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Rechtsgutachten zum geplanten Apotheken-Stärkungsgesetz
Mand/Meyer: Keine Systemerhaltung ohne neues EuGH-Verfahren
Jede gesetzgeberische Maßnahme, die das deutsche Arzneimittelversorgungssystem mit unabhängigen öffentlichen Apotheken sichern soll, mündet in ein europarechtliches Verfahren. Diese Erkenntnis gewinnen die Apothekenrechtsexperten Dr. Elmar Mand und Prof. Dr. Hilko J. Meyer in ihrem jüngsten Gutachten zum Apotheken-Stärkungsgesetz. Demnach wäre das politische Ziel der Gleichpreisigkeit nicht vereinbar mit einem Gesetz, das die Rechtsposition der EU-Kommission anerkennt.
Dr. Elmar Mand und Prof. Dr. Hilko J. Meyer zeigen in ihrem jüngsten Gutachten für die Apothekerkammern und -verbände Nordrhein und Westfalen-Lippe eklatante Schwächen im Referentenentwurf für das Apotheken-Stärkungsgesetz auf. Die Gutachter machen deutlich, dass der Wortlaut der vorgeschlagenen Gesetzesänderungen nicht zu der beabsichtigten Gleichpreisigkeit führen würde, nicht einmal bei Rx-Arzneimitteln zulasten der GKV. Als entscheidend dafür sehen Mand und Meyer die geplante Streichung von § 78 Absatz 1 Satz 4 AMG, der klarstellt, dass die Preisbindung auch für ausländische Versender gilt. Damit würde die geplante Bezugnahme im Sozialrecht auf ein verändertes Arzneimittelpreisrecht verweisen, das gerade nicht mehr auf ausländische Versender anzuwenden wäre. Das Gesetz würde damit nicht das leisten, was es gemäß seiner Begründung verspricht.
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Auslandsgeltung aller neuen Regeln bezweifelt
Mand und Meyer argumentieren überzeugend, dass auch die anderen geplanten neuen Regelungen nicht mehr für Ausländer gelten würden, sofern sie nicht ausdrücklich auch auf Ausländer bezogen werden. Dieses Problem sehen Mand und Meyer beispielsweise beim geplanten Verbot für die Krankenkassen, Patienten auf bestimmte Apotheken zu verweisen, und bei den geplanten Schutzregeln für das E-Rezept. Sie vermissen eine Regelung, nach der das Verbot des Makelns von E-Rezepten auch für ausländische Versandapotheken und Internetplattformen gelten soll.
Im Mittelpunkt der Kritik steht der Plan, § 78 Absatz 1 Satz 4 AMG zu streichen. Gemäß der Begründung des Referentenentwurfs erkennt die Bundesregierung mit dieser Streichung die Position der EU-Kommission zur Preisbindung an. Möglicherweise ist dies mit der Motivation des Gesetzgebers zu erklären, eine europarechtliche Auseinandersetzung vermeiden zu wollen.
Doch einem solchen Anliegen erteilen Mand und Meyer in ihrem Gutachten eine klare Absage. Sie erklären dazu:
Unabhängig von der gewählten Regelungsalternative bleibt festzuhalten, dass die Aufrechterhaltung des deutschen Arzneiversorgungssystems durch unabhängige öffentliche Apotheken und die Abwehr disruptiver Eingriffe in die Strukturen der flächendeckenden und qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung in keinem Fall ohne weitere Auseinandersetzungen mit den Deregulierungs- und Wachstumsinitiativen der EU-Kommission und den damit verbundenen unionsrechtlichen Gerichtsverfahren möglich sein wird.“
Gute Aussichten bei neuem EuGH-Verfahren
Mand und Meyer beschäftigen sich insbesondere mit dem Fall, dass die geltenden Preisregeln erhalten bleiben und zusätzlich flankierende Maßnahmen zur Einbindung in den Rahmenvertrag nach § 129 SGB V stattfinden. Dann wären diese Regelungen – so Mand und Meyer – aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts bis auf weiteres nicht verbindlich für ausländische Versender. Doch damit würde der Weg für die Bundesregierung eröffnet, die Rechtfertigung für die deutsche Preisbindung in einem neuen EuGH-Verfahren vorzutragen.
Für ein solches Verfahren sehen Mand und Meyer gute Erfolgsaussichten und stützen sich dabei insbesondere auf die Einschätzung des Bundesgerichtshofes („Freunde werben Freunde“ und „Applikationsarzneimittel“). Mand und Meyer erklären dazu:
Der BGH hat in zwei Entscheidungen bereits mit bemerkenswerter Deutlichkeit hervorgehoben, dass er die Entscheidung der 1. Kleinen Kammer des EuGH in der Rechtssache Deutsche Parkinson Vereinigung zum deutschen Arzneimittelpreisrecht für juristisch angreifbar und überwindbar hält und sogar der Auffassung zuneigt, der EuGH haben seine Kompetenzen überschritten, weil er mit seiner Entscheidung die originäre Regelungsverantwortlichkeit der Mitgliedstaaten für die Organisation des Gesundheitswesens gem. Art. 168 Abs. 7 AEUV missachtet.“
Mand und Meyer sehen demnach keinen Grund, eine weitere europarechtliche Auseinandersetzung zu scheuen. Sie sehen aber auch gar keine andere Möglichkeit. Denn jede gesetzgeberische Maßnahme, die auf die Gleichpreisigkeit im In- und Ausland zielt, führt nach ihrer Einschätzung zwangsläufig zu einem europarechtlichen Verfahren. Der Versuch dieses zu umgehen, wäre somit aussichtslos.
Rx-Versandverbot als „Backstop“
Da dies zwangsläufig keine schnelle Lösung des Problems ermöglicht, erinnern Mand und Meyer auch das Rx-Versandverbot und erklären:
Bis eine unionsrechtlich anerkannte Lösung für die Preisregelungen beim grenzüberschreitenden Versandhandel gefunden wurde, sollte das im Koalitionsvertrag vorgesehene Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln als „Backstop“-Lösung aufrechterhalten werden.“
2 Kommentare
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von Anita Peter am 30.04.2019 um 9:56 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Systemerhalt
von Roland Mückschel am 30.04.2019 um 12:12 Uhr
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