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Erste Handlungsempfehlungen
COVID-19 und die Blutgerinnung
Können Gerinnungshemmer Überlebenschancen verbessern?
Für das UKE selbst bedeuten die Erkenntnisse aus den Obduktionen auch eine veränderte Behandlung von COVID-19-Patienten. „Wir haben jetzt die Möglichkeit, einen Teil der Patienten zu behandeln mit Blutverdünnern. Und das sollten wir auch tun“, sagte der Direktor der Klinik für Intensivmedizin, Professor Stefan Kluge. Generell sollten alle COVID-19-Patienten entsprechend behandelt werden. Kluge schränkte jedoch ein, dass die häufigste Todesursache bei COVID-19 nach wie vor die Lungenentzündung selbst sei.
Auch eine Pressemitteilung des Hasso-Plattner-Instituts (HPI) in Potsdam titelte am vergangenen Freitag: „Gerinnungshemmer können die Überlebenschancen von COVID-19-Patienten verbessern.“ Demnach haben Wissenschaftler des Hasso Plattner Institute for Digital Health at Mount Sinai (HPI·MS) und des neuen Mount Sinai COVID Informatics Center der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York City herausgefunden, dass COVID-19-Patienten, die stationär mit Gerinnungshemmern behandelt wurden, bessere Überlebenschancen haben. Die entsprechenden Daten zur Studie sind als Research Letter im „Journal of the American College of Cardiology“ vom 6. Mai erschienen.
Der Pressemitteilung zufolge wurden Datensätze von 2.773 COVID-19-Patienten ausgewertet, die zwischen dem 14. März und dem 11. April 2020 in das US-amerikanische Krankenhaussystem Mount Sinai Health System in New York City aufgenommen wurden. Von den analysierten COVID-19-Patienten erhielten 786 (28 Prozent) eine höhere Dosis Gerinnungshemmer als die, die üblicherweise zur Vorbeugung von Blutgerinnseln verabreicht wird, und eine Dosis, die in der Regel denjenigen verabreicht wird, die bereits Gerinnsel haben oder bei denen der Verdacht auf Gerinnsel besteht. COVID-19-Patienten, die mit diesen hohen Dosen an Gerinnungshemmern behandelt wurden, sollen laut Pressemitteilung sowohl auf der Intensivstation als auch außerhalb einen besseren Genesungsverlauf gezeigt haben.
Profitieren beatmete Patienten besonders?
Offenbar war dabei die Wirkung der Gerinnungshemmer bei beatmeten Patienten stärker ausgeprägt: „62,7 Prozent der intubierten Patienten, die nicht mit Gerinnungshemmern behandelt wurden, starben, im Vergleich zu 29,1 Prozent der intubierten Patienten, die mit Gerinnungshemmern behandelt wurden“, heißt es.
Durch diese Beobachtungen kommt man in den USA nun zu ähnlichen Schlüssen wie in Hamburg: „Aufgrund der wichtigen Erkenntnisse dieser Studie und eindeutiger Beobachtungen unserer Ärzte behandeln wir COVID-19-Patienten ohne Blutungsrisiko mit Gerinnungshemmern“, sagte Professor Dennis Charney, Dekan der Icahn School of Medicine at Mount Sinai. Die geschilderte Studie sei aber erst der Anfang für umfassendere Analysen mit bis zu 5.000 COVID-19-Patienten. Darin soll die Wirksamkeit von drei verschiedenen Gerinnungshemmern evaluiert werden.
Auch einem Bericht von „Nature“ zufolge rückt die Gerinnungsproblematik rund um COVID-19 immer mehr in den Mittelpunkt. Studien aus den Niederlanden und Frankreich legen demnach nahe, dass bei 20 bis 30 Prozent der kritisch kranken COVID-19-Patienten Gerinnsel auftreten. Auf dem Nachrichtenportal Medscape wurde am 8. Mai bereits auf weitere Ergebnisse aus der Schweiz und Italien verwiesen. Der ärztliche Direktor des Centrums für Thrombose und Hämostase (CTH) von der Universitätsmedizin Mainz, Professor Stavros Konstantinides, sagte dem Nachrichtenportal: „Momentan akzeptieren wir als Basiswissen, dass alle aufgenommenen COVID-19-Patienten eine prophylaktische Therapie mit Heparin brauchen.“
Doch auch wenn Wissenschaftler einige plausible Hypothesen zur Rolle der Blutgerinnung bei COVID-19 entwickelt haben – sie beginnen gerade erst mit der Durchführung von Studien, zu den mechanistischen Hintergründen.
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