Was ist zu beachten?

Wie steht es um den Versicherungsschutz bei Grippeimpfung in der Apotheke?

Hamburg - 10.08.2020, 07:00 Uhr

Bevor die Apotheker mit dem Impfen anfangen, sollten sie prüfen, ob sie ausreichend versichert sind, falls etwas schief geht. (Foto: imago images / Jochen Tack) 

Bevor die Apotheker mit dem Impfen anfangen, sollten sie prüfen, ob sie ausreichend versichert sind, falls etwas schief geht. (Foto: imago images / Jochen Tack) 


Auch an den Arzneimittelkühlschrank denken

Im Zusammenhang mit der notwendigen Aufbewahrung des Impfstoffs im Medikamentenkühlschrank empfiehlt es sich ebenfalls, auf ausreichenden Versicherungsschutz zu achten. Der unzureichend abgesicherte Medikamentenkühlschrank stellt geradezu einen „Klassiker“ der typischen Schwachstellen bei Apothekenversicherungen dar. Der Inhalt von Medikamentenkühlschränken ist häufig nur gegen den seltenen Ausfall der öffentlichen Stromversorgung versichert – und dann auch nur bis zu einer Höhe von 5.000 Euro.

Gute Klauseln hingegen bieten durchaus standardmäßig Entschädigungen bis zu 100.000 Euro und decken zusätz­liche Schadensursachen ab. Es sollte darauf geachtet werden, ob „Kühlschränke“ generell oder nur „Medikamentenkühlschränke nach DIN 58345“ versichert sind (und gegen welche Gefahren). Ordnungsgemäßer Betrieb und die vom Hersteller vorgeschriebenen Wartungen werden gewöhnlich vorausgesetzt.

Übertragung von Krankheiten

Noch immer verstehen wir das Coronavirus SARS-CoV-2 und seine Tücken nur unvollständig und haben die dramatischen Bilder aus Italien oder New York vor Augen. Die deutschen Apotheken haben sich in der ersten Phase im Kampf gegen die COVID-19-Pandemie in einer Schlüsselrolle bewährt. Ihre Bedeutung dürfte durch das Impfen weiter steigen, wenn damit verhindert werden kann, dass im Herbst eine erneute Corona-Ausbreitung und eine massive Grippewelle aufeinandertreffen und katastrophale Zustände wie in anderen Ländern entstehen.

Gleichzeitig nimmt durch die Impftätigkeit auch das Risiko zu, sich selbst und in der Folge andere anzustecken. Das gilt im Übrigen auch, wenn der Apotheker Kunden in der Freiwahl berät und dazu den Platz hinter dem Plexiglas verlässt. Niemand kann diese Gefahr gegenwärtig wirklich einschätzen. Insofern ist es äußerst unbefriedigend, dass die Versicherungsgesellschaften durchgehend die Übertragung von Krankheiten aus dem Versicherungsschutz ausklammern. Denn nach Ziffer 7.18 AHB und Ziffer A1-7.11 BHV („Infektionsklauseln“) sind Haftpflichtansprüche wegen Personenschäden ausgeschlossen, die aus der Übertragung einer Krankheit des Versicherungsnehmers resultieren. 



Jascha Arif, Rechtsanwalt, Hamburg
redaktion@daz.online


Steffen Benecke, Versicherungsmakler, Hamburg
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Impfen & Versicherung

von AM am 14.08.2020 um 16:47 Uhr

Vielen vielen Dank den beiden Fachleuten(!) für ihren treffenden, für uns juristische Laien einfach verständlichen Kommentar zu dieser Problematik. Dieser beleuchtet sehr viele interessante Aspekte & bestätigt die vielen kritischen Ansichten einiger Apotheker eindrucksvoll!

Impfen wird i.d.R. in >90% der Policen nicht unter apothekentypische Tätigkeiten bzw. Risiken fallen - d.h. Zusatzversicherung, was definitiv nicht ohne Mehrkosten von statten gehen wird, da zusätzliche(!) Deckung zum bereits bestehenden Versicherungspaket. Wie war nochmal das angeplante Impf"honorar"? Wie wird die Prämienerhöhung ausfallen? Fragen über Fragen...

Dann der Punkt mit der ärztlichen Tätigkeit, der immer wieder von Kritikern erwähnt wurde bezüglich Impfen = Heilen. Juristisch absolutes Glatteis, wie hier bestätigt wird. Das wird zu Klagewellen seitens der Versicherer führen - und meint ihr ernsthaft, dass dies gut für Apotheken ausgehen wird? ...

"Auch wenn dann impfimmanente Risiken abgesichert sind, muss sich die Apothekerschaft darüber hinaus bewusst machen, dass das Haftungsrisiko bei der Übertragung von Krankheiten nach den am Markt vorhandenen Bedingungswerken gegenwärtig nicht zufriedenstellend versicherbar ist und weitestgehend selbst getragen werden muss. Dabei ist zu befürchten, dass die strengen Grundsätze des Arzthaftungsrechts mit der Umkehr der Beweislast Anwendung finden." - Puuuuh.

Der Punkt bezüglich der Übertragung von Krankheiten - vor allem im Hintergrund der derzeitigen Situation - hat mich ehrlich gesagt etwas erschreckt, da ich dies noch gar nicht so weit bedacht habe. Vor allem, dass der Versicherungsschutz als Inhaber gegen 0 geht (arzttypische Haftungsregeln bzw. Beweis gegenüber Geschädigtem) & mit der Rechtsform "e.K." bei Auftreten eines solchen Falls durch den Punkt der Beweislastumkehr gleich die Privatinsolvenz angemeldet werden kann (v.a. s. Repräsentantenklausel, denn keiner wird alle Approbierten als "Impfer" versichern (Kosten?))... Alles natürlich abgerundet durch eine dreiseitige Impfdokumentation - logischerweise, wie allseits bekannt, unvergütet...

Ich, als 27-jähriger Apotheker-Frischling, würde mir gerne mehr kritisch-hinterfragendes Denken von vielen meiner Fachkollegen wünschen. Vieles wird meiner Meinung nach einfach gedankenlos bejubelt (pharm. Dienstleistungen, Boni-Deckel usw.), ohne auch nur im Ansatz die Folgen zu durchdenken.

Auch wünsche ich mir eine rein nüchterne Analyse bzw. Diskussion dieser ganzen Impf-Sache (auch gerne zu anderen disruptiven Umbrüchen im Apothekenwesen) - angefangen von Versicherungsgeschichten über bauliche Maßnahmen, Schulungen/Dokumentationen, Verantwortung/Personal vereinbartes Impfhonorar, führend zu einer betriebswirtschaftlichen Analyse - man arbeitet ja nicht für Luft & Liebe - durch unsere Standesvertretung.
Allerdings müsste man ja dann befürchten, dass dieser ganze Schwachsinn - ebenfalls wie die pharm. Dienstleistungen (da könnte ich Romane zu schreiben...) - höchst defizitär für alle Apotheken ausfallen würde...

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Versicherungsschutz bei Impfen durch Apotheker

von Uwe Hansmann am 11.08.2020 um 17:08 Uhr

DANKE!

Dieser Bericht war überfällig und öffnet hoffentlich die Augen derer, die sich im vorauseilenden Gehorsam auch auf diesem Gebiet schon wieder ganz weit vorne wähnen.

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