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E-Rezept-Themenwoche
Wie ist der aktuelle Stand beim E-Rezept?
Für die flächendeckende Einführung des E-Rezeptes gibt es noch keinen festen Termin. Allerdings kristallisiert sich anhand mehrerer Fristen und Marktentwicklungen immer mehr heraus, wie der Fahrplan auf dem Weg zu digitalen Verordnungen ist. Als Einstieg in die DAZ.online-Themenwoche zum E-Rezept sind wir grundlegenden Fragen nachgegangen: Wie funktioniert das E-Rezept überhaupt? Wo befinden wir uns derzeit auf dem Weg der Einführung und was muss noch passieren, damit flächendeckend E-Rezepte ausgestellt werden können?
Wie funktioniert das E-Rezept? Um zu verstehen, wie der aktuelle technische Stand beim Aufbau der digitalen Infrastruktur ist, ist zunächst ein grundsätzlicher Blick auf das Prinzip des E-Rezeptes wichtig: Wie funktionieren digitale Verordnungen eigentlich? In Deutschland gibt es bislang jeweils ein Modellprojekt für den GKV- und für den PKV-Bereich. Eine festgelegte, einheitliche Funktionsweise gibt es also noch nicht.
Allerdings zeigt sich jetzt schon ein Grundmuster: Ärzte werden künftig in ihrer
Praxis-Software die Auswahlmöglichkeit haben, ob sie ein Rezept ausdrucken oder
digital erzeugen. Entscheiden sie sich für die digitale Variante, wird das
E-Rezept auf einem Server verschlüsselt gespeichert. Gleichzeitig erhält auch der Patient ein Zugriffsrecht auf das E-Rezept, es wird ein
Zugriffscode bzw. Schlüssel erstellt (zum Beispiel ein 2D-Code), mit dem nur der Patient selbst auf seine Verordnung zugreifen kann.
Diesen Code benötigt der Patient, um die Apotheke seiner Wahl zu befähigen
(beispielsweise mittels einer Handy-App), auf dieses digitale Rezept
zuzugreifen. Der Apotheker benutzt den vom Patienten mitgebrachten Schlüssel (oder scannt den 2D-Code), sieht die Verordnung dann in der Apothekensoftware
und kann das passende Arzneimittel beliefern. Auf dem Server ändert sich der Status des E-Rezeptes, es gilt als beliefert. Die Apotheke übermittelt die Verordnung digital an das Rechenzentrum, von da aus gelangt es weiter zur Krankenkasse.
Was muss technisch aufgebaut werden, damit E-Rezepte verschickt werden können? Damit E-Rezepte sicher und verschlüsselt von der Arztpraxis über den Server zum Patienten und dann in die Apotheke gelangen können, ist neben dem oben genannten Rezeptserver eine Datenautobahn nötig. Diese wird seit Jahren – auch für andere Anwendungen – aufgebaut und nennt sich „Telematikinfrastruktur“. Noch vor dem E-Rezept sollen Ärzte und Apotheker in diesem Jahr anfangen, innerhalb dieser Infrastruktur E-Medikationspläne auszutauschen. Für den Aufbau dieser „TI“ ist die Gesellschaft für Telematikanwendungen (Gematik) zuständig, in der neben den Leistungserbringern (Apotheker, Ärzte, etc.) auch das Bundesgesundheitsministerium und die Krankenkassen sitzen. Innerhalb der Gematik gibt es einzelne Fachprojekte, die Apotheker sind für das Projekt „E-Rezept“ federführend zuständig.
Aber zurück zur Telematikinfrastruktur. Die Ärzte mussten diese Struktur schon vor den Apothekern auf ihrer Seite aufbauen und sich vernetzen – was ihnen nur einigermaßen gut gelang, denn etwa ein Drittel der Praxen hat die Frist zur Anbindung an die TI verstreichen lassen. Mit dem Digitale Versorgung-Gesetz (DVG) will die Bundesregierung für die Apotheker nun auch eine Frist zur Anbindung etablieren: Bis Ende September 2020 sollen demnach alle Apotheker an die Infrastruktur angebunden sein.
Was benötigt man als Apotheker, um sich an die TI anzubinden? Die Apotheker müssen in der Offizin mehrere neue Geräte installieren und bekommen neue Zugangskarten. Hier ein Überblick:
1. Die Apotheker brauchen einen sogenannten Konnektor, um sich technisch ans Netz anzubinden. Der Konnektor ist das Verbindungsgerät, also ein Router, in der Telematikinfrastruktur.
2. Zur persönlichen Identifizierung brauchen die Apotheker einen elektronischen Heilberufsausweis (HBA), mit dem sie sich als Heilberufler im Netzwerk identifizieren. Die Apotheker brauchen ihn, um Zugang zu Anwendungen zu erhalten, in denen Patientendaten eine Rolle spielen – wie etwa der E-Medikationsplan. Die Landesapothekerkammern verteilen die HBAs an die einzelnen Apotheker.
3. Damit jede Apotheke als Institution an das digitale Netz angeschlossen werden kann, benötigt der Inhaber eine sogenannte Institutionenkarte, auch „SMC-B-Karte“ genannt. Diese Karte ist notwendig, um die Apotheke über den Konnektor beim TI-Netz anzumelden. Auch diese Karten werden von den Kammern ausgegeben.
4. Außerdem benötigen die Apotheken neue Kartenlesegeräte, in die der HBA, die SMC-B-Karte aber auch die elektronische Gesundheitskarte (eGK) der Patienten eingesteckt werden können.
Finanzielle Unterstützung, Zeitplan
Wie sieht es zeitlich bei der TI-Anbindung aus und welche Probleme könnte es geben?
Damit alle Apotheken bis Ende September 2020 an die TI angeschlossen sind, muss noch sehr viel passieren. Bislang ist noch keine einzige Apotheke an dieses System angeschlossen, auch die Hardware und die Karten sind noch nicht „verteilt“. Die folgenden Hürden müssen noch bewältigt werden:
Ein Modellprojekt. Ende dieses Jahres oder Anfang des kommenden Jahres soll die TI-Kommunikation zwischen Ärzten und Apothekern in Westfalen-Lippe in einem Modellprojekt getestet werden. 75 Ärzte und 15 Apotheken sollen teilnehmen. Die Heilberufler sollen bis dahin mit allen nötigen Geräten und Karten ausgestattet werden. Getestet wird dort allerdings nicht das E-Rezept, sondern zunächst der E-Medikationsplan, der noch vor dem E-Rezept als Pflichtanwendung der elektronischen Gesundheitskarte flächendeckend ausgerollt werden soll. Anschließend muss dieses Projekt auch noch evaluiert werden. Nach Informationen von DAZ.online zeigt sich aber schon bei diesem Projekt, das es bislang nur einige wenige Hersteller gibt, die die benötigte Hardware herstellen. Ob diese Hersteller rechtzeitig zum Projektstart ein Gerät fertigstellen, ist derzeit noch offen.
Das Problem mit den Konnektoren. Apotheken erhalten schon jetzt mehrfach Angebote von Software-Häusern, die ihnen einen rabattierten Anschluss an die TI samt Einrichtung des Konnektors und der Software rabattiert empfehlen. In den Verbänden sieht man das allerdings skeptisch: Denn einerseits ist die TI noch gar nicht soweit, das man schon jetzt fertige Lösungen verkaufen könnte. Und andererseits gibt es im Markt derzeit schlichtweg noch keine sogenannten E-Health-Konnektoren, die zur TI-Anbindung in den Apotheken benötigt werden. Und das ist auch schon das größte Problem: Hört man sich im Apothekerlager um, ist derzeit die größte Sorge, dass die Hardware-Hersteller noch keinen geeigneten Konnektor auf den Markt gestellt haben, der den Anforderungen der Apotheken-Anbindung gerecht wird. Es soll zwar drei Anbieter geben. Die vertreiben derzeit offenbar aber ein Modell, das in der aktuellen Variante nicht von den Kassen refinanziert wird. Allerdings erklären die Hersteller sowie der GKV-Spitzenverband, dass diese Konnektoren durch ein Update geeignet und auch förderfähig sind.
Der HBA. Auch die Heilsberufsausweise sind noch längst nicht an die Apotheker verteilt. Dem Vernehmen nach haben die Kammern – zumindest in Einzelfällen – auch hier Probleme, den passenden Hersteller zu finden, da es nur wenige Unternehmen gibt, die solche Leistungen anbieten.
Gibt es für Apotheker finanzielle Hilfen für diese Anschaffungen?
Ja. Apotheker und Kassen wurden gesetzlich dazu aufgefordert, eine „Vereinbarung zum Ausgleich der erforderlichen erstmaligen Ausstattungskosten, die den Apothekeninhabern in der Festlegungs-, Erprobungs- und Einführungsphase der Telematikinfrastruktur sowie der Kosten, die den Apothekeninhabern im laufenden Betrieb der Telematikinfrastruktur entstehen“ zu treffen. Diese Vereinbarung steht seit einigen Monaten. Konkret sollen die Apothekeninhaber eine einmalige Ausstattungs- und Einrichtungspauschalen für die TI-Anbindung nötige Hardware erhalten. Hinzu kommen regelmäßige Pauschalen für den Betrieb. Ob diese Pauschalen letztendlich auch die tatsächlichen Kosten der Apotheker für die Hardware decken, ist allerdings noch unklar, da noch keine passenden Geräte auf dem Markt sind. Hier können Sie sich die Vereinbarung nochmals genauer durchlesen.
Welche Verträge und Gesetze müssen noch geändert werden, damit das E-Rezept kommen kann?
Derzeit ist das Papierrezept noch in einigen Verträgen als einzige Verordnungs- und Abrechnungsform festgelegt. Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV), das kürzlich in Kraft getreten ist, dafür gesorgt, dass diese Verträge geändert werden. Einerseits sollen die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der GKV-Spitzenverband die nötigen Veränderungen im Bundesmantelvertrag der Ärzte vornehmen. Für die Apotheker relevant sind aber die notwendigen Änderungen am Rahmenvertrag, den der GKV-SV und der Deutsche Apothekerverband aushandeln. Laut GSAV haben Kassen und Apotheker sieben Monate Verhandlungszeit, sie müssen die Verträge also bis Mitte Februar geändert haben.
Außerdem wurde die Gematik mit dem GSAV beauftragt, bis zum 30. Juni 2020 die erforderlichen Maßnahmen (Spezifikationen und Zulassungsverfahren) zu schaffen, damit ärztliche Verordnungen für Arzneimittel in elektronischer Form übermittelt werden können.
Welche Erfahrungen werden mit dem E-Rezept heute schon gesammelt?
Es gibt derzeit drei Modellprojekte, in denen das E-Rezept schon angewendet wird bzw. demnächst angewendet werden wird. In diesen Projekten wurden unabhängig von der TI eigene Strukturen geschaffen, in denen digital verordnet wird. Schon 2017 startete die Online-Praxis Teleclinic gemeinsam mit apotheken.de, dem Apotheken-Dienstleister des Deutschen Apotheker Verlages, ein erstes Projekt im PKV-Bereich. Die baden-württembergischen Ärzte hatten zuvor als erste Ärztekammer das Fernbehandlungsverbot aufgehoben, Teleclinic und apotheken.de reagierten und starteten das Versorgungsmodell. Anfang des Jahres startete dann die TK in einem Hamburger Bezirk das erste E-Rezept-Modell im GKV-Bereich. Beteiligt sind bislang nur eine Praxis und eine Apotheke, allerdings hat sich mit der HEK kürzlich eine weitere Kasse angeschlossen. Das wohl größte Modellprojekt im GKV-Bereich soll in diesem Herbst allerdings unter dem Namen „GERDA“ in Baden-Württemberg starten. Beteiligt sind die Online-Praxis DocDirekt der KV Baden-Württemberg, mehrere Krankenkassen, die Apothekerkammer und der –verband sowie erneut die Teleclinic, die die Technik auf der Ärzteseite aufbaut. Das Projekt soll zunächst in den beiden Regionen Stuttgart und Tuttlingen starten, dann aber landesweit ausgerollt werden. Zudem hat auch der EU-Versender DocMorris angekündigt, eine eigene E-Rezept-Lösung zu entwickeln, gemeinsam mit dem Spitzenverband der Fachärzte.
Insbesondere die beim GERDA-Projekt gesammelten Erfahrungen können für den Aufbau der bundesweiten E-Rezept-Struktur, die in der Gematik geplant wird, noch wichtig werden. Denn hier sitzen bereits alle wichtigen Player (Ärzte, Apotheker, Softwarehäuser, Rechenzentren, Krankenkassen, etc.) und können wichtige Grundsatzfragen klären: Wie muss der Rezeptserver aufgebaut sein? Wie funktionieren die Schnittstellen zwischen Praxen und dem Server und dem Server und den Apotheken auf der anderen Seite? Und was passiert bei Sonderfällen im Verordnungsprozess? Viele dieser Erkenntnisse dürften in der Gematik genau betrachtet werden, wenn es darum geht, eine bundesweit verwendbare Infrastruktur für das E-Rezept aufzubauen.
1 Kommentar
ERezept
von Förster am 27.08.2019 um 13:36 Uhr
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