Zuckersüßes Beratungswissen – Teil 13

Der glykämische Index – ein Wert mit Tücken

Korntal-Münchingen - 06.08.2020, 10:30 Uhr

Grundlage für die "Glyx-Diät" ist der "glykämische Index" als Bewertungsmerkmal für Lebensmittel. Um diesen zu berechnen, wird der Verlauf des Blutzuckerspiegels in einem bestimmten Zeitraum gemessen. (Foto: Gecko Studio / stock.adobe.com)

Grundlage für die "Glyx-Diät" ist der "glykämische Index" als Bewertungsmerkmal für Lebensmittel. Um diesen zu berechnen, wird der Verlauf des Blutzuckerspiegels in einem bestimmten Zeitraum gemessen. (Foto: Gecko Studio / stock.adobe.com)


Kritisch bleiben

Dass viele Menschen bei zuckerhaltigen Lebensmitteln heutzutage genauer hinschauen, spricht für ein gestiegenes Ernährungsbewusstsein. Man sollte sich jedoch durch werbende Aussagen nicht in die Irre führen lassen. So werden zuckerhaltige Produkte im Internet gerne mit dem Hinweis auf ihre „niedrige glykämische Last“ beworben. Wer genauer hinschaut, entdeckt dabei, dass es sich meist um Nahrungsmittel mit einem hohen Gehalt an Fructose handelt. Fructose schmeckt fruchtig süß und klingt gesund – ist aber aus ernährungswissenschaftlicher Sicht heute eher problematisch zu beurteilen. Es ist richtig, dass sie den Blutzuckerspiegel nicht ansteigen lässt und sie insulinunabhängig verstoffwechselt wird. Doch übermäßiger Verzehr von Fructose begünstigt Übergewicht und das metabolische Syndrom.

Lebensmittel besser kennenlernen

Dass die Tabellen mit GI- und GL-Werten bei vielen Verbrauchern Zuspruch finden, zeigt deutlich: Viele Menschen suchen Hilfe, um Lebensmittel einordnen und qualitativ bewerten zu können. Wer nur geringe naturwissenschaftliche Grundkenntnisse besitzt, lässt sich von zweifelhaften (Glyx/Glücks-)Versprechen gerne verführen. Tabellen und Listen mit genauen Zahlenangaben vermitteln unterschwellig Seriosität und wecken Vertrauen. 

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Sicher bieten die GI- und GL-Werte interessante Hinweise. Noch besser wäre es, die Lebensmittel, die man regelmäßig zu sich nimmt, von ihrer Zusammensetzung her eingehend kennenzulernen und die komplexe Vielfalt der Kohlenhydrate zu verstehen. Literatur und Informationsmaterial gibt es reichlich. Auch die Apotheke kann hier Hilfestellung leisten. Viele PTA und Apotheker haben sich zu Ernährungsfragen fort- und weitergebildet. 

Jede Diät, die einen genauen Blick auf bestimmte Lebensmittel erfordert, kann einen Impuls setzen, sich bewusster zu ernähren. So wie die auch oft belächelte Trennkost einigen Menschen geholfen hat, mehr Verständnis für ihre Speisen zu entwickeln, kann auch die Glyx-Diät dazu motivieren, sich mit seiner täglichen Kost intensiver auseinanderzusetzen.

Auf einen Blick

  • Der Glykämische Index (GI)  ist ein Maß für die Höhe des Blutzuckerspiegels nach einer Mahlzeit. 
  • Als Vergleichs- und Bezugswert dient der nach Verzehr von 50 Gramm Glucose gemessene Blutzuckerspiegel, der mit 100 Prozent angesetzt wird. 
  • Die Glykämische Last wird berechnet aus dem Produkt des Glykämischen Index (in Prozent) und der Kohlenhydrat-Menge in Gramm einer durchschnittlichen Lebensmittelportion. 
  • Die „Glyx-Diät“ schreibt vor, Lebensmittel mit niedrigem GI zu bevorzugen und solche mit hohem GI zu vermeiden. 
  • Die publizierten Daten über Studien mit der Glyx-Diät liefern widersprüchliche Ergebnisse. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) beurteilt den vorgeschriebenen Verzicht auf zugesetzten Zucker, Softdrinks sowie Fastfood positiv und begrüßt die Empfehlung von wenig verarbeiteten Lebensmitteln. 
  • Wenn zuckerhaltige Produkte mit dem Hinweis auf ihre „niedrige glykämische Last“ beworben werden, lohnt sich genaues Hinschauen. Es handelt sich meist um Nahrungsmittel mit einem hohen Gehalt an Fructose.


Reinhild Berger, Apothekerin
redaktion@daz.online


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