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Apotheken-Impfungen im Masernschutzgesetz
Auflösungserscheinungen bei der Apothekenreform
Das Apotheken-Stärkungsgesetz hängt fest: Weil die neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Probleme hat, ihre neue Kommission zu besetzen, wird es so schnell keine Stellungnahme aus Brüssel zur Apothekenreform geben. Hinter den Kulissen wird angezweifelt, ob das Gesetz überhaupt in Kraft treten kann. Die Große Koalition versucht nun, für sie wichtige Teile aus der Apothekenreform zu retten. Die Modellvorhaben zu Grippeschutzimpfungen sollen daher mit dem Masernschutzgesetz kommen. Für die Apotheker ist das nicht unbedingt eine gute Nachricht.
Für das Apotheken-Stärkungsgesetz sieht es nicht gut aus. Eigentlich sollte die Reform, mit der drei Jahre nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung der Versandhandelskonflikt gelöst werden sollte, in dieser Woche erstmals im Bundestag besprochen werden. Doch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte seinen Ministerkollegen, die starke juristische Bedenken hinsichtlich des in der Reform vorgesehenen Rx-Boni-Verbots hatten, versprochen, sein Vorhaben vorher noch mit der EU-Kommission abzustimmen.
Und genau an dieser Stelle hakt es: Das Bundesgesundheitsministerium steht zwar weiterhin in Kontakt mit Brüssel. Allerdings wird es so schnell keine verbindliche Stellungnahme der EU-Kommission geben. Denn Ursula von der Leyen, die neue EU-Kommissionspräsidentin, hat derzeit erhebliche Probleme damit, ihre neue Kommission zu besetzen. Just in dem Kommissariat, das für die Rx-Preise zuständig ist – das Binnenmarkt-Kommissariat – gibt es die größten Probleme. Von der Leyen wollte die Französin Sylvie Goulard einstellen, das EU-Parlament lehnt Goulard aber ab. Dass die neue Kommission am 1. November mit ihrer Arbeit beginnen kann, ist somit unrealistisch. Daher verzögert sich auch die Abstimmung in Sachen Apotheken-Stärkungsgesetz: Insbesondere in der Unionsfraktion spricht man inzwischen immer häufiger davon, dass eine verbindliche Stellungnahme der EU-Kommission frühestens im Dezember vorliegen dürfte.
Modellvorhaben zu Grippeschutzimpfungen kommen mit dem Masernschutzgesetz
Inzwischen wird in der Großen Koalition sogar schon für den Fall geplant, dass das Apotheken-Stärkungsgesetz überhaupt nicht durchkommt. Denn dass Brüssel das von Spahn geplante Rx-Boni-Verbot im Sozialgesetzbuch V ablehnt und Widerstand ankündigt, ist nicht ausgeschlossen. In diesem Fall wäre der Kern der Apothekenreform nicht mehr tragbar, das ganze Gesetz könnte dann womöglich kippen. Es gibt aber einige Passagen in dem Gesetz, die Union und SPD für einen solchen Totalausfall offenbar retten wollen, dazu gehört unter anderem der Plan, dass es in Apotheken Modellvorhaben für Grippeschutzimpfungen geben soll.
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DAZ.online liegt ein Änderungsantrag zum Masernschutzgesetz vor, mit dem Union und SPD die Modellvorhaben aus dem Apotheken-Stärkungsgesetz in das Masernschutzgesetz transportieren wollen. Auch das Masernschutzgesetz ist nicht unumstritten, allerdings sind die Hürden hier überbrückbarer als bei der Apothekenreform. Für diese Woche (18. Oktober) ist die erste Lesung im Bundestag vorgesehen, im März 2020 könnte das Vorhaben in Kraft treten. Inhaltlich haben die Regierungsfraktionen nichts geändert an den Modellvorhaben zu Grippeschutzimpfungen in Apotheken. (Hier können Sie nochmals mehr über die Durchführung der Modellvorhaben nachlesen.)
Dittmar: Einige Punkte werden vorgezogen
Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Sabine Dittmar, bestätigte gegenüber DAZ.online, dass man die Grippeschutzimpfungen in Apotheken aus dem Apotheken-Stärkungsgesetz ins Masernschutzgesetz packen will. Dittmar wörtlich: „Wir brauchen für unsere Apotheken eine rechtssichere Lösung, die auch auf EU-Ebene Bestand hat. Hierfür sind weitere Gespräche auf EU-Ebene notwendig. Da unklar ist, wann das Apotheken-Stärkungsgesetz den Bundestag erreicht, ziehen wir einige unstrittige Punkte vor. Das Modellvorhaben Grippeschutzimpfung halte ich für einen guten Ansatz, um die Impfquote zu steigern.“
Dittmar sagte auch: „Und auch Dauerverordnungen für mehrere Quartale sind ein probates Mittel, um unnötige Arztkontakte zu vermeiden, wenn bei einer Dauermedikation keine engmaschige ärztliche Kontrolle notwendig ist.“ Zur Erklärung: Mit dem Apotheken-Stärkungsgesetz will die Bundesregierung es auch ermöglichen, dass Ärzte ihren Patienten Dauerverordnungen ausstellen, damit insbesondere Chroniker seltener zum Arzt müssen, um sich Folgerezepte zu holen. Dieses Vorhaben ist zumindest bislang aber in kein anderes Gesetz transportiert worden, es ist weiterhin Teil des geplanten Apotheken-Stärkungsgesetzes.
Verordnungen schon beschlossen
Dass Union und SPD Teile aus dem Apotheken-Stärkungsgesetz herausnehmen, um sie mit anderen Vorhaben zu beschließen, ist nicht das erste Mal. Schon während der Entwurfsphase hatte das Bundesgesundheitsministerium weite Teile aus der geplanten Reform entfernt und sie extra über eine Sammelverordnung dem Kabinett vorgelegt. Unter anderem ging es um Anpassungen am Apothekenhonorar (Notdienste und BtM-Vergütung) sowie Änderungen an der Apothekenbetriebsordnung. Diese Sammelverordnung wurde kürzlich vom Bundesrat beschlossen und dürfte nach einigen Änderungen bald erneut vom Bundeskabinett beschlossen werden, damit sie in Kraft treten kann.
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Für die Apotheker ist das ein gefährliches Unterfangen. Denn neben dem geplanten Rx-Boni-Verbot, das derzeit für die Verzögerungen sorgt, enthält das Apotheken-Stärkungsgesetz noch weitere wichtige Regelungen. Beispielsweise zur Einführung des E-Rezeptes: Ärzten und EU-Versendern soll ausdrücklich verboten werden, Patienten mit dem E-Rezept zu lenken. Nicht zu vergessen sind natürlich auch die vergüteten pharmazeutischen Dienstleistungen: Erstmals sollen die Kassen verpflichtet werden, die Apotheker für neue, pharmazeutische Dienstleistungen zu entlohnen. Doch das Schicksal dieser Neuregelungen ist nun völlig offen.
4 Kommentare
und wirtschaftlich
von Dr Schweikert-Wehner am 16.10.2019 um 7:05 Uhr
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Heilkunde
von Dr Schweikert-Wehner am 16.10.2019 um 6:48 Uhr
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Macht Nichts
von Anita Peter am 15.10.2019 um 14:15 Uhr
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AW: Macht Nichts für uns
von Dr. Schweikert-Wehner am 15.10.2019 um 17:10 Uhr
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