Erste Daten aus nahtloser Phase 1/2/3-Studie

Regenerons Antikörpercocktail REGN-COV2

Remagen - 12.10.2020, 11:45 Uhr

Dr. Leonard S. Schleifer (zweiter v.r.), Gründer und Geschäftsführer von Regeneron Pharmaceuticals, sprach während eines Treffens mit der Coronavirus-Task-Force und Führungskräften der pharmazeutischen Industrie am 2. März 2020 im Weißen Haus in Washington. (c / Foto: imago images / ZUMA Press)

Dr. Leonard S. Schleifer (zweiter v.r.), Gründer und Geschäftsführer von Regeneron Pharmaceuticals, sprach während eines Treffens mit der Coronavirus-Task-Force und Führungskräften der pharmazeutischen Industrie am 2. März 2020 im Weißen Haus in Washington. (c / Foto: imago images / ZUMA Press)


Regeneron hat vor wenigen Tagen die ersten Daten aus einer deskriptiven Analyse einer nahtlosen Phase 1/2/3-Studie mit seinem Antikörpercocktail gegen COVID-19 bekannt gegeben. Sie zeigen, dass REGN-COV2 die Viruslast reduziert und die Zeit bis zur Linderung der Symptome bei nicht hospitalisierten Patienten mit COVID-19 verkürzt. Patienten mit höherer Viruslast zu Studienbeginn profitierten am meisten von diesem Effekt.

Die von dem US-Biotechnologie-Unternehmen entwickelte Kombination aus zwei monoklonalen Antikörpern (REGN10933 und REGN10987) mit Namen REGN-COV2 gehört zu den größten Hoffnungsträgern im Kampf gegen COVID-19. Präklinische Studien haben gezeigt, dass REGN-COV2 die Virusmenge und die damit verbundenen Schäden in der Lunge von Primaten verringert. Die laufende, randomisierte Doppelblindstudie, zu der jetzt die ersten Ergebnisse bekannt gemacht wurden, misst den Effekt der zusätzlichen Gabe des Antikörpercocktails zur Standardversorgung im Vergleich zu Placebo plus Standardversorgung. Sie soll die antivirale Aktivität von REGN-COV2 bewerten und Patienten mit bestätigtem COVID-19 identifizieren, die am wahrscheinlichsten von der Behandlung profitieren. 

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Die in die Studie einbezogenen ambulanten Patienten erhalten entweder eine einmalige Infusion von 8 g (hohe Dosis) oder 2,4 g REGN-COV2 (niedrige Dosis) oder Placebo. Sie wurden vor der Behandlung prospektiv durch serologische Tests in zwei Gruppen eingeteilt, je nachdem, ob sie bereits selbst Antikörper gegen SARS-CoV-2 gebildet haben oder nicht – und danach als seronegativ oder seropositiv eingestuft. Die jetzt veröffentlichte deskriptive Analyse umfasst die ersten 275 Patienten, die an der Studie teilnahmen. Ungefähr 45 Prozent der Patienten waren seropositiv, 41 seronegativ, und 14 Prozent wurden aufgrund eines unklaren oder unbekannten serologischen Status als „andere“ klassifiziert. Als weiterer Faktor wurde die vorhandene Viruslast beim Start der Behandlung berücksichtigt.

REGN-COV2 erreicht virologischen Schlüsselendpunkt

Die wichtigsten Datenergebnisse sind laut Regeneron folgende:

  • Der serologische Status korrelierte stark mit der Viruslast zu Studienbeginn (p<0,0001). Seropositive Patienten hatten zu Studienbeginn viel niedrigere Viruskonzentrationen und erreichten auch ohne Behandlung schnell eine Viruslast, die sich den niedrigsten quantifizierbaren Konzentrationen (LLQ) näherte. Im Gegensatz dazu hatten seronegative Patienten zu Studienbeginn wesentlich höhere Virusspiegel und eliminierten das Virus ohne Behandlung langsamer.
  • REGN-COV2 reduzierte die Viruslast bei seronegativen Patienten bis zum siebten Tag. Damit wurde der virologische Schlüsselendpunkt erreicht.
  • Patienten mit zunehmend höheren Virusgrundwerten hatten am Tag sieben nach der REGN-COV2-Behandlung eine entsprechend stärkere Verringerung der Viruslast. Bei einer Viruslast oberhalb 105 Kopien/ml ergab sich eine Reduktion um etwa 50 bis 60 Prozent, bei einer Viruslast oberhalb 106 Kopien/ml eine Reduktion um circa 95 Prozent und bei einer Viruslast oberhalb 107 Kopien/ml eine Reduktion um etwa 99 Prozent, jeweils im Vergleich zu Placebo.
  • Der serologische Status zu Studienbeginn sagte voraus, wie schnell die klinischen COVID-19-Symptome gelindert werden konnten. Unter den Placebo-Patienten hatten die seropositiven eine mittlere Zeit bis zur Linderung der Symptome von sieben und seronegative von 13 Tagen.
  • Patienten, die seronegativ waren und/oder höhere Virusgrundwerte hatten, hatten größere Vorteile hinsichtlich der Linderung der Symptome. Die mediane Zeit bis zur Linderung der Symptome (definiert als milde oder fehlende Symptome) betrug für Placebo 13 Tage, unter der hohen Dosis acht Tage (p=0,22) und bei der niedrigen sechs Tage (p=0,09). Patienten mit steigender Virusbelastung zu Beginn hatten entsprechend mehr Nutzen hinsichtlich der Zeit bis zur Symptomlinderung.
  • Die meisten nicht im Krankenhaus behandelten Patienten erholten sich zu Hause gut. Es gab nur eine kleine Anzahl von medizinischen Konsultationen. Zehn der zwölf Konsultationen (definiert als Krankenhausaufenthalte oder Notaufnahmen, Notfallversorgung oder telemedizinische Betreuung wegen COVID-19) traten bei Patienten auf, die zu Studienbeginn seronegativ waren.
  • Beide Dosen wurden gut vertragen. Es gab keine Todesfälle.

Regeneron weist darauf hin, dass alle p-Werte nominal sind, da es sich um eine deskriptive Analyse handelt.

REGN-COV2 – therapeutischer Ersatz für die natürliche Immunantwort?

„Der größte Behandlungsvorteil bestand bei Patienten, die keine eigene wirksame Immunantwort hatten“, hebt George D. Yancopoulos, Präsident und Chief Scientific Officer von Regeneron, hervor. „Das deutet darauf hin, dass REGN-COV2 ein therapeutischer Ersatz für die natürlich vorkommende Immunantwort sein könnte.“

Die nächste Kohorte, mit der diese Ergebnisse schnell und prospektiv bestätigt werden könnten, wurden nach Angaben von Regeneron bereits eingeschrieben. Für den Phase 2/3-Teil der ambulanten Studie sollen insgesamt mindestens 1.300 Patienten rekrutiert werden. Zusätzlich zu dieser Studie an nicht stationären Patienten wird REGN-COV2 derzeit 

  • in einer klinischen Phase-2/3-Studie zur Behandlung von COVID-19 bei stationären Patienten (NCT04426695),
  • in der offenen Phase-3-Studie RECOVERY an stationären Patienten in Großbritannien und
  • in einer Phase-3-Studie zur Prävention von COVID-19 bei Haushaltskontakten mit infizierten Personen (NCT04452318) untersucht.

Die Rekrutierung für alle vier Studien ist im Gange.

Trump hat Antikörper-Cocktail von Regeneron im Krankenhaus erhalten 

US-Präsident Donald Trump hält sich infolge seiner COVID-19-Erkrankung nach eigenen Angaben nun für „immun“ gegen das Coronavirus. Die Immunität sei für ihn wie ein „beschützender Glanz“, sagte Trump am Sonntag in einem telefonischen Interview mit dem Sender Fox News. Der 74-Jährige war nach eigenen Angaben am 1. Oktober positiv auf das Coronavirus getestet worden. Trump erkrankte an COVID-19 und wurde daher ab 2. Oktober drei Tage in einem Krankenhaus behandelt. In dem Interview warb Trump am Sonntag erneut für die COVID-19-Behandlung mit dem experimentellen Antikörper-Cocktail der Biotech-Firma Regeneron, den er im Krankenhaus erhalten hatte. 

Die von mehreren Herstellern entwickelten Antikörper-Cocktails sind jedoch noch nicht zugelassen und auf absehbare Zeit auch nur in relativ geringer Stückzahl verfügbar, darauf weist die Deutsche Presse-Agentur hin. Kritikern zufolge bewirbt Trump das Mittel als Wunderwaffe, um damit vor der Wahl am 3. November vom Versagen seiner Regierung bei der Eindämmung der Pandemie abzulenken. (dpa/dm)

Herstellung und Vertrieb durch Regeneron und Roche

Die Entwicklung und Herstellung von REGN-COV2 wurde zum Teil aus US-Bundesmitteln der Biomedical Advanced Research and Development Authority (BARDA) finanziert. Regeneron hat im August eine Partnerschaft mit Roche geschlossen, um das weltweite Angebot des Antikörpercocktails zu erhöhen. Wenn sich REGN-COV2 in klinischen Studien als sicher und wirksam erweist und behördliche Zulassungen erteilt werden, soll Regeneron es in den USA herstellen und vertreiben, und Roche wird diesen Part außerhalb der USA übernehmen.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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