Die Apotheker müssen also gerichtsfest nachweisen, dass sie – im Falle von COVID-19 – beispielsweise vorschriftsgemäß Mundschutz getragen, Hände desinfiziert haben etc. Dieser Gegenbeweis wird in der Praxis schwerlich zu erbringen sein. Stecken sich Patienten während der Impfung an, so wären die Pharmazeuten dann bei eventuellen Schadensersatzansprüchen de facto auf sich allein gestellt und würden unbeschränkt persönlich haften!
Dies ist umso heikler, da laut der Rechtsprechung teilweise die in der Arzthaftung anerkannte Umkehr der Beweislast wegen grober Fehler auch für die Haftung des Apothekers bei (vermeintlichen) Beratungsfehlern gelten soll (so OLG Köln [5. Zivilsenat], Teilurteil vom 07.08.2013 - 5 U 92/12). Wenn diese strengen arzttypischen Haftungsregeln aus § 630h Abs. 5 BGB bereits bei klassischer Apothekentätigkeit wie der Beratung angewendet werden sollen, so müsste dies erst recht der Fall sein bei einer Erweiterung auf eine klassisch ärztliche Tätigkeit wie das Impfen, welches eine medizinische Maßnahme im Sinne von § 630d BGB darstellt. Die Apotheker sind demnach also nicht nur gegenüber der Versicherungsgesellschaft im Rahmen der Deckungsanfrage beweispflichtig, sondern auch im eigentlichen Schadensersatzprozess gegenüber dem Geschädigten – eine prozessual äußerst nachteilige Situation. Mit einer sorgfältigen Dokumentation und Beweissicherung lassen sich die Risiken reduzieren – ausschließen jedoch nicht. Die schwierige Abgrenzung von versicherter einfacher Fahrlässigkeit und unversicherter grober Fahrlässigkeit birgt im Schadenfall zudem Streitpotenzial mit dem Versicherer.
Die Repräsentantenklausel
In diesem Zusammenhang sollte auch auf die „Repräsentantenklausel“ in den Versicherungsbedingungen geachtet werden. Vielen Apothekeninhabern wird gemäß ihren Bedingungswerken das Verhalten und die Kenntnis der „Repräsentanten“ zugerechnet – und dadurch auch deren grobe Fahrlässigkeit. Teilweise werden alle pharmazeutischen Fachkräfte als „Repräsentanten“ definiert. Um diese weite Haftung für das Verhalten der (impfenden approbierten) Mitarbeiter zu vermeiden, sollten Tarife gewählt werden, die nur den Apothekeninhaber selbst als „Repräsentant“ definieren.
2 Kommentare
Impfen & Versicherung
von AM am 14.08.2020 um 16:47 Uhr
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Versicherungsschutz bei Impfen durch Apotheker
von Uwe Hansmann am 11.08.2020 um 17:08 Uhr
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