bewerten.

mikrobiologische Aspekte
In grundsätzlich anfälligen, insbesondere wasserhaltigen, Arzneimitteln, die nicht steril und damit frei von vermehrungsfähigen Keimen sind, sind Keime enthalten und können sich Keime vermehren. Dabei ist die Vermehrungsrate vom Keim selbst und von den Umgebungsbedingungen abhängig. Typischerweise ist das Keimwachstum bei niedrigen Temperaturen gehemmt, bei etwas höheren Temperaturen ist das Wachstum erhöht. Da dies grundsätzlich zu begrenzen ist, sind anfälligen Arzneimitteln in der Regel Konservierungsmittel zugesetzt. Zusätzlich ist das Arzneimittel so verpackt, dass das Eindringen von Keimen im originalverpackten Zustand ausgeschlossen ist. Daher wäre bei der (zeitweisen) Überschreitung von Lagertemperaturen kein nennenswerter Effekt im Sinne der mikrobiologischen Stabilität des Arzneimittels zu erwarten. Das wäre deutlich anders, wenn es sich um ein bereits angebrochenes Arzneimittel handeln würde.

physikalische Aspekte
Die physikalische Stabilität eines Arzneimittels bezieht sich auf die Integrität der Arzneiform (beispielsweise hinsichtlich sensorischer Veränderungen, Emulsionsstabilität, mechanischer Festigkeit von Tabletten und Partikelstabilität/Kristallwachstum), welche durch Umweltfaktoren wie Temperatur und Feuchte beeinflusst werden kann. Daher wird bei empfindlichen Arzneimitteln sehr auf eine feuchtigkeitsundurchlässige Verpackung geachtet. Insbesondere für halbfeste Systeme nimmt die Temperatur beziehungsweise nehmen Temperaturschwankungen großen Einfluss auf die physikalische Stabilität eines Arzneimittels und hier kann das Packmittel in der Regel wenig Schutz bieten. Daher sind eine temperaturkonstante Lagerung und ein temperaturkonstanter Transport hier am sichersten, in keinem Fall sollten die Lagerbedingungen verlassen werden. Die physikalische Stabilität eines Arzneimittels kann auch durch kurzzeitige extreme Abweichungen (spikes) von den vorgegebenen Temperaturen nachhaltig beeinflusst bleiben (beispiels­weise wenn ein Suppositorium geschmolzen ist, kann es sich zwar wieder verfestigen, aber nicht in der ursprünglich vorgesehenen Weise).

chemische Aspekte
Die chemische Stabilität bezieht sich auf die im Arzneimittel enthaltenen Substanzen, insbesondere auf den Wirkstoff, dessen Gehalt bis zum Ende der Laufzeit maximal 10% Verlust aufweisen darf [8]. Daneben werden auch Reinheit und Abbauprodukte betrachtet, da über die Laufzeit auftretende Veränderungen auch die Unbedenklichkeit des Arzneimittels nicht beeinflussen dürfen. Arzneimittel sind in der Regel keine thermodynamisch stabilen Systeme und mit Abbaureaktionen muss immer gerechnet werden. Dabei hat jede Substanz ein charakteristisches Abbauverhalten, welches häufig mit einer Kinetik 1. Ordnung beschrieben werden kann und das stark von den Umgebungsbedingungen abhängig ist. Dabei können diverse Faktoren die Reaktion anstoßen, begünstigen oder beschleunigen, indem sie die nötige Aktivierungsenergie liefern (z. B. in Form von Licht oder Wärme) oder die Reaktion katalysieren. Chemische Reaktionen laufen mit zunehmender Temperatur zunächst in der Regel beschleunigt ab, während kühlere Temperaturen die Reaktion verlangsamen können. Daher kann man als grobe Regel nach vanʼt Hoff annehmen, dass sich die Reaktionsgeschwindigkeit pro 10 K Temperaturerhöhung verdoppelt bis verdreifacht. Genauer kann die Temperaturabhängigkeit von entsprechenden Abbaureaktionen mithilfe der Arrhenius-Gleichung betrachtet werden. Diese findet auch im Rahmen der beschleunigten Stabilitätsprüfung bei erhöhten Temperaturen zur Abschätzung einer Laufzeit bei moderaten Temperaturen Anwendung, da aus Geschwindigkeitskonstanten bei erhöhten Temperaturen auf die Reaktionsgeschwindigkeit bei beispielsweise 25 °C extrapoliert werden kann. Es lässt sich schwer vorhersagen, welchen Effekt Temperaturschwankungen und Abweichungen von der angegebenen Lagertemperatur auf die chemische Stabilität eines Arzneimittels haben. Selbst wenn die tatsächliche Temperatur, der das Arzneimittel ausgesetzt ist, lückenlos dokumentiert wäre und dementsprechend eine Berechnung mithilfe der mittleren kinetischen Temperatur möglich wäre [9], so ist ohne explizite Daten doch nicht nachzuvollziehen, welchen Effekt die dabei entstandenen Reaktionsprodukte auf den weiteren Verlauf der Abbaureaktion haben. Daher sollten Arzneimittel nicht außerhalb der vorgesehenen Temperaturbereiche gelagert und transportiert werden.

Stabilitätsuntersuchungen und Lagerbedingungen

Allgemein hält das Europäische Arzneibuch fest, dass die Stabilitätsanforderungen an pharmazeutische Zubereitungen von der beabsichtigten Verwendung und der gewünschten Lagerungsdauer abhängen [10]. Dabei sollen die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Abbau- und Reaktionsprodukten sowie deren Gefahr beurteilt und Grenzwerte festgelegt werden. Für zugelassene Produkte erfolgt dies im Zuge von Stabilitätsstudien, welche nach den Qualitätsrichtlinien der International Conference on Harmonisation of technical requirements for registration of pharmaceuticals for human use (ICH) erfolgen [11]. Im Rahmen der Zulassungsuntersuchungen dienen diese Stabilitätsstudien zur Festlegung der Lagerbedingungen und Laufzeiten; über den Produktlebenszyklus müssen die Hersteller zudem fortlaufende Langzeitstabilitätsdaten bei den vorgegebenen Lagerbedingungen sammeln. Die meisten Arzneimittel sollten bei „normalen“ Umgebungsbedingungen lagerfähig sein. Wie diese aussehen, ist von der Klimazone abhängig, in der das Produkt vertrieben werden soll. Die WHO definiert vier Klimazonen von „moderat“ bis „heiß und feucht“. Daran orientieren sich die Bedingungen für die nach ICH vorzunehmenden Stabilitätsprüfungen, die allesamt auf der mittleren kinetischen Temperatur einer entsprechenden Klimazone basieren und also berücksichtigen, dass kurzzeitige Über- und Unterschreitungen der Umgebungstemperatur zu einem vergleichbaren Effekt führen wie die konstante Lagerung bei der angegebenen Temperatur. In der Prüfung müssen zudem immer mehrere Bedingungen geprüft werden (long-term storage und intermediate/accelerated), um auch den Effekt kurzzeitiger Abweichungen von den gewählten Lagerbedingungen, wie sie beispielsweise beim täglichen Umgang mit den Arzneimittelpackungen oder beim Transport vorkommen können, zu evaluieren. Weitere Richtlinien beschäftigen sich mit dem Einfluss von Licht auf die Stabilität. Das Ziel der Stabilitätsstudien ist also die Festlegung von Lagerbedingungen, bei denen die Spezifikationsgrenzen zum Ende der ebenfalls vom Hersteller festzulegenden Laufzeit noch nicht unterschritten sind. Die auf der Packung vermerkten Angaben zu Lager- und Transport­bedingungen ergeben sich dann direkt aus den im Rahmen der Zulassung durchgeführten Stabilitätsuntersuchungen, Tabelle 1 zeigt die Einteilung entsprechend der Richtlinien der European Medicines Agency (EMA) [7]. Im Sinne der Arzneimittelstabilität sollte der Transport von Arzneimitteln bestenfalls bei Lagerbedingungen erfolgen.

Tab.: Einteilung der Angaben zu Lager- und Transportbedingungen nach den EMA-Richtlinien [7]. (rF: relative Luftfeuchtigkeit)
Langzeit-Stabilität belegt bei
Kennzeichnung des Arzneimittels
gegebenenfalls zusätzliche Angaben, wenn relevant
25 °C/60% rF oder 30 °C/65% rF (sowie 40 °C/75% accelerated)
unterliegt keinen besonderen Lagerbedingungen
nicht im Kühlschrank lagern oder einfrieren
25 °C/60% rF (sowie 30 °C/65% rF intermediate) oder
30 °C/65% rF
nicht bei Temperaturen oberhalb 30 °C lagern
nicht im Kühlschrank lagern oder einfrieren
25 °C/60% rF
nicht bei Temperaturen oberhalb 25 °C lagern
nicht im Kühlschrank lagern oder einfrieren
5 °C ± 3 °C
im Kühlschrank lagern*, **
nicht einfrieren
< 0 °C
im Gefrierfach lagern*, ***

* genauer Temperaturbereich, z. B. 2 bis 8 °C, soll angegeben werden

** unter Berücksichtigung der Daten 25 °C/60% rF (accelerated) soll entschieden werden, ob im Einzelfall auch Transport unter Kühlkette nötig ist

*** Lagerung und Transport < 0 °C soll nur angegeben werden, wenn kritisch

Insgesamt sind verschiedene Arzneimittelgruppen unterschiedlich stark gefährdet [12]. Offensichtlich ist, dass sehr temperaturempfindliche Arzneimittel sorgfältig gelagert und transportiert werden müssen, damit sie ihre Wirksamkeit nicht einbüßen. Diese fallen in die beiden letztgenannten Stabilitätskategorien von kühl oder sogar gefroren zu lagernden Arzneimitteln. Dabei ist auch zu berücksichtigen, in welchem Packmittel die Präparate in Verkehr gebracht wurden, insbesondere kleinvolumige und dünnwandige Gefäße führen zu einem raschen Wärme-/Kälteaustausch und sind daher besonders empfindlich gegenüber Abweichungen von der Lagertemperatur. Bei der Lagerung und dem Transport muss hier nicht nur auf ausreichende Kühlung geachtet werden, sondern auch darauf, dass die Temperatur nicht zu niedrig wird und ein kühl zu lagerndes Arzneimittel gegebenenfalls einfriert. Das kann passieren, wenn ein gefrorener Kühlakku zur Kühlung beim Transport verwendet wird, der in direkten Kontakt zum Arzneimittel kommt. Daher ist in den GDP-Richtlinien explizit vorgeschrieben, dass dies unbedingt zu vermeiden ist. Aber auch für scheinbar „normale“ Arzneimittel ist die Lager- und Transporttemperatur wesentlich und Abweichungen davon können zu nachhaltigen Qualitätsmängeln führen. Zum Beispiel gehören dazu:

  • Zäpfchen aus Hartfett, welche bei Überschreiten der Lagertemperatur schmelzen können
  • halbfeste Zubereitungen wie Cremes, Salben oder Gele, welche sich bei Temperaturerhöhung in ihrer Konsistenz verändern und bei mehrphasigen Systemen trennen können; zudem kann es zu Ausfällungen und Partikelwachstum kommen
  • Weichgelatinekapseln, welche bei hohen Temperaturen reißen und auslaufen können
  • Transdermale therapeutische Systeme (Arzneipflaster), deren Inhalt sich bei erhöhten Temperaturen verflüssigt und austreten kann; zudem verändert sich die Freigabe­rate bei erhöhten Temperaturen und die Klebeeigenschaften können sich verändern
  • Dosieraerosole, die unter Druck stehen, hier können sich bei erhöhten Temperaturen Haarrisse bilden, durch die der Inhalt austreten kann
  • Hormonpräparate, z. B. die Antibabypille, die bei Überschreitung der Lagertemperatur rasch ihre Wirksamkeit einbüßen
  • Säfte, Lösungen und pflanzliche Extrakte, hier können Temperaturschwankungen zu Ausfällungen führen

Anschaulich wurde eines dieser Probleme anhand des Transports einer Metronidazol-haltigen Zubereitung im Rahmen einer Ringversuchsüberprüfung beobachtet und mit Stabilitätsstudien wissenschaftlich nachverfolgt [13, 14]. Nachdem die Zubereitungen bei sommerlichen Temperaturen ohne weitere temperaturstabiliserende oder kühlende Maßnahmen versendet wurden, fiel in den analysierten Zubereitungen Kristallwachstum des suspendierten Arzneistoffes auf, der in mikronisierter Form in den Zubereitungen eingesetzt worden war. Metronidazol ist ein Wirkstoff, dessen Löseeigenschaften temperaturabhängig sind. Daher hat sich beim warmen Transport zusätzlicher Wirkstoff in der Zubereitung gelöst und ist anschließend wieder ausgefallen, wobei er sich an noch bestehenden Wirkstoffpartikeln anlagert (Ostwald-Reifung). Dies lässt sich nur verhindern, wenn die Zubereitung möglichst temperaturstabil gelagert und transportiert wird. Daher muss großer Wert auf die Einhaltung der im Rahmen der Stabilitätsstudien festgelegten Lagerbedingungen für Arzneimittel gelegt werden.

Fazit

Die Stabilität und damit Wirksamkeit aller Arzneimittel ist temperaturabhängig, wobei es empfindliche und weniger empfindliche Arzneimittel gibt. Dies wird vom Hersteller im Rahmen der Zulassungsuntersuchungen evaluiert und ergibt die entsprechenden Lagerbedingungen sowie die Laufzeit des Arzneimittels. Nur bei diesen Bedingungen sind Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und Qualität des Arzneimittels uneingeschränkt sichergestellt.

Für die Abgabe von Arzneimitteln an den Kunden (insbesondere bei hochsommerlichen Temperaturen) sollten die Lagerbedingungen bekannt sein und entsprechende Transport- und Lagerhinweise gegeben werden. Dabei sollte das Arzneimittel grundsätzlich möglichst rasch nach Hause gebracht werden und keinesfalls längere Zeit im Auto liegen. Gegebenenfalls bietet sich für den Weg das Verpacken in eine Isoliertasche oder -box an, um ein rasches Erwärmen des Arzneimittels zu verhindern.

Bei kühl zu lagernden Arzneimitteln sollte auch der Transport unter entsprechend kühlen Bedingungen gewährleistet sein. Hier kann ein kühlschrankkalter (nicht gefrorener) Kühlakku in der Isoliertasche mitgegeben werden. Auch zu Hause sollte auf die Lagerung bei entsprechenden Bedingungen geachtet werden.  |

 

Literatur

 [1] Guidelines on Good Distribution Practice of medicinal products for human use. in: Commission E (Ed.) 2013

 [2] Verordnung über den Betrieb von Apotheken (Apothekenbetriebsordnung – ApBetrO), in: Bundesministerium der Justiz (BMJ) (Ed.) 2020

 [3] Verordnung zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung und der Arzneimittelpreisverordnung. Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMW), Stand: Oktober 2019

 [4] Arzneimittel mit speziellen Anforderungen. Die Apotheke – Zahlen, Daten, Fakten. Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e. V. (ABDA) 2019

 [5] Kühllagerung von Arzneimitteln, Faktenblatt 2019, Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e. V. (ABDA), www.abda.de/aktuelles-und-presse/faktenblaetter/

 [6] Diskrepante Angaben zu Kühllagerung und -transport. Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e. V. (ABDA) 2014, www.abda.de/fuer-apotheker/arzneimittelkommission/amk-nachrichten/detail/33-14-informationen-diskrepante-angaben-zu-kuehllagerung-und-transport/

 [7] Guideline on the declaration of storage conditions. Committee for human medicinal products (CHMP), in: EMA (Ed.) 2003, www.ema.europa.eu/en/documents/scientific-guideline/guideline-declaration-storage-conditions_en.pdf

 [8] Richtlinie Haltbarkeit und Haltbarkeitsprüfung von Arzneimitteln. Arbeitsgemeinschaft für Pharmazeutische Verfahrenstechnik e. V. (APV), Pharmazeutische Industrie 1985;47:627-632

 [9] Herzog R. Trau keinem über 25 ... Über Lagertemperaturen in Apotheken: nachgedacht und nachgerechnet. DAZ 2013;39:42

[10] Pharmacopoea Europaea, in: EDQM (Ed.), 9.0, 2017

[11] Quality guideline Q1A: Stability Testing of New Drug Substances and Products. International Council for Harmonisation (ICH) 2003, www.ich.org/page/quality-guidelines

[12] Born L. Temperaturfibel für Apotheken – Arzneimittel richtig lagern und transportieren. Govi Verlag 2019, Eschborn

[13] Schlegel L, Latsch H, Schüßler K, Wagner I, Abdel-Tawab M. Kristallwachstum in Metronidazol-Cremes. Pharm Ztg 2019, www.pharmazeutische-zeitung.de/kristallwachstum-in-metronidazol-creme/

[14] Kristallwachstum in Metronidazol-Cremes bei sommerlichen Temperaturen. ZL News 2017, Informationen des Zentrallaboratoriums der deutschen Apotheker, www.zentrallabor.com/pdf/ZL-News_Metro­dinazol.pdf

Autorin

Prof. Dr. Regina Scherließ ist seit September 2017 Professorin für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. 2008 Promotion, 2015 Habili­tation. Forschungsaufenthalte an der University of Sydney, der University of Otago (Neuseeland) und der University of Colorado.

Hinweis

Dieser Beitrag wurde im Rahmen der Zusammenarbeit von Prof. Dr. Regina Scherließ mit dem Phagro | Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels e. V. bezüglich der pharmazeutisch-naturwissenschaftlichen Schulung für die Verantwortliche Person im pharmazeutischen Großhandel zum Thema „Lager- und Transportbedingungen“ erstellt.

Der Phagro hat einen Kurzfilm erstellen lassen, in dem die Leitlinie zur Guten Vertriebspraxis beim Transport von Arzneimitteln (Good Distribution Practice of Medicinal Products for Human Use, GDP) thematisiert wird.

Geben Sie den Webcode Y9PY2 direkt in die Suchfunktion auf DAZ.online unter www.deutsche-apotheker-zeitung.de ein und Sie gelangen zum Film.

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