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Misoprostol in Cytotec – Teil 3
Ein pharmazeutischer Blick auf den Fall Cytotec
Herstellung soll ausschließlich in Apotheken erfolgen
Im Expertenbrief No 63 wird „dringend“ empfohlen, dass die Herstellung von Tabletten oder Vaginaltabletten mit Misoprostol ausschließlich in Apotheken stattfinden soll und dabei Wirkstoffgehalt und Stabilität geprüft werden müssen: „Ein bloßes mechanisches Aufteilen der Cytotec®-Tabletten ohne pharmazeutische Kontrolluntersuchungen der Wirkstoffdosis und Stabilität sollte nicht durchgeführt werden.“
Die Süddeutsche Zeitung hatte berichtet, dass nach einer Umfrage der Hebammenwissenschaftlerin Christiane Schwarz aus Lübeck bei der Anwendung von Cytotec® jeder so vor sich hin „pusselt“. „Manchmal zerteile das Klinikpersonal die Tabletten einfach mit einem Messer“. Hätte das Krankenhausapotheken und krankenhausversorgenden Apotheken über die Jahre nicht schon längst auffallen müssen?
Cytotec: „Achteln ist nicht vorgesehen“
Auch eine Literaturstudie zum Thema Geburtseinleitung, die im Rahmen einer Bachelorarbeit von Antje Roth – sie hat Hebammenkunde an der Ernst-Abbe-Hochschule Jena studiert – angefertigt wurde, geht auf das „Dilemma der Dosierung“ ein (Leseprobe: Deutsche Hebammen Zeitschrift 05/2019). Laut der Bachelorarbeit lässt sich Cytotec® nur halbieren, Achteln sei nicht vorgesehen. (Anmerkung der Redaktion: Doch ohnehin sollte bei einer Gesamtdosis von 200 µg und einer Wunschdosis von 25 µg jedem Apotheker das Teilen der Tablette in gleiche Dosen „utopisch“ erscheinen.)
„Möglich wäre eine 200 µg-Tablette in 200 ml Wasser aufzulösen und der Frau alle zwei Stunden oral 25 ml dieser Lösung zu geben – die beispielsweise jeweils in eine Spritze aufgezogen werden können“, so lautet der einfachste Handlungsvorschlag der Arbeit. Allerdings könne die Lösung maximal 24 Stunden aufbewahrt werden. Alternativ könne die Krankenhausapotheke beauftragt werden, Kapseln mit 25 µg Misoprostol herzustellen. „Das hätte den Vorteil, dass sie nicht speziell für eine Frau angesetzt werden müssen und länger haltbar sind als ein Flüssigkeitsgemisch. Somit ließen sich Überdosierungen mit unerwünschten Nebenwirkungen vermeiden.“
Sind „Lösung“ und Kapseln aber wirklich austauschbare Alternativen?
Lösung oder Suspension?
Irreführend ist hier schon die Wortwahl, denn „auflösen“ lässt sich Misoprostol laut europäischem Arzneibuch in Wasser nicht („praktisch unlöslich in Wasser“). Immerhin wird in den Herstellungsanweisungen der flüssigen Darreichungsform im Internet darauf hingewiesen, dass vor dem Gebrauch geschüttelt werden muss. Doch ob das in der Praxis auch immer befolgt wird und letztlich zum Erfolg führt? Der eingangs erwähnte Arzt, der gerne anonym bleiben möchte, schrieb dazu an DAZ.online: „Ob das Mittel sich in dieser Suspension gleich verteilt, lasse ich mal dahingestellt.“
„Zurzeit wird die Cytotec-Tablette geteilt“
Wie wird Misoprostol im Alltag deutscher Geburtsstationen nun verabreicht? Laut aktueller Stellungnahme der DGGG wird nicht „Cytotec® 200“ genutzt, sondern ein „Misoprostol-Präparat geringerer Dosierung.“ Was hinter dem Misoprostol-Präparat geringerer Dosierung steckt? Wird es von der Krankenhausapotheke hergestellt, oder wird es anderweitig als Fertigarzneimittel (beispielsweise Angusta®) aus dem Ausland importiert? Die DGGG antwortete auf diese Fragen von DAZ.online so: „Zur Zeit wird die Cytotec®-Tablette geteilt. Zukünftig hoffen wir auf die Einführung von Angusta® auch in Deutschland.“
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