DAZ-Tipp

Die Krux mit den automatisierten Ausgabefächern

Berlin - 05.09.2019, 16:00 Uhr

Ausgabestationen dieser Art sollen auch künftig zulässig sein. Doch auch Versandapotheken sollen Ausgabestationen nicht verwehrt bleiben. (m / Foto: Dacos)

Ausgabestationen dieser Art sollen auch künftig zulässig sein. Doch auch Versandapotheken sollen Ausgabestationen nicht verwehrt bleiben. (m / Foto: Dacos)


Das geplante Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz soll auch eine Regelung zu automatisierten Ausgabestationen für Arzneimittel enthalten. Ausgabestationen, die sich den Anschein einer Präsenzapotheke geben, sollen verhindert werden. Aber offenbar ist es nicht ganz einfach, diesen Wunsch in ein Gesetz zu gießen. In jedem der bisherigen drei Entwürfe sah die Regelung etwas anders aus. Im Regierungsentwurf findet sich nun eine, die kapitalkräftigen und ambitionierten Versandapotheken durchaus die Aufstellung von Automaten ermöglicht. Rechtsanwältin Dr. Sabine Wesser beleuchtet die Tücken der Regelung in der aktuellen DAZ.

Es war sicherlich der Fall Hüffenhardt, der das Bundesgesundheitsministerium animiert hat, eine Reglung zu automatisierten Arzneimittelausgabestationen zu schaffen. Sie soll in einen neuen Absatz 1b des § 17 Apothekenbetriebsordnung fließen. Im Referentenentwurf für das Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken fand sich noch eine recht knappe Regelung: Die Bereitstellung und Abholung von Arzneimitteln mittels automatisierter Ausgabestationen sollte unzulässig sein, soweit die Ausgabestation nicht unmittelbar mit den Apothekenbetriebsräumen verbunden ist und nicht ausschließlich der Abholung von Rx-Arzneimitteln dient, die zuvor in der Apotheke bestellt worden waren und zu denen auch schon eine Beratung – gegebenenfalls per Telekommunikation – stattgefunden hat. In einem Gesetzentwurf von Mitte Juni blieb es im Grundsatz dabei, die Regelung wurde nur etwas übersichtlicher mit Unterpunkten aufgebaut. Beide Male gab es auch den Zusatz, dass § 52 Abs. 1 Nr. 1 des Arzneimittelgesetzes unberührt bleibe, der besagt, dass Arzneimittel nicht über Automaten in den Verkehr gebracht werden dürfen – also wenn ein Apothekenkontakt gar nicht vorgesehen ist.

In der Begründung hieß es unter anderem, automatische Ausgabestationen verwischten die Grenze zwischen der Versorgung durch Präsenzapotheken und dem Versandhandel. Angesichts des flächendeckenden Apothekennetzes und dem ihnen möglichen Botendienst sowie der ergänzenden Versorgungsmöglichkeit durch den Versandhandel, bestehe kein Bedarf an zusätzlichen Versorgungsoptionen.

Das Bundeskabinett beschloss Mitte Juli dann allerdings eine nochmals etwas andere Version eines neuen § 17 Abs. 1b ApBetrO:

§ 17 Abs. 1b ApBetrO-Entwurf (Regierungsentwurf)

„(1b) Automatisierte Ausgabestationen sind zur Bereitstellung, Aushändigung und Ausgabe von Arzneimitteln nur zulässig, wenn sie sich innerhalb der Betriebsräume einer Apotheke befinden, einen Zugriff von außen für den Empfänger ermöglichen, sofern eine Ausgabe außerhalb der Betriebszeiten dieser Apotheke vorgesehen ist, und erst durch Personal dieser Apotheke bestückt werden, nachdem

1. die Bestellung des Arzneimittels oder der Arzneimittel bei dieser Apotheke erfolgt ist,

2. bereits eine Beratung, die auch im Wege der Telekommunikation durch diese Apotheke erfolgen kann, stattgefunden hat und

3. bei Arzneimitteln, die der Verschreibungspflicht nach § 48 des Arzneimittelgesetzes

unterliegen, die Verschreibung im Original gemäß den Dokumentationspflichten nach den Absätzen 5 und 6 geprüft, geändert und abgezeichnet worden ist.

Abweichend von Satz 1 sind automatisierte Ausgabestationen zur Bereitstellung, Aushändigung und Ausgabe von Arzneimitteln für den zugelassenen Versandhandel mit Arzneimitteln zulässig, wenn sie bestückt werden, nachdem die Voraussetzungen nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 erfüllt sind. § 52 Absatz 1 Nummer 1 des Arzneimittelgesetzes bleibt unberührt.“

Mag der erste Satz noch im Sinne der zuvor beabsichtigten Regelung sein, so überraschte die anschließende Ausnahmevorschrift für Versandapotheken: Auch sie sollen automatisierte Ausgabestationen zur Bereitstellung, Aushändigung und Ausgabe von Arzneimitteln unterhalten können – und um den Besonderheiten des Versands Rechnung tragen zu können, müssen diese Stationen auch nicht mit den Betriebsräumen verbunden sein, ist nun in der Begründung zu lesen. Sollte das eine Bastelanleitung für Hüffenhardt 2.0 sein? 

„Finanzkräftige Versender könnten eine Vielzahl automatisierter Ausgabestationen einrichten“

So wie die Regelung jetzt formuliert ist, gibt es weder eine räumliche Beschränkung noch eine Beschränkung bezüglich des Personals, das die Bestückung vornimmt, konstatiert die Kölner Rechtsanwältin Dr. Sabine Wesser, die sich bereits ausführlich juristisch mit dem Fall Hüffenhardt auseinandergesetzt hat, in einem Beitrag in der aktuellen DAZ Nr. 36, 2019. Und das ist aus ihrer Sicht eine deutliche Ungleichbehandlung von Vor-Ort- und Versandapotheken. Wesser erwartet nichts Gutes: „Apotheken, die erlaubterweise Versandhandel mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln betreiben, könnten also bei entsprechender Kapitalkraft und wirtschaftlichen Ambitionen bundesweit eine Vielzahl automatisierter Ausgabestationen einrichten. Sie könnten solche Automaten neben jeder Vor-Ort-Apotheke, vor oder in Ärztehäusern oder Pflegeheimen, an Tankstellen oder in Supermärkten aufstellen“.

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Hüffenhardt in seiner bisherigen Form wäre nicht zulässig

Der DocMorris-Automat in Hüffenhardt wäre mit dieser Regelung zwar nicht zulässig – schließlich hatte man hier den Automaten allgemein mit Arzneimitteln bestückt. Doch folge allein aus der Vorgabe der geplanten Neuregelung, wonach die Bestückung erst erfolgen darf, nachdem die Bestellung des Arzneimittels oder der Arzneimittel bei der Apotheke erfolgt ist, nicht, durch wen die Arzneimittel „konfektioniert“, das heißt für die Abgabe an den Empfänger und damit für die Bestückung des Ausgabeautomaten vorbereitet werden. Bei in Deutschland niedergelassenen Apotheken ist dies ganz klar die Apotheke, die dies in ihren Betriebsräumen und durch ihr eigenes pharmazeutisches Personal durchzuführen hat. Wie aber außerhalb Deutschlands niedergelassene Apotheken Arzneimittel zur Abgabe in Deutschland vorbereiten, entziehe sich nicht nur deutscher Regelungsgewalt, sondern auch der Kontrolle deutscher Behörden, so Wesser. Denn: „Wo kein Apothekenbetriebsraum, da keine Apothekenaufsicht“.

ABDA will Ausgabestationen generell untersagen

Auch die ABDA kritisiert die Regelung in ihrer jüngsten Stellungnahme zum Gesetzentwurf. Die Ausnahmeregelung sei „geeignet, derzeit rechtswidrig betriebene Gestaltungen zur Abgabe von Arzneimitteln außerhalb der öffentlichen Apotheke durch Versandanbieter, die aktuell Gegenstand laufender Rechtsstreitigkeiten sind, zu legitimieren“. Auf jeden Fall könne sie die Arzneimittelversorgung durch Präsenzapotheken in erheblicher Weise unterminieren, heißt es in der Stellungnahme.

Und die ABDA ginge gerne noch einen Schritt weiter: Am liebsten würde sie auch jedes Abgabe- beziehungsweise Abholfach von Apotheken verboten wissen. Dies hat bereits für Irritationen bei Apotheken gesorgt, die ihren Kunden solche Abholfächer anbieten. Diese Fächer, selbstverständlich mit den Betriebsräumen verbunden, sollen ein Service für Kunden sein, die es innerhalb der Öffnungszeiten nicht schaffen, ein bestelltes Arzneimittel abzuholen – und damit gerade den Versendern etwas entgegensetzen. Für sie ist nicht verständlich: Ein Abholfach in den eigenen Räumen soll unzulässig sein, aber mit einer Versanderlaubnis könnten sie das bestellte Arzneimittel in einer Packstation rund um die Uhr für den Kunden abholbereit halten. 

Das letzte Wort in Sachen Ausgabestationen ist sicher noch nicht gesprochen.
 

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Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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