Superfood – Beratungswissen Teil 5

MCT-Öl und Kokosöl

Stuttgart - 05.10.2020, 07:00 Uhr

Grundsätzlich sollte eine gesunde Ernährung möglichst viele ungesättigte Fettsäuren enthalten. Diesen Anspruch kann Kokosöl auch in seiner nativen Variante nicht erfüllen. (Foto: New Africa / stock.adobe.com)

Grundsätzlich sollte eine gesunde Ernährung möglichst viele ungesättigte Fettsäuren enthalten. Diesen Anspruch kann Kokosöl auch in seiner nativen Variante nicht erfüllen. (Foto: New Africa / stock.adobe.com)


Butter oder Margarine, was ist gesünder? Das war im vorigen Jahrhundert eine der wichtigsten Streitfragen rund ums Essen. Noch immer sorgen Fette in der Ernährung für viele Diskussionen. Dabei glauben viele Verbraucher offenbar lieber zweifelhaften Marketingversprechen als der Wissenschaft. Anders ist es nicht zu verstehen, dass MCT-Öl und Kokosöl in der Gunst gesundheitsbewusster Menschen ganz oben stehen und den Rang von Superfoods haben.

Mit dem Versprechen, schnell und problemlos schlank zu werden, lässt sich die „Gemeinde der Wundergläubigen“ offenbar am leichtesten ködern. Wie schön ist es doch, an ein „Abnehm-Fett“ zu glauben, das die Pfunde purzeln lässt, weil bei seiner Verbrennung so viel Energie verbraucht wird. MCT-Öle, aus Kokosöl gewonnen, oder gleich das gesamte Kokosöl erfreuen sich einer geradezu atemberaubenden Mund-zu-Mund-Propaganda, was ihren Gesundheitswert betrifft. Insbesondere Kokosöl scheint das ultimativ angesagte Fett bei jungen Müttern zu sein, die ihre Familien „alternativ“ und bewusst ernähren wollen.

Die Fakten 

MCT steht für „Medium Chain Triglycerids“. Es handelt sich um dreifache Ester des Glycerins mit gesättigten Fettsäuren mittlerer Kettenlänge (6 bis 12 Kohlenstoffatome), und zwar Capron-, Capryl-, Caprin- und Laurinsäure. Im Körper werden sie schneller als langkettige Fettsäuren gespalten und über die Pfortader direkt zur Leber transportiert. Sie haben den Vorteil, unabhängig von Gallensäuren und fettspaltenden Enzymen absorbiert zu werden. Aufgrund dieser Eigenschaften haben sie ihren festen Platz in der parenteralen Ernährung sowie in der diätetischen Therapie verschiedener Darmkrankheiten, insbesondere bei Fettverdauungs- und Lymphabflussstörungen, bei Morbus Crohn, Mukoviszidose oder nach Dünndarmoperationen. MCT kommen natürlicherweise in Butter, Kokosöl und Palmöl vor, auch in Milch und Muttermilch. Für die Diätetik werden spezielle Streichfette hergestellt, so sind zum Beispiel MCT-Margarinen im Handel.

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MCT-Fette haben tatsächlich 10 Prozent weniger Kalorien als andere Nahrungsfette. Sie führen in der ersten Zeit ihrer Anwendung zu einem höheren Sättigungsgefühl, und es wurden durchaus kurzfristige Gewichtsabnahmen beschrieben. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) räumt ein, dass auf diese Weise der Beginn einer Reduktionsdiät erleichtert werden kann, doch es komme sehr schnell zu einem Gewöhnungseffekt. Es gibt laut DGE keine wissenschaftlichen Beweise für Langzeiterfolge und erst recht nicht für eine Einstufung von MCT-Fetten als „Schlankmacher“ oder Kalorieneinsparer. Deshalb hält die DGE MCT-Fette zur Therapie der Adipositas nicht für empfehlenswert.

Unerwünschte Wirkungen 

Werden normale Nahrungsfette durch MCT-Fette ersetzt, können Unverträglichkeitsreaktionen auftreten, zum Beispiel Sodbrennen, Erbrechen, Bauchschmerzen, Durchfall. Bei Dauergebrauch würden essenzielle Fettsäuren und fettlösliche Vitamine fehlen. Bei der Verwendung in der Küche entwickeln MCT-Fette einen scharfen und bitteren Geschmack, vor allem wenn Speisen warm gehalten oder aufgewärmt werden. MCT-Öle eignen sich nicht zum Erhitzen, Braten, Frittieren.

Was über MCT im Netz kursiert 

Im Internet werden MCT-Fette als potente Antibiotika dargestellt, die jedoch die guten Darmbakterien unangerührt lassen. Diabetes mellitus, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Gicht – alles soll wirksam bekämpft werden und damit Herzinfarkt und Schlaganfall vorbeugen. Leber, Pankreas und Nieren sollen geschützt werden. Die Gedächtnisleistung soll steigen und der stressige Alltag besser bewältigt werden. Kaufen kann man das Öl in Online-Shops, die „Zufriedenheitsgarantie“ zusichern. Der Literpreis liegt zwischen 20 und 50 Euro.



Reinhild Berger, Apothekerin
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

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von Silke Schmidt am 05.10.2020 um 9:45 Uhr

Medium Change klingt zwar in diesem Zusammenhang auch sehr gut, aber soweit ich mich erinnere geht es bei MCT um medium chain ;-)

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