Hochrechnung des Apothekerverbands

Nordrhein: Apotheker investieren 3,6 Millionen Euro in Corona-Schutzmaßnahmen

Berin - 12.06.2020, 10:15 Uhr

Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein, hat in einer Mitteilung die Ergebnisse und Hochrechnungen einer Apotheken-Umfrage zu Corona-bedingten Mehrkosten in der Apotheke vorgestellt. (x / Foto: AVNR)

Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein, hat in einer Mitteilung die Ergebnisse und Hochrechnungen einer Apotheken-Umfrage zu Corona-bedingten Mehrkosten in der Apotheke vorgestellt. (x / Foto: AVNR)


Durch die Coronakrise hat sich in den Offizinen viel geändert: Beraten wird zumeist hinter Plexiglasscheiben, Kunden werden mit Abstand zueinander durch die Apotheke geleitet und der Desinfektionsmittel-Verbrauch ist gestiegen. Auch innerhalb der Apothekenteams musste vieles neu organisiert werden. Der Apothekerverband Nordrhein hat Ende Mai zu den Kosten der Corona-bedingten Maßnahmen eine Umfrage bei seinen Mitgliedern durchgeführt. Laut Hochrechnungen haben die rund 2.100 Mitgliedsapotheken insgesamt rund 3,6 Millionen Euro investiert.

Innerhalb kürzester Zeit haben die Apotheken im Februar und März auf die beginnende Coronakrise reagiert und ihren Betrieb umgebaut. Auffallend sind natürlich die Plexiglasscheiben zum Spuckschutz, die auf den HV-Tischen montiert sind. In vielen Apotheken gibt es jetzt aber auch Leit-Systeme, mit denen die Kunden mit ausreichend Abstand durch die Verkaufsräume geführt werden. Hinzu kommen Kosten für Desinfektionsmittel für Kunden und das Team sowie die Schutzausrüstung der Mitarbeiter. Und auch die Personalkosten dürften laut AVNR erheblich gestiegen sein: Die Apotheken haben ihre Botendienste massiv ausgeweitet und mussten ihre Teams aufgrund des Infektionsschutzes teils in einzelne Gruppen aufteilen.

Der Apothekerverband Nordrhein ist in einer Online-Umfrage unter seinen 2.102 Mitgliedern der Frage nachgegangen, zu welchen Gesamtkosten diese Umstellungen für die Apotheken in der Verbandsregion geführt haben. Zwischen dem 19. Mai und dem 28. Mai nahmen 250 Mitglieder an der Umfrage teil. Gemäß der Ergebnisse der Blitzumfrage beziffern sich die durchschnittlichen Gesamtkosten für Corona-bedingte Schutzmaßnahmen pro teilgenommene Mitgliedsapotheke auf rund 1.714 Euro. Da man davon ausgehen könne, dass auch die nordrheinischen Mitgliedsapotheken, die nicht an der Umfrage teilgenommen haben, in Schutzmaßnahmen investiert haben, ergeben sich hochgerechnet auf die 2.102 Mitgliedsapotheken mehr als 3,6 Millionen Euro an durchschnittlichen Gesamtkosten. Der AVNR hat eigenen Angaben zufolge einen Organisationsgrad von 98 Prozent.

Mehr zum Thema

Ein weiteres Ergebnis der Umfrage: Keine einzige der AVNR-Mitgliedsapotheken musste seit Beginn der Krise Pandemie-bedingt schließen. Verbandschef Thomas Preis erklärte in einer Pressemitteilung, dass die Apothekenleiter/-innen in der Krise besonderes Engagement gezeigt hätten. Preis fordert nun, dass diese „verantwortungsbewusste Eigeninitiative“ honoriert werden muss. Wörtlich erklärt der AVNR-Vorsitzende:


Während andere Branchen schnell lautstark in Richtung Politik Schutzschirme und Schutzausrüstungen gefordert haben, haben die Apotheken vor Ort selbst die Initiative ergriffen - zum Schutz der Patienten und ihrer Mitarbeiter. Die Politik hat uns im Gegensatz zu anderen Akteuren im Gesundheits- und Gemeinwesen nicht bei der Verteilung von Schutzausrüstungen berücksichtigt. Wir werden uns dafür einsetzen, dass dieses verantwortungsbewusste und gleichzeitig gemeinwohlorientierte Handeln nicht nur von der Politik anerkannt, sondern im wahrsten Wortsinne auch honoriert wird! Für zukünftige Pandemiesituationen muss dringend dafür gesorgt werden, dass auch die Apotheken zum Schutz ihrer Mitarbeiter zwingend von staatlicher Seite mit Schutzausrüstungen versorgt werden.“

AVNR-Chef Thomas Preis


DAZ.online hatte Mitte März eine Umfrage zu diesem Thema durchgeführt. Die Leserinnen und Leser konnten angeben, welche Schutz- und Umbaumaßnahmen sie in der Apotheke umgesetzt haben. Hier können Sie sich nochmals die Ergebnisse der Umfrage anschauen.

Auch die ABDA ist diesbezüglich aktiv geworden. ABDA-Vizepräsident Mathias Arnold hat die Apotheker/-innen erst kürzlich per Video aufgefordert, der ABDA mitzuteilen, welche Erfahrungen und Lehren sie aus der Coronakrise ziehen. Die ABDA hat dazu die E-Mail-Adresse mail@corona-lehren.de erstellt, an die sich die Pharmazeuten richten sollen. Arnold versprach, dass jede E-Mail gelesen und eine Auswertung veröffentlicht werde. Hier kommen Sie zum ABDA-Video.


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


5 Kommentare

Idealismus und Eigeninitiative

von In Zukunft Dienst nach Vorschrift am 12.06.2020 um 11:49 Uhr

Wir haben unsere Schuldigkeit getan. Desinfektionsmittel? Masken? Nein danke, mein Lieferant kann jetzt wieder liefern und bei ihnen ist es ja zu teuer.
Da liegt doch nur eine Schlussfolgerung nahe (s.o.).
Dafür "dürfen" wir noch endlose Protokolle und Dienstanweisungen schreiben, die sich die Schreibtischtäter in ihrem Homeoffice ausdenken.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Nur Idealisten ergreifen die Initiative ... der Realist wartet darauf bis es Euros "regnet" ...

von Christian Timme am 12.06.2020 um 10:42 Uhr

Was haben die Apotheken jetzt davon? Plastik u n d Maske ... helfende Hände werden bestraft und nehmende Hände belohnt ... das nennt man Lernprozess.

» Auf diesen Kommentar antworten | 3 Antworten

AW: Nur Idealisten ergreifen die Initiative

von Roland Mückschel am 12.06.2020 um 11:17 Uhr

Der Dank des Vaterlands war früher auch genug.

AW: Nur Idealisten ergreifen die Initiative

von Michael Reinhold am 12.06.2020 um 12:29 Uhr

Nehmen Sie die Kosten für den Plastik-Niesschutz als Kosten für die Wahrung des Betriebsfriedens innerhalb Ihrer Apotheke.

Ich selbst bin als angestellter Apotheker ganz froh, dass mein Chef auch so Plastik-Stellwände aufgebaut hat. Ab und wann hat man doch so renitente Kunden, die sich trotz Maskenpflicht weigern, einen Mundschutz aufzuziehen. Der Plastikschutz verhindert zumindest, dass diese mir direkt ins Gesicht husten können, falls denen dann doch mal ein Niesen entfährt (und das wird im Herbst wieder relevanter als zur jetzigen Zeit, wo keiner Erkältungssymptome hat).

Der MN-Schutz der Mitarbeiter lässt sich ja glücklicherweise mittlerweile wieder durch OP-Masken bewerkstelligen, da diese mittlerweile wieder bezahlbar erwerblich sind. Man atmet sich da einfach deutlich leichter darunter als unter diesen Community-Masken. Man steckt sich da dann auch nicht im Kollegenkreis an. Ich war da ursprünglich auch ein Gegner davon, habe mich aber mittlerweile damit arrangiert und finde es sogar gut.

Ich sehe das gerade an einer Nachbarapotheke, bei denen sich der Inhaber die Plexiglasscheiben und ein paar andere Sicherheitsmaßnahmen gespart hat. Und schon haben wir Bewerbungen von PTAs aus dieser Apotheke bei uns vorliegen, da man da so schnell wie möglich weg möchte.

Ich denke, dass die Kosten für das wenig Plexiglas geringer sind als die Kosten, um sich eine neue PTA zu suchen und sie einzuarbeiten. Der Betriebsfrieden ist die Kosten auf jeden Fall wert.

AW: Nur Idealisten ergreifen die Initiative ... und sorgen für zusätzliche Sicherheit ohne die Politik vorher zu fragen!

von Christian Timme am 12.06.2020 um 13:58 Uhr

@MReinhold
Gestatten Sie mir die Interpretation meines eigenen Textes ... die Apotheken haben mit dem zusätzlichen Schutz die Minimalforderung der Politik übererfüllt, hier ging es nicht um Kosten sondern um einen Vorgriff zur Schaffung von mehr Sicherheit in der Apotheke für Kunden und Personal im HV-Bereich.

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.