Kabinettsbeschluss

Mehr Tests und Corona-Immunitätsdokumentation im Impfpass

Berlin - 29.04.2020, 16:24 Uhr

§ 22 des Infektionsschutzgesetzes soll um einen Absatz zur Immunitätsdokumentation erweitert werden. (Foto: imago images / Panthermedia)

§ 22 des Infektionsschutzgesetzes soll um einen Absatz zur Immunitätsdokumentation erweitert werden. (Foto: imago images / Panthermedia)


Das Bundeskabinett hat am heutigen Mittwoch den Entwurf eines Zweiten Bevölkerungsschutzgesetzes beschlossen. Mit ihm sollen bereits in der Corona-Epidemie beschlossene Gesetze weiterentwickelt und ergänzt werden. Unter anderem zielt das Gesetz darauf ab, mehr zu testen und einen besseren Einblick in den Verlauf der Epidemie zu erhalten. Weiterhin im Entwurf enthalten sind die Modellvorhaben zur automatisierten Arzneimittelversorgung im Krankenhaus – allerdings wurde noch an den Formulierungen geschliffen.

„Wir wollen Corona-Infizierte künftig schneller finden, testen und versorgen können“, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) anlässlich der Vorstellung des frisch vom Kabinett beschlossenen Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite. „Nur so können wir Infektionsketten wirksam durchbrechen und einen unkontrollierten Ausbruch der Epidemie in Deutschland verhindern“. Außerdem sollen Pflegekräfte einen Bonus erhalten und Pflegebedürftige flexibler unterstützt werden.

Apotheken sind von dem Gesetzentwurf nur am Rande betroffen. Nach wie vor ist im Kabinettsentwurf vorgesehen, dass es in Krankenhäusern mit eigener Apotheke Modellvorhaben zur automatisierten Arzneimittelversorgung auf den Stationen geben soll. Allerdings wurde hier gegenüber der ersten Formulierungshilfe sowohl am neu geplanten § 31a der Apothekenbetriebsordnung nachgebessert als auch an der Begründung. Im Kern geht es aber weiterhin darum, die Abgabe von Arzneimitteln über Automaten an Stationen des Krankenhauses ohne abschließende pharmazeutische Kontrolle durch pharmazeutisches Personal zu erproben. Veranlasst und autorisiert werden muss die Abgabe aber durchaus von pharmazeutischem Personal. Die Projekte, die höchstens fünf Jahre laufen sollen, sind wissenschaftlich zu begleiten. Zeigen sich unvertretbare Risiken, muss der Apothekenleiter das Vorhaben beenden. Ausgenommen von der Abgabe via Automat sollen die Wirkstoffe Lenalidomid, Pomalidomid und Thalidomid sein, ebenso patientenindividuell verblisterte Arzneimittel. Krankenhausversorgende Apotheken sind von den Modellvorhaben ausgeschlossen.

Die ABDA hatte die Modellvorhaben bereits in einer ersten Stellungnahme zur Formulierungshilfe kritisiert. Nicht nur inhaltlich, sondern vor allem auch, weil sie in ein beschleunigtes Gesetzgebungsverfahren gepackt werden sollen. Selbst die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), die sich schon länger eine Änderung der Apothekenbetriebsordnung und des Apothekengesetzes wünscht, um klarzustellen, dass eine Automatisierung der Arzneimittelversorgung in Kliniken – die vielerorts schon Realität ist – zulässig ist, hält nichts von den gegenwärtigen Plänen des Gesetzgebers. „Die geplanten Modellvorhaben sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht geeignet, eine beschleunigte Arzneimittelversorgung in der epidemischen Notlage zu erreichen, vielmehr könnten sie wegen des  Einrichtungsaufwandes sogar kontraproduktiv sein“, erklärte ein DKG-Sprecher gegenüber DAZ.online.

Flexiblere PTA-Ausbildung

Eine weitere für Apotheken relevante Regelung betrifft die Ausbildung von PTA. Sie gehören zu den zahlreichen Gesundheitsfachberufen, in deren Ausbildungen das BMG künftig per Verordnung eingreifen kann. Etwa hinsichtlich der Dauer der Ausbildung, der Nutzung von Digitalen Medien oder von Prüfungen. Diese Reglung hatte die ABDA ausdrücklich begrüßt.  

Weitere Regelungen: Neues zu Meldepflichten

Darüber hinaus enthält der Gesetzentwurf unter anderem folgende Regelungen:

  • Das BMG kann die gesetzliche Krankenversicherung per Verordnung verpflichten, Tests auf das Coronavirus grundsätzlich zu bezahlen. Damit werden Tests in einem weiteren Umfang als bisher möglich – zum Beispiel auch dann, wenn jemand keine Symptome zeigt. Gesundheitsämter sollen Tests ebenfalls über die GKV abrechnen können. Das gleiche gilt für Tests auf Immunität, sobald klar ist, dass eine Immunität für einen längeren Zeitraum möglich und die Person dann nicht mehr ansteckend ist.
  • Im Umfeld besonders gefährdeter Personen – etwa in Pflegeheimen – soll verstärkt auf Corona-Infektionen getestet werden. So können Infektionen früh erkannt und Infektionsketten effektiv unterbrochen werden.
  • Die Labore müssen künftig auch negative Testergebnisse melden. Außerdem müssen Gesundheitsämter übermitteln, wenn jemand als geheilt gilt. Teil des Meldewesens ist künftig auch, wo sich jemand wahrscheinlich angesteckt hat. Die Daten werden anonymisiert an das Robert Koch-Institut (RKI) übermittelt.
  • Das BMG kann Labore verpflichten, Daten von Proben pseudonymisiert an das RKI zu übermitteln. Ein Rückschluss aus den übermittelten Daten auf die Person soll dabei ausgeschlossen sein.
  • Künftig soll man sich nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 Immunität bescheinigen lassen können – analog zum Impfpass und in eben diesem. Dabei muss unter anderem die nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft zu erwartende Dauer der Immunität angegeben werden, ebenso die Grundlage der Feststellung der Immunität – gegebenenfalls mit Angaben zur Testmethode. Davor verspricht man sich, zielgenauere Schutzmaßnahmen ergreifen zu können.

Förderung des ÖDG, mehr Zeit für Neuerungen bei Medizinprodukten

  • Um besser einschätzen zu können, wie das COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz wirkt und wie es sich auf die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser auswirkt, werden überdies zwei unterjährige Datenübermittlungen zum Leistungsgeschehen eingeführt. Die Ergebnisse werden dem BMG vorgelegt.
  • Zudem gibt es mehr Unterstützung für den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD). Während der epidemischen Lage von nationaler Tragweite werden 375 Gesundheitsämter mit etwa 50 Millionen Euro unterstützt – insbesondere, um Digitalisierung voranzutreiben. Dafür werden etwa 50 Millionen Euro für die 375 Gesundheitsämter in der Bundesrepublik bereitgestellt. Zudem wird beim RKI dauerhaft eine Kontaktstelle für den ÖGD eingerichtet.
  • Kann jemand aufgrund z.B. einer Quarantäneanordnung nicht arbeiten, hat er unter bestimmten Umständen einen Anspruch auf Erstattung seines Verdienstausfalls. Die Antragsfrist dafür wird deutlich verlängert – von drei auf 12 Monate. So werden die Betroffenen, aber auch die Verwaltung entlastet.
  • Ärzten können mehr saisonalen Grippeimpfstoff vorab bestellen, ohne Regressforderungen der Krankenkassen wegen unwirtschaftlicher Verordnung befürchten zu müssen.
  • Privat Krankenversicherte, die vorübergehend hilfebedürftig werden und in den Basistarif wechseln, können einfacher – also ohne erneute Gesundheitsprüfung – in ihren Ursprungstarif zurück wechseln.
  • Zur Verwendung elektronischer Verordnungen von digitalen Gesundheitsanwendungen werden Pilotprojekte ermöglicht.
  • Das Inkrafttreten des neuen Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetzes wird verschoben, so dass das Medizinproduktegesetz bis zum 26. Mai 2021 weiter gilt. Zuvor hatte bereits das Europäische Parlament hat den Geltungsbeginn der EU Medizinprodukte-Verordnung (MDR) um ein Jahr verschoben.
  • Klargestellt wird auch, dass der Bund die Kosten für die intensivmedizinische Behandlung von Patientinnen und Patienten aus dem europäischen Ausland (EU, UK und Irland) in deutschen Krankenhäusern übernimmt, wenn die Patienten in ihrem Heimatland wegen fehlender Kapazitäten nicht behandelt werden konnten.

Nicht zuletzt enthält der Gesetzentwurf nun Regelungen zur finanziellen Anerkennung für Personal in Pflegeeinrichtungen und Pflegediensten und es gibt mehr Hilfen für Pflegebedürftige: Das Gesetz tritt im Wesentlichen am Tag nach der Verkündung in Kraft. Zeitlich befristet sind nur einige von ihnen.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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