BfArM-Chef Broich

COVID-19-Arzneimittel könnte noch in diesem Jahr zugelassen werden

Bonn /Stuttgart - 11.04.2020, 12:45 Uhr

Der Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Karl Broich ist sehr zuversichtlich, dass man noch in diesem Jahr eine Zulassung  für COVID-19-Medikamente erteilen könnte. (Foto: imago images / photothek)

Der Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Karl Broich ist sehr zuversichtlich, dass man noch in diesem Jahr eine Zulassung  für COVID-19-Medikamente erteilen könnte. (Foto: imago images / photothek)


Der Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Karl Broich, hat die Einschätzung von Experten bestätigt, dass es noch in diesem Jahr eine Zulassung für COVID-19-Medikamente geben könnte. Im Interview mit dem „General-Anzeiger" aus Bonn erklärte er, dass er diesbezüglich zuversichtlich sei.  Erprobt werden derzeit unter anderem Remdesivir, Hydroxychloroquin sowie lösliches ACE2. Mit einem Wundermittel wird jedoch nicht gerechnet, echte Abhilfe versprechen sich Experten erst von einem Impfstoff.

Bislang gibt es kein zugelassenes Arzneimittel gegen COVID-19. Das könnte sich allerdings noch in diesem Jahr ändern. „Ich gehe davon aus, dass wir bis zum Spätsommer die ersten belastbaren Ergebnisse aus den derzeit laufenden Studien bekommen“, sagte BfArM-Chef Karl Broich dem „General-Anzeiger" aus Bonn am heutigen Samstag. „Wenn die Daten es hergeben, bin ich sehr zuversichtlich, dass wir noch in diesem Jahr eine Zulassung erteilen können.“ Noch gebe es für kein Arzneimittel ausreichende Wirksamkeitsbelege, betonte er auch. Positive Hinweise etwa bei Remdesivir seien mit Fragezeichen versehen. „Aktuell lassen sich zu keinem Arzneimittel Aussagen zu dessen Wirksamkeit bei COVID-19 treffen“, heißt es beim BfArM. Zunächst seien die Ergebnisse laufender klinischer Prüfungen abzuwarten. Hervorragend wirkende Wundermittel erwarten Experten ohnehin nicht - wirkliche Abhilfe im Kampf gegen Corona wird wahrscheinlich erst eine Impfung bringen, mit der aber erst in etwa einem Jahr gerechnet wird.

Die Entwicklung eines gänzlich neuen Arzneimittels zur Behandlung spezifischer Infektionen nimmt üblicherweise mehrere Jahre in Anspruch. Vor allem die klinischen Studien an Menschen sind sehr aufwendig. Derzeit konzentrieren sich viele Ansätze daher auf Medikamente, die sich bereits in der Entwicklung für andere Erkrankungen befinden oder sogar schon für andere Bereiche zugelassen sind. Ihr Einsatz könnte schneller erfolgen als bei der Entwicklung eines neuen Wirkstoffs.

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Drei klinische Prüfungen mit Remdesivir 

Derzeit hat das BfArM drei klinische Prüfungen mit Remdesivir bei COVID-19 genehmigt. „Alle in diese Studien einbezogenen Patienten sind moderat bis schwer erkrankt und werden stationär behandelt“, hieß es vom Institut. Zudem habe man Anfang April ein Arzneimittelhärtefallprogramm für das noch nicht zugelassene Mittel für sehr schwer an COVID-19 erkrankte Patienten bestätigt.

Die Substanz Remdesivir, die sich direkt gegen das Virus richtet, wurde ursprünglich gegen Ebola-Infektionen entwickelt. Da sie damals in der klinischen Prüfung keine guten Ergebnisse brachte, wurde die Entwicklung nicht weiterverfolgt. Weil erste Laborergebnisse im Einsatz gegen Coronaviren aber gut aussahen, wird Remdesivir nun unter anderem in Deutschland in klinischen Studien getestet. Der Wirkstoff Remdesivir gehört dem US-Pharmakonzern Gilead Sciences. In den USA sind am Wochenende im „New England Journal of Medicine“ im Zusammenhang mit Remdesivir ermutigende Resultate von Versuchen veröffentlicht worden.

Hoffnungsträger Antikörper

Zudem seien vier klinische Prüfungen mit Hydroxychloroquin genehmigt, bei denen Menschen mit leichter COVID-19-Erkrankung ambulant oder moderat bis schwer erkrankte Patienten stationär behandelt werden, so das BfArM. Der Wirkstoff ist ein Malariamittel und zielt nicht direkt auf das Virus ab, sondern greift in zelluläre Prozesse ein, die für das Virus existenziell sind. Er hat allerdings erhebliche Nebenwirkungen.

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Klinische Prüfung mit ACE2

Des Weiteren wurde dem BfArM zufolge eine klinische Prüfung von löslichem Angiotensin-Converting-Enzyms 2 (ACE2) an schwer erkrankten COVID-19-Patienten genehmigt. Das Enzym könnte den Erreger Sars-CoV-2 daran hindern, in die Zellen einzudringen.

Als erfolgversprechend werden aktuell von vielen Experten neutralisierende Antikörper gesehen. Menschen bilden Antikörper gegen verschiedenste Krankheitserreger, die in den Körper gelangen - auch gegen das neue Coronavirus. Eine klinisch etablierte Methode ist es, Antikörper von genesenen Menschen zu nehmen und Erkrankten zu geben. Bei diesen können die Antikörper dann den jeweiligen Erreger bekämpfen. Es gibt an mehreren Stellen in Deutschland - ebenso wie in anderen Ländern - Ansätze, dieses Potenzial zu nutzen.



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