Teil 1: Nur die Spitze des Eisbergs?

Sartan-Skandal: FDA verhängt Importverbot gegen Lösungsmittelhersteller

Stuttgart - 10.09.2019, 10:15 Uhr

Das Lösungsmittel Dimethylformamid (DMF) spielt im Zusammenhang mit mit Nitrosaminen verunreinigtem Valsartan, das im Sommer 2018 zu weltweiten Rückrufen führte, eine zentrale Rolle. Indische und chinesische Plattformen bieten DMF im Internet in blauen Fässern wie diesen an. (s / Symbolbild: Grispb / stock.adobe.com) 

Das Lösungsmittel Dimethylformamid (DMF) spielt im Zusammenhang mit mit Nitrosaminen verunreinigtem Valsartan, das im Sommer 2018 zu weltweiten Rückrufen führte, eine zentrale Rolle. Indische und chinesische Plattformen bieten DMF im Internet in blauen Fässern wie diesen an. (s / Symbolbild: Grispb / stock.adobe.com) 


Sollten Lösungsmittel in Arzneimitteln grundsätzlich nicht nachweisbar sein?

Gerade das Lösungsmittel Dimethylformamid (DMF) stand bei der Ursachensuche der Nitrosaminverunreinigungen von Beginn an im Fokus. Prof. Dr. Ulrike Holzgrabe und Dr. Helmut Buschmann erklärten in der DAZ 29/2018, dass sich DMF in geringen Spuren zu Dimethylamin zersetzen kann (thermisch oder auch basenkatalysiert). Die Bildung von Dimethylamin aus DMF sollte per se zwar kein Problem darstellen. „Aber die gleichzeitige Anwesenheit von Natriumnitrit führt dazu, dass sich aus dem Abbauprodukt des DMF Lösungsmittels unter Reaktion von Nitrit-Ionen die Bildung von NDMA bedingt.“

Zuletzt geriet DMF im Juni 2019 auf dem Nachrichtenportal FiercePharma wieder in den Fokus: Die Online-Apotheke „Valisure“ aus den USA – nach eigenen Angaben, die einzige Apotheke, die jede Charge jedes Arzneimittels, das sie verkauft, selbst testet – machte in einem öffentlichen Brief darauf aufmerksam, dass auch DMF selbst noch in Valsartan-Fertigarzneimitteln nachweisbar sei. Zwar in erlaubten Mengen – doch die Apotheke mit angeschlossenem Labor hält diese Mengen für bedenklich und fordert die FDA auf, wie die Nitrosamin-Limits auch die aktuellen DMF-Grenzwerte zu überdenken. 

Von der IARC (International Agency for Research on Cancer) wird Dimethylformamid seit 2018 nämlich, wie NDMA oder NDEA, in die Gruppe 2 A einsortiert (wahrscheinlich krebserregend für den Menschen).

Direkt auf diese Aufforderung scheint die FDA zwar noch nicht reagiert zu haben. Dass die Problematik im Fall Valsartan aber auch die Lösungsmittel und eventuell andere Stoffe betrifft, scheint sie nun intensiver zu untersuchen.

Schon im April 2019 hatte DAZ.online darüber berichtet, dass die FDA Hersteller in einem Brief aufforderte, ihre Rohstofflieferanten genau unter die Lupe zu nehmen. Die FDA betonte in dem Brief, dass nicht nur die Wirkstoffe selbst, sondern auch die Rohmaterialien kontaminiert sein könnten. Noch im Dezember 2018 hatte die FDA zudem schon Bedenken geäußert, dass die Grundursache der Verunreinigungen noch immer nicht eindeutig identifiziert sei und befürchtete ein noch größeres Ausmaß beim Wirkstofhersteller Zhejiang Huahai Pharmaceutical (ZHP), der zunächst allein im Zentrum des Valsartan-Skandals stand, ehe bei weiteren Wirkstoffherstellern ebenso Nitrosaminverunreinigungen gefunden wurden. Die gemessenen Verunreinigungen liegen bei ZHP aber deutlich höher als bei den anderen Herstellern.

Zum Abschluss des Risikobewertungsverfahrens in Europa hatte die EMA außerdem im Februar 2019 geschrieben: Man wisse nun, dass die Verunreinigungen unter bestimmten Bedingungen und mit bestimmten Lösungsmitteln, Reagenzien und anderen Rohmaterialien in der Herstellung von Sartanen mit einem Tetrazolring in der Sturktur entstehen können. Zusätzlich sei aber auch möglich, dass die Verunreinigungen in manchen Sartanen vorhanden waren, weil Wirkstoffhersteller „unbeabsichtigt“ verunreinigte Geräte oder Reagenzien im Herstellungsprozess verwendet haben. 

Vieles deutet also darauf hin, dass man in der Lieferkette noch weiter zurückgehen muss, als bis zu den Wirkstoffherstellern und, dass der Sartan-Skandal nur die Spitze eines Eisbergs ist, mit dem sich die Pharmazie in Zukunft intensiv beschäftigen muss. 



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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