Nach Frage der Grünen

BMG: EU-Versender werden „anlassbezogen“ und „risikobasiert“ überwacht

Berlin - 05.03.2020, 14:45 Uhr

Die BMG-Staatssekretärin Sabine Weiss erklärte im Bundestag, dass die EU-Versender von den niederländischen Behörden überwacht würden. (c / Foto: imago images / photothek)

Die BMG-Staatssekretärin Sabine Weiss erklärte im Bundestag, dass die EU-Versender von den niederländischen Behörden überwacht würden. (c / Foto: imago images / photothek)


Während der Corona-Krise geraten andere wichtige apothekenpolitische Themen derzeit in den Hintergrund. Dass die Überwachung der großen EU-Versender DocMorris und Shop Apotheke aber weiterhin ein Politikum ist, zeigte die aktuelle Fragestunde am gestrigen Mittwoch im Bundestag. Die Grünen-Arzneimittelexpertin Kordula Schulz-Asche wollte von der Bundesregierung wissen, ob Kenntnisse über die Überwachung der EU-Versender vorliegen. Die Antwort der BMG-Staatssekretärin Sabine Weiss: Laut niederländischen Behörden erfolgen „anlassbezogene und risikobasierte“ Kontrollen.

Nicht nur für viele Apotheker, sondern auch in der Politik scheint die Frage nach der Überwachung der großen EU-Versender weiterhin nicht befriedigend geklärt zu sein. Klar ist: Die deutschen, in den Ländern angesiedelten Arzneimittelbehörden sind nicht in die Überwachung involviert und wurden von den EU-Versendern diesbezüglich auch nicht kontaktiert – darüber hatte DAZ.online bereits berichtet. Allerdings hat die niederländische Arzneimittelaufsicht den EU-Versandapotheken, dort auch „Grenzapotheken“ genannt, gewisse Ausnahmen bei der Kontrolle eingeräumt. Unklar ist nach wie vor, in welchem Ausmaß die Niederländer die Versender, die jeden Tag mehrere tausend Arzneimittelpakete nach Deutschland senden, kontrollieren.

Schulz-Asche fragt nach Kontrolle der EU-Versender

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Kordula Schulz-Asche, die in ihrer Fraktion für alle Arzneimittelthemen zuständig ist, brachte das Thema am gestrigen Mittwoch in die aktuelle Fragestunde des Bundestages ein. Während der Fragestunde haben die Abgeordneten die Möglichkeit, der Bundesregierung kurze Fragen zu (aktuellen) politischen Themen bzw. zum Vorgehen der Bundesregierung zu stellen.

Wörtlich fragte die Grünen-Politikerin: 


Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob niederländische Versandapotheken von deutschen oder niederländischen Behörden überwacht werden und, wenn nein: Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung unternehmen, um angesichts der meiner Auffassung nach großen Bedeutung für die Arzneimittelsicherheit, Kenntnis darüber zu erlangen?"

Kordula Schulz-Asche, MdB, Grüne


Weiss: Deutsche Behörden können nicht kontrollieren

Die Antwort von Sabine Weiss (CDU), parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, fiel recht knapp aus. Weiss wies darauf hin, dass die deutschen Behörden in den Niederlanden ohnehin keine Kontrollen durchführen könnten. Allerdings seien die niederländischen Behörden eingeschaltet und hätten angegeben, dass bei DocMorris und Co. „anlassbezogen“ und „risikobasiert“ getestet werde. Hier lesen Sie Weiss‘ komplettes Statement:


Die niederländischen Versandapotheken sind Apotheken nach niederländischem Recht und unterliegen als solche der Überwachung nach den niederländischen Vorschriften durch die zuständigen niederländischen Behörden oder Stellen. Deutsche Behörden haben keine Befugnis, in den Niederlanden Inspektionen bei den dort ansässigen Versandapotheken vorzunehmen. Die Niederlande regeln und vollziehen die Überwachung der Apotheken in ihrem Hoheitsgebiet in eigener Zuständigkeit. Nach den der Bundesregierung vorliegenden Informationen erfolgt eine Überwachung sowohl anlassbezogen als auch risikobasiert ohne einen konkreten Anlass. Das Bundesministerium für Gesundheit steht zu konkreten Fragen der Überwachung in Kontakt mit den niederländischen Behörden.“

Sabine Weiss (CDU)


Kein Grund für Vor-Ort-Inspektion bei DocMorris?

Weiss‘ Aussage entspricht dem Statement der niederländischen Arzneimittelaufsicht gegenüber DAZ.online. Zur Erinnerung: Mitte Februar hatte DAZ.online ausführlich darüber berichtet, wie die niederländischen Behörden eigenen Angaben zufolge die EU-Versender kontrollieren. Die Behörde hatte dazu damals erklärt, dass man ein risikobasiertes Überwachungssystem verwende. Wörtlich sagte eine Sprecherin: „Weil wir nicht ausreichende Kapazitäten dafür haben, alle Gesundheitsdienstleister regelmäßig zu inspizieren, verwendet das Inspektorat ein System der Risikoabschätzung bei seinen Überwachungsaktivitäten.“ Es gehe darum, die „schlechten Äpfel“ in einem Korb voller gesunder Äpfel herauszusuchen.

Zur konkreten Frage, wie oft DocMorris und die Shop Apotheke in den vergangenen Jahren kontrolliert wurden, erklärte die Sprecherin: „Im Rahmen dieser Risikoabschätzung hat es in den vergangenen Jahren keinen Grund für eine Vor-Ort-Inspektion bei den von Ihnen genannten Apotheken gegeben, andere wurden allerdings inspiziert.“

SPD-Politiker Lange will dran bleiben

Der SPD-Europaabgeordnete Bernd Lange hatte sich zuletzt auch um Antworten in dieser Diskussion bemüht. Lange hatte die EU-Kommission danach gefragt, wer für die Überwachung der EU-Versender zuständig ist und was die Kommission hinsichtlich der Wettbewerbsverzerrung nach dem EuGH-Urteil unternehmen will. Lange hatte die Kommission auch auf die DocMorris-Pakate angesprochen, die trotz eines Gerichtsurteils aus dem Jahr 2013 weiterhin Bestellscheine und zahlreiche Aufkleber enthalten, auf denen der eigentliche Firmensitz des Konzerns so gut wie gar nicht erkennbar ist. Stattdessen verwendet DocMorris eine deutsche Adresse.

Die Antwort der Kommission fiel für Lange allerdings enttäuschend aus. Der neue EU-Kommissar für den Binnenmarkt Thierry Breton wich vielen Fragen des SPD-Politikers aus und erklärte lediglich, dass DocMorris in den Niederlanden als Online-Apotheke registriert ist. Lange versprach, an der Geschichte dran zu bleiben.

Schulz-Asche: Die Bundesregierung sollte eng mit dem Ausland zusammenarbeiten

Die Grünen-Politikerin Kordula Schulz-Asche äußerte sich wie folgt zu der aktuellen Äußerung der Bundesregierung in dieser Angelegenheit:


Ich bin aus verschiedensten Gründen gegen ein Rx-Versandverbot. Die Sicherheit der Patienten ist das höchste Gebot. Dies muss für alle Apotheken gelten, unabhängig davon, ob es sich um die lokale Apotheke oder Versandapotheken in den Niederlanden handelt. Die Frage der Aufsicht wurde an uns herangetragen. Die Bundesregierung hat klargestellt, dass diese Versender der jeweiligen nationalen Aufsicht unterstehen. Es ist aber notwendig, dass die Bundesregierung in diesem Punkt eng mit den anderen zuständigen Behörden auch im europäischen Ausland zusammenarbeitet."

Kordula Schulz-Asche




Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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4 Kommentare

Ich hatte kürzlich das "Vergnügen" ...

von Thorsten Dunckel am 06.03.2020 um 10:46 Uhr

... einer "Kurzrevision". Der Amtsapotheker kam in Wanderklamotten in die Apotheke gesprungen, nur um schnell zu kontrollieren, ob auch ein Apotheker da sei. Wir waren zudem Zeitpunkt zu dritt. "Einer reicht mir. Dann brauche ich hier nur noch einen Stempel. Schönen Tag noch."
In der darauffolgenden Woche eine Rechnung vom Kreis über 50€. Dafür das wir korrekt arbeiten.
Vielen Dank für die gleich langen Spieße.

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Beide Damen sind weder "anlassbezogen“ noch „risikobasiert" zu verfolgen ... da der Nutzen in keinem Verhältnis zum Aufwand steht ...

von Christian Timme am 06.03.2020 um 4:54 Uhr

Wie lange können wir uns derartige Abläufe und Vorgänge noch leisten? ...

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Gerechtigkeit

von Thomas Kerlag am 05.03.2020 um 22:47 Uhr

Bitte uns auch „anlassbezogen“ und „risikobasiert“ überwachen, D a n k e!

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Überwachung EU-Versender

von Roland Mückschel am 05.03.2020 um 16:03 Uhr

Das heisst dass sie nur bei einem Vorfall vielleicht
mal kontrolliert werden könnten.
Gut dass Lügen nicht hässlich macht.

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