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Wie Corona die Apothekenwelt verändert (Teil 2)
Botendienste und Telepharmazie-Angebote in vielen Ländern ausgeweitet
Der Umgang mit dem Coronavirus hat den Apothekenmarkt nicht nur in Deutschland verändert. In den meisten europäischen Ländern kam es zu kurzfristigen Umstellungen. DAZ.online hat sich mithilfe des EU-Apothekerverbands PGEU in Europa umgeschaut: Inwiefern wurden die Apothekensysteme in den vergangenen Wochen angepasst? In der Mini-Serie „Wie Corona die Apothekenwelt verändert“ gehen wir dieser Frage nach. Im zweiten Teil geht es um Ausweitungen der Botendienste sowie neue telepharmazeutische Angebote.
Die Ausbreitung des Coronavirus hat eine ganze Reihe neuer Maßnahmen zum Infektionsschutz mit sich gebracht, die im Gesundheitssystem in den vergangenen Wochen implementiert wurden. Damit Patienten nicht ein zweites Mal zur Apotheke kommen müssen, dürfen Apotheker in Deutschland auch ein nicht rabattiertes Arzneimittel abgeben, wenn das vorrangig abzugebende Präparat gerade nicht vorhanden ist. Außerdem werden insbesondere Patienten, die zu einer Risikogruppe gehören oder in Quarantäne sind, immer häufiger per Botendienst versorgt. Hierzulande erhalten die Apotheker dafür 5 Euro pro Lieferung.
Daten des EU-Apothekerverbands PGEU zeigen aber, dass es auch in anderen Ländern massive Ausweitungen der Lieferdienste sowie neue telepharmazeutische Ansätze gab. Hier ein Überblick:
Österreich: Schon im März wurden Ausnahmen von der Standard-Versorgung ermöglicht. Patienten können demnach beim Arzt anrufen, wenn sie eine Arzneimittel-Verordnung benötigen. Die Praxis schickt das Rezept dann direkt an die vom Patienten benannte Apotheke. Die Beratung durch die Apotheke kann ebenfalls per Telefon mit dem Patienten stattfinden. Die weitere Vorgehensweise erklärt Apothekerkammer-Präsidentin Dr. Ulrike Mursch-Edlmayr in einer Pressemitteilung der Kammer: „Der Patient oder die Patientin kann die Medikamente dann entweder selbst in der jeweiligen Apotheke abholen oder – das ist die zweite Möglichkeit – eine andere Vertrauensperson damit beauftragen. Die dritte Möglichkeit ist, dass die Apotheke im Notfall und bei lebenswichtigen Medikamenten diese zum Patienten nach Hause bringt.“
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Kroatien: In Kroatien gibt es eine intensive Zusammenarbeit zwischen den Apothekern und dem Roten Kreuz des Landes. Dabei helfen Freiwillige im Auftrag des Roten Kreuzes im ganzen Land, Arzneimittel an Patienten in Quarantäne oder Menschen, die zu einer Risikogruppe gehören, auszuliefern. Die Botendienst-Kooperation mit dem Roten Kreuz wurde wegen der Coronakrise ausgeweitet. Die Freiwilligen müssen einen Freiwilligenvertrag mit dem Roten Kreuz unterschreiben und erhalten dann eine Schulung für die korrekte Übergabe der Arzneimittel an der Haustür.
Frankreich: Auch in Frankreich wurde die Zusammenarbeit zwischen den Apothekern und dem Roten Kreuz ausgeweitet. Am 20. März haben der Apothekerverband Frankreichs (FSPF) und das Rote Kreuz des Landes einen Vertrag unterzeichnet. Demnach haben alle Patienten in Quarantäne, Selbstisolation und Menschen, die zu einer Risikogruppe gehören, Anspruch auf eine kostenfreie Lieferung, die durch freiwillige Mitarbeiter des Roten Kreuzes ausgeführt wird. Auch das Rezept muss der Patient nicht selbst überbringen. Dies kann entweder vom Roten Kreuz bei der Arzneimittelabgabe abgeholt werden oder elektronisch übermittelt werden. Der Apothekerverband bietet dafür auf seiner Seite einen E-Rezept-Übermittlungsdienst an, mit dem die Verordnung vom Patienten zur Apotheke gelangt. Anschließend beauftragt der Patient selbst das Rote Kreuz, um die Arzneimittel in der Apotheke abholen zu lassen.
Zahlreiche Kooperationen mit dem Roten Kreuz
Italien: In Italien wurde die Kooperation zwischen dem Apothekerverband Federfarma und dem Roten Kreuz ebenfalls wegen der Coronakrise ausgeweitet. Für betroffene Patienten, die nicht selbst in die Apotheke gehen können, wurde kurzfristig eine 24-Stunden-Hotline eingerichtet, bei der sich Patienten melden können, die eine Lieferung ihres Arzneimittels nach Hause benötigen. Der Service ist kostenfrei für alle Personen, die älter als 65 Jahre sind, sowie für Patienten, die an Corona-Symptomen leiden oder schon in Quarantäne sind. Das Rote Kreuz benachrichtigt nach der eingegangenen „Bestellung“ die Apotheke, die dem Patienten am nächsten ist. Der Apotheker muss die Medikamente in einer verschlossenen Tüte an den Boten übergeben.
Polen: Der polnische Gesundheitsdienst NFZ hat ein elektronisches Telepharmazie-System entwickelt, das nun in der Coronakrise zur Anwendung kommt. Die Apotheken müssen einen Vertrag mit dem Gesundheitsdienst unterzeichnen, dann können sie an dem System teilnehmen und etwa Online-Bestellungen ihrer Patienten aufnehmen und beliefern. Bei der Online-Bestellung beziehungsweise Übermittlung des Rezepts können die Patienten auch eine Botendienst-Lieferung auswählen, die dann ebenfalls als Auftrag an die Apotheke weitergegeben wird.
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Portugal: In Portugal wurde ein regionales Telepharmazie-Projekt wegen der Coronakrise landesweit ausgerollt. In zwei Regionen war vor der Krise eine Notfall-Hotline getestet worden, bei der sich Patienten melden können und telepharmazeutisch zu Arzneimitteln beraten wurden. Unter der Nummer 1400 können sich nun Menschen im ganzen Land bei der Hotline melden, wenn sie nicht aus dem Haus können, aber dringend Arzneimittel benötigen. Die Mitarbeiter der vom Apothekerverband betriebenen Hotline verbinden den Kunden mit der nächstgelegenen Apotheke, mit der dann via Telefon auch ein Botendienst vereinbart werden kann. Zusätzlich dazu hat der Apothekerverband eine Kooperation mit der Portugiesischen Post abgeschlossen. Die Post unterstützt Apotheken seitdem bei den Auslieferungen.
Spanien: Auch in Spanien gibt es eine intensivere Zusammenarbeit zwischen den Apothekern und dem Roten Kreuz. Die etwa 200.000 freiwilligen Helfer der Hilfsorganisation stehen derzeit in engem Austausch mit den rund 22.000 Apotheken des Landes. Konkret haben seit dem 27. März Patienten in Quarantäne, mit Mobilitätsproblemen, chronischen Erkrankungen oder Atemwegserkrankungen sowie Patienten mit Diabetes mellitus und Herz-Kreislauf-Erkrankungen Anspruch auf einen Botendienst des Roten Kreuzes. In dem Versorgungsmodell meldet sich der Patient zunächst telefonisch in der Apotheke. Der Apotheker wiederum hat einen lokalen Ansprechpartner beim Roten Kreuz, der die Apotheken-Botendienste in seiner jeweiligen Region koordiniert. Bevor der Bote zum Patienten fährt, muss er sich über die Details beim Apotheker informieren.
Vereinigtes Königreich: Bis zum 1. Juli dieses Jahres gibt es in England einen vom NHS finanzierten Botendienst-Service für Menschen, die sich entweder in Isolation befinden oder zu einer Risikogruppe gehören. Sie haben aber nur Anspruch auf den Dienst, wenn kein Verwandter oder Bekannter die Arzneimittel nach Hause bringen kann. Organisiert werden muss der Botendienst durch die jeweilige Apotheke. Erstmals hat der NHS nun eine zeitlich begrenzte Vergütung für die Dienste festgelegt. Die Zusatzvergütung ist dabei nicht pauschal geregelt, wie etwa in Deutschland. Vielmehr zahlt der NHS gestaffelte, monatliche Abschläge an die Apotheken, deren Höhe sich an der Anzahl der ausgelieferten Arzneimittel berechnet. Für die ersten 100 Botendienste kann der Apotheker demnach gar keine Pauschale berechnen. Bis 2.500 ausgelieferte Arzneimittel lösen eine Vergütung von 34 Britischen Pfund aus. Der höchste Abschlag wird ab etwa 19.000 ausgelieferten Arzneimitteln fällig und beträgt 563 Britische Pfund.
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