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PKV kooperiert mit EU-Versender
Generali setzt beim Arzneimittel-Check auf Shop Apotheke
Wer bei der Generali privat krankenversichert ist, dem könnte bereits ein Schreiben des Unternehmens ins Haus geflattert sein. Das Angebot: eine kostenlose Medikationsanalyse – durchgeführt vom niederländischen Versandhändler Shop Apotheke. Was steckt hinter dieser Zusammenarbeit? Und warum sind die deutschen Präsenzapotheken dabei außen vor? DAZ.online fühlte dem zuständigen Geschäftsführer Dr. Max Wunderlich auf den Zahn.
Arzneimittelinteraktionen sind gefährlich. Das weiß auch Dr. Max Wunderlich, Geschäftsführer Produktentwicklung und Versorgungsmanagement bei der Generali Health Solutions. Um seine Versicherten vor Wechselwirkungen von Medikamenten und ihren Folgen zu schützen, schreibt das Unternehmen seit rund vier Jahren regelmäßig Kunden an, die zwei oder mehr verschreibungspflichtige Arzneimittel dauerhaft anwenden, und bietet ihnen eine Medikationsanalyse an.
Dabei nutzt die Generali aber nicht etwa die pharmazeutische Expertise in den deutschen Präsenzapotheken, sondern schickt die Kundendaten dem niederländischen Arzneimittelversender Shop Apotheke. DAZ.online wurde auf die Zusammenarbeit aufmerksam und wollte wissen, wie es zu dieser Kooperation kam – denn für die Offizinen in Deutschland dürfte es alarmierend sein, dass der EU-Versender jetzt auch noch das Thema Arzneimitteltherapiesicherheit besetzt.
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Während die deutschen Pharmazeuten noch mit Spannung darauf warten, wie sich Brüssel zum VOASG positionieren wird und ob sie grünes Licht bekommen, um ihr Versorgungsangebot endlich auch um Dienstleistungen wie das Medikationsmanagement zu erweitern, hat Shop Apotheke den Arzneimittel-Check bereits als Geschäftsmodell für sich entdeckt. Als die Generali vor etwa fünf Jahren einen Partner suchte, der die Medikation ihrer Kunden auf Wechselwirkungen hin prüft, war der Versender zu Stelle.
„Eine interne Analyse der Generali hat im Jahr 2015 ergeben, dass die Medikation vieler unserer Kunden Arzneimittel-Wechselwirkungen enthält, die in der Vergangenheit zu komplizierteren Krankheitsverläufen oder Krankenhaus-Einweisungen geführt haben“, berichtet Wunderlich im Gespräch mit DAZ.online. Aus diesem Grund wollte das Unternehmen seinen Kunden einen Arzneimittel-Check anbieten. „Wir haben auch mit Apotheken und Apothekennetzwerken gesprochen. Die Frage war: Wer kann unseren Kunden so einen Check anbieten, ohne dass der Kunde sich zuhause die Daten ausdrucken muss?“
Sicherer Datenkanal ein Muss
Am Ende kristallisierte sich Shop Apotheke als Partner heraus. Denn anders als bei den Präsenzapotheken in Deutschland sei es problemlos möglich gewesen, einen zentralen und sicheren Datentunnel zu legen. „Auf einen sicheren Datenkanal haben wir sehr viel Wert gelegt“, betont Wunderlich. „Denn wenn der Kunde sich seine Medikationsliste zuhause selbst ausdrucken muss, stellt das eine zusätzliche Hürde dar.“
Es habe sich herausgestellt, dass die elektronische Bereitstellung der Daten nur in Zusammenarbeit mit einer Online-Apotheke möglich sei, weil diese über die nötige technische Anbindung verfüge, sagt Wunderlich. Zudem seien die Verhandlungen mit den Präsenzapotheken nicht ganz einfach gewesen, weil für sie der Aufwand den Nutzen oftmals überwiegt. „Wir haben in jeder Postleitzahlregion Kunden sitzen, aber nicht tausende. Unter diesen Umständen mit einer Apotheke im Umkreis übereinzukommen ist schwierig und auch für die Apotheken nicht lukrativ. Sie müsste einem gesonderten Vertrag beitreten, aber am Ende kommen nicht massenhaft Kunden, sondern vielleicht drei oder vier.“
Medikationsanalyse à la Shop Apotheke
Doch wie läuft die Medikationsanalyse genau ab? Nach Angaben der Generali übermittelt die Versicherung an Shop Apotheke Informationen wie das Alter und Geschlecht des Kunden, die in den vergangenen zwölf Monaten gestellten Diagnosen, bestehende Unverträglichkeiten und Allergien sowie die Arzneimitteldaten aus dem vergangenen Jahr. Zunächst bekommt der Versicherte einen Brief, in dem die Generali ihn auf das Angebot aufmerksam macht. Willigt der Kunde in die Datenübertragung an Shop Apotheke ein, erhält er eine Liste mit den entsprechenden Angaben, die er überarbeiten kann, falls eine Diagnose nicht mehr gültig ist oder er weitere Medikamente einnimmt, die nicht gelistet sind.
Diese Informationen gehen dann an Shop Apotheke. Dort prüft ein Pharmazeut, ob die Wirkstoffe miteinander interagieren, und ob gemäß Priscus-Liste eine potenziell unangemessene Medikation erkennbar ist, zum Beispiel in Bezug auf das Alter oder diagnosebedingte Kontraindikationen. Dosierungen, Einnahmezeitpunkte und mögliche Verordnungskaskaden sind nicht explizit Teil der Analyse. Bis 2019 habe die Generali auch versucht, Über- und Unterversorgung auszumachen. Davon sei man jedoch inzwischen abgerückt. „Wenn etwas auffällt, erhält der Kunde einen entsprechenden Hinweis, Über- und Unterversorgung lässt sich aber nicht valide aus den Daten ableiten“, sagt Wunderlich.
Drei Szenarien
Der weitere Ablauf hängt davon ab, wie das Ergebnis des Arzneimittel-Checks ausfällt, erklärt der Generali-Geschäftsführer gegenüber DAZ.online. „Bei Auffälligkeiten in der Medikation telefoniert ein Mitarbeiter von Shop Apotheke persönlich mit dem Kunden, um den Arztbesuch vorzubereiten. Ist die Medikation unauffällig, bekommt der Kunde eine schriftliche Information, die er zum nächsten Arztbesuch mitnehmen kann. Bei schwerwiegenden Interaktionen ruft Shop Apotheke den Arzt direkt an, dazu sind die dort tätigen Apotheker verpflichtet."
Einen Mechanismus, um sicherzustellen, dass der Kunde nicht eigenmächtig seine Medikation verändert, gibt es demnach nicht. „Die Kunden erhalten keine detaillierten Hinweise, die zu Selbsttherapie führen könnten“, unterstreicht Wunderlich. Auch Nachbefragungen zu Beginn des Projekts hätten gezeigt, dass die Hinweise die Kunden nicht verunsichern. Die interne Nachverfolgung bei Verschreibungen sei ebenfalls unauffällig gewesen.
Was springt für die Vertragspartner dabei heraus?
Soweit der Nutzen für den Patienten – doch was springt für Shop Apotheke dabei heraus? Immerhin muss der Versicherte für die Analyse nichts bezahlen. „Der Service ist nicht an eine Bestellung bei Shop Apotheke gekoppelt“, stellt Wunderlich auf Nachfrage klar. „Wir gestehen es Shop Apotheke aber zu, sehr dosiert auf aktuelle Aktionen hinzuweisen.“ Dabei handele es sich um allgemeine Informationen und keine personalisierten Angebote, die der Versicherte etwa zusammen mit seiner Medikationsliste erhält.
Honorar bleibt geheim
Darüber hinaus zahlt die Generali einen bestimmten Betrag pro Arzneimittel-Check an den Versender. Wie hoch dieser Betrag ausfällt, wollte Wunderlich nicht preisgeben. Geld spiele in diesem Zusammenhang auch nicht die größte Rolle: „Die Kosten waren bisher in keinem Gespräch mit irgendeinem Anbieter der Knackpunkt. Ob jemand ein paar Euro mehr oder weniger nimmt, ist nicht entscheidend, sondern dass die richtigen Kunden in möglichst großer Zahl diesen Check in Anspruch nehmen.“
Die Generali hofft, selbst auch von dem Service zu profitieren und sowohl die Zahl der Krankenhausaufenthalte als auch die Häufigkeit schwerer Krankheitsverläufe unter ihren Versicherten zu reduzieren. Inzwischen liegen laut Wunderlich genügend Datensätze für eine detaillierte Analyse vor, die demnach bereits läuft. Zu den Details der Evaluation, was etwa die Methodik betrifft, wollte er sich jedoch nicht äußern.
Schlag ins Gesicht für Präsenzapotheken
Für die Vor-Ort-Apotheken ist der Zusammenschluss der Generali mit Shop Apotheke in jedem Fall ein Schlag ins Gesicht. Das ist auch Wunderlich klar, wie er gegenüber DAZ.online einräumt. „Ich verstehe die gesundheitspolitische Dimension bei dem Thema“, so der Sportwissenschaftler. Trotzdem stehe das Unternehmen zu seinem Konzept. „Im Sinne unserer Kunden sind wir dankbar, dass wir ihnen dieses Angebot überhaupt machen können. Von daher ist die Kooperation mit Shop Apotheke wichtig für uns, wir sind aber offen für neue Partner.“
Dabei setzt Wunderlich vor allem auf die Anbindung der Präsenzapotheken an die Telematikinfrastuktur, die bis Ende September erfolgt sein soll. „Ich bin zuversichtlich, dass im Zuge der Digitalisierung auch Vor-Ort-Apotheken solche elektronischen Checks anbieten können, vielleicht sogar unter Zuhilfenahme der E-Patientenakte.“ Der Generali-Geschäftsführer beteuert, die Offizinen gern mit ins Boot holen zu wollen. „Unsere Motivation ist nicht, dieses Angebot nur mit bestimmten Apotheken zu realisieren, sondern es allen Kunden idealerweise im gewohnten Versorgungsumfeld möglich zu machen.“
„Wir wollen kein Gegeneinander mit den Präsenzapotheken"
Noch im vergangenen Jahr habe das Unternehmen entsprechende Verhandlungen geführt, wollte dann aber laut Wunderlich nicht einen eigenen Piloten parallel zur Telematik-Infrastruktur starten, sondern abwarten, wie sich die Digitalisierung des Gesundheitssektors weiterentwickelt. Es sei nie der Plan gewesen, die Offizinen von dem Projekt auszuschließen, betont Wunderlich. „Wir wollen kein Gegeneinander mit den Präsenzapotheken. Im Gegenteil: Wenn vor Ort was geht, können wir noch mehr tun.“ An der fachlichen Kompetenz der Präsenzapotheken bestehe kein Zweifel. „Wir sind mit Shop Apotheke gestartet, verfolgen aber das Ziel, unser Angebot weiter auszubauen.“
9 Kommentare
Anlage-Empfehlung "Shop-Apotheke", die Dritte
von Wolfgang Müller am 26.05.2020 um 9:55 Uhr
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Generali...
von Helge Killinger am 26.05.2020 um 9:24 Uhr
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Generali - kein seriöser Partner der Apotheke vor Ort
von Andreas Wiegand am 26.05.2020 um 7:57 Uhr
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Generali/Shop-Apotheke
von Ingrid Schierle am 25.05.2020 um 19:12 Uhr
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