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Versandhandelskonflikt
Das Rx-Versandverbot lebt noch – in der CSU
Während der Coronakrise ist ein bedeutendes apothekenpolitisches Thema aus dem Fokus geraten: der Versandhandelskonflikt. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will kein Rx-Versandverbot und verhandelt daher nun schon seit mehreren Monaten in Brüssel rund um sein geplantes Rx-Boni-Verbot. Weil Spahn bislang keine Fortschritte gemacht hat, melden sich nun zum wiederholten Male Fachpolitiker aus seiner eigenen Fraktion zu Wort. Die CSU-Politiker Emmi Zeulner und Stephan Pilsinger wollen die Apotheken mit einem Rx-Versandverbot schützen.
Die Bilanz von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ist beachtlich. Er packte gleich im ersten Jahr seiner Amtszeit zahlreiche Bereiche im Gesundheitswesen an und legte eine Vielzahl von Gesetzentwürfen und Verordnungen vor. Insbesondere bei der Digitalisierung legt Spahn ein Tempo vor, das die Gesundheitsminister der vergangenen Legislaturperioden nicht annähernd erreichten. Ein für die Apotheker sehr wichtiges Thema stellt aber auch ihn vor Probleme: der Versandhandelskonflikt. Spahn hatte den Streit um die von den EU-Versendern angebotenen Rx-Boni quasi von seinem Vorgänger Hermann Gröhe (CDU) übernommen. Doch so wie Gröhe seinerzeit mit dem von ihm geplanten Rx-Versandverbot nicht durchkam, hat auch Spahn noch immer keine Lösung für das Problem gefunden.
Dabei hat sich Spahn das Leben ein Stück weit selbst schwer gemacht: Denn laut Koalitionsvertrag besteht in dieser Legislaturperiode nun endlich Einigkeit zwischen Union und SPD, dass man sich für das Rx-Versandverbot als Lösung des Versandhandelskonflikts „einsetzen“ wolle. Doch Spahn sieht das anders. Sein Ministerium legte mit dem Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz einen Entwurf vor, mit dem Spahn dem Verbot aus dem Weg geht – mit einem Rx-Boni-Verbot, das im SGB V ausschließlich für GKV-Versicherte etabliert werden soll. Doch es gibt viele, insbesondere juristische Zweifel an diesem Vorhaben. Und so versprach der Minister, sich nach dem Kabinettsbeschluss und vor der Befassung im Parlament mit der EU-Kommission über den Plan abzustimmen.
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Der Kabinettsbeschluss ist im Juli ein Jahr alt – und noch immer hat Spahn keine Lösungen vorgelegt. Dem Vernehmen nach haben in den vergangenen Tagen erneut Gespräche in Brüssel stattgefunden – Spahn hatte dies in einem Gespräch mit AKWL-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening auch versprochen. Aber weiterhin ist nicht bekannt, wie EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton auf Spahns Vorschlag im Detail reagiert hat. Spahns eigener Fraktion schmeckt das gar nicht. Zur Erinnerung: Insbesondere Gesundheitspolitiker aus der Unionsfraktion hatten sich sehr lange – und dann auch erfolgreich – dafür eingesetzt, dass das Rx-Versandverbot in den Koalitionsvertrag kommt. Weil nun immer noch keine Lösung da ist, werden die Fachpolitiker aus der Union jetzt zunehmend unruhig.
Jüngstes Beispiel: die CSU-Politiker Emmi Zeulner und Wolfgang Stefinger. Im Gespräch mit dem „Münchener Merkur“ verweisen die beiden Politiker jetzt auf die derzeitigen Leistungen der Vor-Ort-Apotheken in der Coronakrise. Zeulner sei bewusst, dass der Internethandel gerade in Zeiten von Kontaktbeschränkungen sehr gefragt sei. Aber: „Bei allen Vorteilen einer digitalen und vernetzten Welt bringt es der Mama mit dem kranken Kind am Wochenende nichts, dass irgendwo eine Online-Apotheke sitzt, die mit Rabatten lockt.“ Man brauche für solche Fälle – vor allem auf dem Land – die Apotheke vor Ort. Gerade in der Krise seien es die Apotheken gewesen, die innerhalb kürzester Zeit beispielsweise Desinfektionsmittel hergestellt und zu jeder Zeit die Versorgung sichergestellt haben, so Zeulner.
Druck aus der Unionsfraktion auf Spahn wird größer
Der fränkischen CSU-Abgeordneten und ihrem Kollegen Stefinger aus München ist der juristische Streit ums Rx-Versandverbot bewusst. In dem Zeitungsbericht erklären sie aber, dass sie es notfalls auf eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof ankommen lassen würden. „Unser gemeinsames nationales Interesse muss es sein, die Strukturen der Versorgung mit Medikamenten wieder zurückzuholen und uns auch von anderen Ländern unabhängiger zu machen. Das hat uns die COVID-19-Pandemie nochmals deutlich vor Augen geführt.“ Anders als Spahn glauben die beiden CSU-Gesundheitsexperten laut „Münchener Merkur“ auch, dass eine Klage gegen das Rx-Versandverbot vor Gericht keine Chance hätte. Sie verweisen dazu auf das Gutachten des ehemaligen Verfassungsrichters Professor Udo Di Fabio. Zur Erinnerung: Die ABDA hatte unter anderem von Di Fabio eine Kurzversion eines Gutachtens zum Rx-Versandverbot veröffentlicht. Die kompletten Versionen der eigens von der ABDA in Auftrag gegebenen juristischen Expertisen wurden hingegen nie bekannt.
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Es ist nicht das erste Mal, dass Unionspolitiker Spahn in dieser Angelegenheit Druck machen. Schon im vergangenen Jahr stieß der Verzicht des Ministers auf das Rx-Versandverbot auf heftigen Gegenwind in seiner Fraktion. Und die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Karin Maag, hat erst vor einigen Wochen gegenüber DAZ.online erklärt, dass sich im Versandhandelskonflikt nun schnell etwas bewegen solle. Maag forderte, dass man das Rx-Boni-Verbot notfalls auch ohne Zustimmung aus Brüssel ins Parlament einbringen solle. Und der CDU-Gesundheitspolitiker Georg Kippels hatte erklärt, dass man das Rx-Versandverbot wieder einfordern müsse, wenn das Rx-Boni-Verbot in Europa nicht durchsetzbar sei.
Auch in der SPD hat es in dieser Legislaturperiode erstmals positive Signale zum Rx-Versandverbot gegeben. In den vergangenen Wahlperiode hatte sich die SPD-Fraktion vehement gegen das Verbot gestemmt. Im DAZ.online-Geschichtentaxi erklärte Sabine Dittmar, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, allerdings, dass sie aus Gründen der Vertragstreue einen Gesetzentwurf zum Rx-Versandverbot mittragen würde.
4 Kommentare
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von Justitia am 03.06.2020 um 19:14 Uhr
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von Beobachter am 03.06.2020 um 16:23 Uhr
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von Christian Timme am 03.06.2020 um 15:27 Uhr
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von Roland Mückschel am 03.06.2020 um 15:15 Uhr
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