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Kassensicherungsverordnung
Handelsverband: Bonpflicht trägt nicht zur Eindämmung von Steuerbetrug bei
Der Staat verliert alljährlich hohe Summen an Steuereinnahmen durch manipulierten Kassen. Das soll die Kassensicherungsverordnung künftig eindämmen, nach der Kassen durch eine technische Sicherheitseinrichtung (TSE) fälschungssicher werden sollen. Ursprünglich sollten die neuen Vorschriften bis zum Jahresbeginn 2020 erfüllt werden, das Finanzministerium räumte nun Zeit bis Ende September ein. Die Bonpflicht gilt trotzdem schon von Januar an – auch für Apotheken. An deren Wirksamkeit gibt es aber Zweifel.
Hohe Summen gehen dem Statt alljährlich durch die Lappen, weil Unternehmen ihre Umsätze mit manipulierten Kassen, Schummelsoftware oder fingierten Rechnungen nicht oder falsch erfassen – vor allem in der Gastronomie und in anderen Branchen mit hohem Bargeldanteil. Den von der Steuergewerkschaft und einigen Ländern bezifferten Schaden von jährlich zehn Milliarden Euro hielt das Bundesfinanzministerium bisher aber für zu hoch. Nach einer passenden Lösung des Problems suchten Bund und Länder viele Jahre, auch der Bundesrechnungshof mahnte immer wieder Maßnahmen gegen Mogelkassen an. Jetzt soll es die Kassensicherungsverordnung richten – oder kurz: das Kassengesetz. Demnach sollen Kassen durch eine technische Sicherheitseinrichtung (TSE) fälschungssicher werden. Ursprünglich sollten Kassen bis zum Jahresbeginn 2020 die neuen Vorschriften erfüllen, das Finanzministerium räumte nun Zeit bis Ende September ein. Die Bonpflicht gilt trotzdem schon von Januar an.
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Neue Regelung verursacht Kosten, auch Apothekensoftware wird zum Teil teurer
Cetin Acar vom Handelsforschungsinstitut EHI schätzt, dass die neue Regelung „unverhältnismäßige Kosten“ verursachen wird. So haben beispielsweise erste Apothekensoftwarehäuser bereits angekündigt, die Kosten aufgrund der neuen technischen Anforderungen zu erhöhen. Auch der Handelsverband Deutschland (HDE) geht von erheblichen Summen für Betriebe aus. „Erste grobe Kostenschätzungen liegen einschließlich Installation zwischen 300 und 500 Euro pro Kasse“, sagt HDE-Steuerexperte Ralph Brügelmann. In einzelnen Branchen können die Kosten aber noch weiter in die Höhe schießen – etwa bei Metzgereien. Denn dort sind Kassen und Waagen verbunden, wie Gero Jentzsch vom Deutschen Fleischer-Verband sagt. Der Umbau sei deshalb komplizierter. Pro Laden geht er von Kosten um 4000 Euro aus. Schlimmer noch: Nur etwa die Hälfte aller Systeme in Metzgereien könne überhaupt technisch nachgebessert werden. In den anderen Geschäften müssten neue Kassen-Waagen-Verbunde angeschafft werden, sagt Jentzsch. Kostenpunkt: 30.000 Euro.
Doch obwohl die Verordnung von Januar an in Kraft tritt, können Unternehmer sich noch nicht mit neuen oder umgebauten Kassen ausrüsten. Die Herstellung der neuen Kassen ist Roland Ketel, Vorstand des Deutschen Fachverbands für Kassen- und Abrechnungssystemtechnik, zufolge ein „riesen Arbeitsaufwand“. Immerhin könnten von den etwa 1,85 Millionen Kassen, die in Deutschland im Einsatz sind, nur zwischen 400.000 und 500.000 umgerüstet werden. Die anderen müssten komplett neu produziert und ersetzt werden. „Es gibt noch keine Kasse, wir haben lediglich Feldtests gemacht“, sagt Ketel. Die Produktion der TSE solle bald ins Laufen kommen. Es gebe allerdings nur zwei Hersteller, die diese derzeit für die normale Kasse anfertigten.
Nutzen der Bonpflicht: Meinungen gehen auseinander
Neben der technischen Umstellung sorgt aber auch die Bonpflicht für Unmut. „Wer im Einzelhandel einkauft, der hat selten Interesse an einem Kassenzettel“, sagt Benad von der Dehoga. Bei Bäckereien wollen nur weniger als 3 Prozent der Kunden einen Beleg, wie der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks schreibt.
Der HDE geht davon aus, dass Zahl und Länge der auszugebenden Kassenzettel spürbar zunehmen werden: „Im Einzelhandel in Deutschland rechnen wir mit mehr als zwei Millionen Kilometern zusätzlicher Länge an Kassenbons im Jahr.“ Die Bonpflicht bedeute deshalb „gerade für kleine Händler erhebliche Mehrkosten für Papier, Druck und Entsorgung der liegengebliebenen Bons“, betont der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK).
Die Belegpflicht stärke Transparenz und helfe gegen Steuerbetrug, etwa weil das Kassensystem und die Bons miteinander abgeglichen werden könnten, erklärt das SPD-geführte Finanzministerium dazu. Das Wirtschaftsministerium hingegen will die Verpflichtung wieder aus dem Gesetz streichen, wie eine Sprecherin sagt. Dies diene dem Umweltschutz, da eine Papierverschwendung verhindert werde, und vermeide hohe Bürokratiekosten. Minister Peter Altmaier (CDU) sei mit Finanzminister Olaf Scholz (SPD) im Gespräch. Auch der Deutsche Apothekerverband hat angekündigt, sich für Erleichterungen für die Apotheken einzusetzen.
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Sowohl die Bäcker, als auch die Dehoga und der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) erwarten eine „immense Menge an Papierverbrauch und zusätzlichem Müll“ wegen der Pflicht zum Kassenzettel. Dies sei „klima- und ressourcentechnisch kein gutes Signal“, so ein Sprecher des BUND.
Zu guter Letzt gibt es aber nicht nur Kritik an den Details des Kassengesetzes, sondern auch Zweifel an dessen Wirksamkeit. Acar vom EHI sagt, die Verordnung sei nicht der Sache dienlich, Betrug könne nicht ganz vermieden werden. So könnten Händler nach wie vor einen Vorgang einfach nicht in der Kasse registrieren.
Laut HDE-Experte Brügelmann kann die Umstellung der Kassen Steuerbetrug zwar eindämmen, die Belegpflicht trage aber nicht dazu bei. „Denn mit dem ersten Tastendruck beim Kassieren wird eine Transaktion eröffnet, die sich bei einer mit einer TSE ausgerüsteten Kasse nicht mehr ohne Spuren löschen lässt. Ob dann der Kunde einen Beleg bekommt oder nicht, ist unerheblich.“
1 Kommentar
total klasse
von PiPaPo am 02.01.2020 um 10:14 Uhr
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