Erfolg vor dem Bundesverwaltungsgericht

Hexal klagt erfolgreich auf OTC-Switch für Desloratadin

Berlin - 19.09.2019, 14:00 Uhr

Hexal ist für einen OTC-Switch bis vor das Bundesverwaltungsgericht gezogen. (Foto: dpa)

Hexal ist für einen OTC-Switch bis vor das Bundesverwaltungsgericht gezogen. (Foto: dpa)


Hexal beweist langen Atem – und wird belohnt

Hexal hat es dennoch versucht und scheiterte damit zunächst. Das Verwaltungsgericht Köln hielt die Klage in erster Instanz zwar für zulässig, meinte aber, das BMG habe seine Entscheidung im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens getroffen (Urteil vom 22. September 2015, Az.: 7 K 6109/14). Im Berufungsverfahren ging es nicht besser aus für Hexal: Das Oberverwaltungsgericht Münster entschied, die Klage sei schon nicht zulässig (Urteil vom 17. Februar 2017, Az.: 13 A 2505/15). Hexal hätte die Angelegenheit auch direkt mit dem BfArM als Zulassungsbehörde klären können, insbesondere eine Änderungsanzeige abgeben können. Im Rahmen dieses Verfahrens hätte dann eine inzidente Prüfung der Arzneimittelverschreibungsverordnung stattfinden können.

Doch bei Hexal hatte man einen langen Atem und viel Zuversicht. Zunächst erstritt sich das Unternehmen die Zulassung der Revision zum Bundesverwaltungsgericht. Und das hat sich gelohnt:  Am 12. September verhandelten die Leipziger Richter den Fall und entschieden im Anschluss zugunsten des Pharmaunternehmens. Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor, aber der Tenor ist deutlich:


Es wird festgestellt, dass die Aufrechterhaltung der Verschreibungspflicht für Desloratadin auch zur oralen Anwendung in den Indikationen allergische Rhinitis und Urtikaria bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern ab zwei Jahren in Anlage 1 der Arzneimittelverschreibungsverordnung die Klägerin in ihren Rechten verletzt“. 

Aus dem Tenor des Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (Az.: BVerwG 3 C 3.18)


Das Urteil dürfte nicht nur Hexal, sondern auch andere OTC-Hersteller höchst fröhlich stimmen. Zunächst sind zwar die Urteilsgründe abwarten, aber die Erwartung dürfte groß sein, darin Hinweise zu finden, wie OTC-Switche künftig gezielter und erfolgreich angegangen werden können. Beim Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) sieht man das nicht ganz durchsichtige und oft schwerfällige Verfahren, ein Arzneimittel aus der Verschreibungspflicht zu entlassen, schon lange kritisch. Der BAH plädiert dafür, allein das BfArM über die Entlassung eines Arzneimittels aus der Verschreibungspflicht entscheiden zu lassen. 

BMG: Urteilsgründe auswerten, Handlungsbedarf prüfen

Bei Hexal hält man sich zum Ausgang des Rechtsstreits bedeckt. Doch es bedarf keiner allzu großen Phantasie, um sich vorstellen zu können, dass im Holzkirchener Unternehmen vergangene Woche die Sektkorken knallten. Die Vorbereitungen für den OTC-Launch dürften schon angelaufen sein. Bis die ersten Desloratadin-OTC –Präparate in die Apotheken kommen, wird es allerdings noch etwas dauern. Dass das BMG unmittelbar aktiv wird, steht nicht zu erwarten. Ein Sprecher verwies gegenüber DAZ.online darauf, dass das BMG „die Urteilsbegründung nach Eingang sorgfältig auswerten und ggf. erforderlichen Handlungsbedarf prüfen“ werde. Und es kann durchaus eine Weile dauern, bis das Bundesverwaltungsgericht die schriftlichen Gründe vorlegt. Doch dann wird das BMG die nächste Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung angehen müssen.

Erinnerungen an die „Pille danach“

Der Fall weckt Erinnerungen an die „Pille danach“: Denn auch mit dem OTC-Switch für das Notfallkontrazeptivum Levonorgestrel (z. B. Pidana®) tat sich das BMG vor einigen Jahren sehr schwer. Der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht hatte sich bereits 2003 für eine Entlassung ausgesprochen, ohne dass das BMG dies aufgriff. Anfang 2014 erneuerte der Ausschuss seine Empfehlung. Sodann forderte der Bundesrat die Regierung auf, diesem Votum zu folgen. Doch das BMG sperrte sich weiterhin. Erst nachdem Anfang 2015 die EU-Kommission die Rezeptpflicht für den zentral zugelassenen Wirkstoff Ulipristal (EllaOne) europaweit aufhob, sah sich die Bundesregierung in Zugzwang – und entschied sich, auch das national zugelassene Levonorgestrel aus der Verschreibungspflicht zu entlassen. Seit Mitte März 2015 sind die entsprechenden Präparate ohne Rezept erhältlich. 



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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