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Die Zukunft der Apotheken
EU-Kommission und BMG: Neun Gespräche, kein Ergebnis
Das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz steht am 11. September auf der Tagesordnung des Bundestags – rund 14 Monate, nachdem das Kabinett den Gesetzentwurf beschlossen hatte. Für die Verzögerung sorgte das Versprechen des Bundesgesundheitsministers, sich mit der EU-Kommission über das geplante Rx-Boni-Verbot für den GKV-Bereich abzustimmen. Doch selbst nach neun Gesprächen auf Leitungsebene gibt es noch immer kein klares Signal aus Brüssel. Auch der FDP-Bundestagsabgeordnete Andrew Ullmann fragt sich, was da eigentlich verhandelt wird – und fordert endlich Transparenz.
Die FDP-Bundestagsfraktion hat sich kürzlich mit einer Kleinen Anfrage zur „Zukunft der Vor-Ort-Apotheken“ an die Bundesregierung gewandt. Dabei zückte sie einen ganzen Strauß an Fragen rund um das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG), zum vergüteten Botendienst, zur Telematik, zu digitalen Gesundheitsanwendungen und Modellprojekten zu Grippeschutzimpfungen.
Nun liegen die Antworten aus dem Bundesgesundheitsministerium vor. Interessant ist die Auflistung der Gespräche zwischen Vertretern der EU-Kommission und der Bundesregierung rund um das VOASG beziehungsweise das laufende Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik. Zwar sind nur die Gespräche auf Leitungsebene angeführt – doch das waren seit August 2019 immerhin neun Stück. Seitens der Regierung führte sie meist BMG-Staatssekretär Thomas Steffen, aber auch Spahn selbst traf sich am 31. Januar 2020 mit EU-Binnenmarktskommissar Thierry Breton – am 11. Juni ein weiteres Mal, diesmal zusammen mit Steffen.
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Und welche Kenntnisse hat die Bundesregierung aus diesen Gesprächen bereits gewinnen können, wollte die FDP wissen? Dazu lautet die Antwort aus dem BMG: „Vertreter der Bundesregierung befinden sich in einem andauernden Austausch mit Vertretern der Europäischen Kommission, der den Gesetzentwurf zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken und das laufende Vertragsverletzungsverfahren zu Apothekenfestpreisen (VVV Nr. 2013/4075) zum Gegenstand hat.“
Das klingt wenig aufschlussreich. Dazu erklärt Professor Andrew Ullmann, FDP-Obmann im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestags: „Ich bin überrascht, dass die Kommission und die Bundesregierung wirklich seit einem Jahr verhandeln und sich neun Mal getroffen haben. Was wird da genau verhandelt? Die reine Klärung zur Vereinbarkeit mit EU-Recht kann es nicht mehr sein, für eine juristische Prüfung und entsprechende politische Einschätzung braucht man keine neun Kaffeerunden in einem Jahr. Ich fordere die Bundesregierung auf, endlich transparent zu arbeiten und die Diskussion ins Parlament zu verlagern.“ Auch sonst ist für Ullmann „unfassbar, dass die Bundesregierung bei allen Fragen erneut auf Tauschstation geht“.
Rx-Versandverbot keine Option für das BMG
Die Antwort auf die Frage, welche Maßnahmen die Regierung ergreifen will, um die Gleichpreisigkeit sicherzustellen, wenn die EU-Kommission nichts von den Boni-Verbots-Plänen im VOASG hält, fällt ebenfalls vage aus: „Die Bundesregierung wird die Positionierung der Europäischen Kommission sorgfältig prüfen, auch hinsichtlich eines weiteren Handlungsbedarfs. Die Positionierung der Europäischen Kommission wird in den Beratungen im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens zum Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken einzubeziehen sein.“
Bei der Frage, ob das Rx-Versandhandelsverbot dann wieder eine Option wäre, gibt es nur einen Verweis auf eine frühere Antwort der Bundesregierung auf eine Frage des CDU-Bundestagsabgeordneten Michael Hennrich: Am 9. Oktober 2019 erklärte die Parlamentarische Staatssekretärin Sabine Weiss, ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln würde gegenüber den im VOASG-Entwurf enthaltenen Festpreisregelungen „einen wesentlich stärkeren Markteingriff darstellen, dessen Notwendigkeit gesondert dargelegt und begründet werden müsste“.
Dabei wäre besonders zu berücksichtigen, dass der Rx-Versandhandel seit 2004 in Deutschland zulässig ist und bisher grundsätzlich keine Gefährdung der Gesundheitsversorgung bewirkt habe. „Die Begründungslast wäre hierdurch erheblich erhöht“, so Weiss. Zudem würde sein Verbot die wirtschaftliche Existenz auch der in Deutschland zugelassenen Versandapotheken gefährden. „Daher bestehen bei der gegebenen Sachlage im Hinblick auf ein Versandhandelsverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel weiterhin erhebliche verfassungsrechtliche und europarechtliche Bedenken.“
Botendienst: Nur Symbolwirkung?
Ein weiterer Themenkomplex der Kleinen Anfrage war der Botendienst: Ullmann und seine Fraktion wollten wissen, ob die Regierung die Effekte der gegenwärtigen Vergütung evaluieren werde (Antwort des BMG: Evaluierung nicht vorgesehen) und ob sie plane, die Honorierung über den 30. September 2020 hinaus zu erhalten. Hier hat das BMG sich mittlerweile selbst überholt. Die Antworten berücksichtigen noch nicht den vergangene Woche vorgelegten Entwurf für das Krankenhaus-Zukunftsgesetz. Darin ist vorgesehen, den Botendienst künftig mit 2,50 Euro zuzüglich Umsatzsteuer zu vergüten.
Auch das ist Ullmann nicht schlüssig: „Auf welcher Berechnungsgrundlage wurde diese Entscheidung getroffen? Durch den vergüteten Botendienst während der Corona-Pandemie haben wir nahezu ideale Laborbedingungen für eine Evaluation, um tatsächliche Kosten und Wirkungen einer Vergütung zu untersuchen. Jens Spahn nutzt diese Chance bewusst nicht – ihm geht es nur um Symbolwirkungen und nicht um eine Verbesserung der Versorgung.“
Digitale Gesundheitsanwendungen und pharmazeutische Dienstleistungen – ein vernachlässigtes Traumpaar?
Wenig Erhellendes gibt es auch im großen Bereich der Telematik und Digitalisierung. Die FDP hatte etwa gefragt, ob das BMG über seinen Mehrheitsanteil in der Gematik plant, dass sich die Verfügbarkeit von Arzneimitteln in einer ausgewählten Apotheke über die E-Rezept-App abfragen lässt. Dazu heißt es seitens des Ministeriums: „Die Übermittlung von Informationen zur Verfügbarkeit von Arzneimitteln wird zurzeit innerhalb der Gematik mit dem Deutschen Apothekerverband diskutiert. Das Bundesministerium für Gesundheit wird diese Frage auch im Rahmen der Erstellung der Rechtsverordnung zu den Schnittstellen der E-Rezept-App prüfen.“
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Die Liberalen hatten überdies gefragt, ob die Regierung plant, die Beratung zu digitalen Gesundheitsanwendungen, die durch das Digitale-Versorgungs-Gesetz verordnungsfähig geworden sind, auch in der Apotheke durchführen zu lassen. Dazu verweist das BMG darauf, dass diese Apps über öffentlich zugängliche Netze zur Verfügung gestellt werden. „Eine Beteiligung der Apothekerinnen und Apotheker im Abgabeprozess oder bei der Betreuung der Versicherten im Rahmen der Nutzung ist grundsätzlich nicht vorgesehen. Für Anwendungen, die den Medikationsprozess betreffen, bleibt die weitere Entwicklung abzuwarten.“
Das ist für Ullmann „eine verpasste Chance“. Aus seiner Sicht muss im Rahmen der Einführung von vergüteten pharmazeutischen Dienstleistungen die Apotheke zur wichtigen Anlaufstelle für den Umgang mit digitalen Gesundheitsanwendungen werden. Dabei ersetze sie nicht den Arzt oder sonstige Heilberufe, sondern ergänze. „Sie ist schon heute für die Patientinnen und Patienten oft die erste Anlaufstelle bei gesundheitlichen Problemen. Es ist deshalb absurd, dass digitale Gesundheitsanwendungen und pharmazeutische Dienstleistungen fast gleichzeitig eingeführt, aber nicht gemeinsam gedacht werden.“
6 Kommentare
Kumpels in Holland
von Thomas Eper am 12.08.2020 um 7:46 Uhr
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Spahns „Eurogespräche“
von Heiko Barz am 11.08.2020 um 20:22 Uhr
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AW: Spahns „Hollandgeschenke"
von Bernd Jas am 12.08.2020 um 10:10 Uhr
Verschleppung
von Conny am 11.08.2020 um 17:53 Uhr
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AW: Verschleppung
von Dr.Diefenbach am 11.08.2020 um 19:31 Uhr
AW: Verschleppung
von Conny am 11.08.2020 um 19:49 Uhr
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