Arzneimittel-Automat

Was passiert zwischen Heerlen und Hüffenhardt?

Stuttgart - 10.04.2019, 16:50 Uhr

Um diesen Automaten ging es heute vor dem OLG Karlsruhe. (c / Foto: diz)

Um diesen Automaten ging es heute vor dem OLG Karlsruhe. (c / Foto: diz)


Warum sollte DocMorris dürfen, was mit deutscher Betriebs- und Versandhandelserlaubnis nicht möglich wäre?

Im Vorfeld der einzelnen Verfahren – sowohl in Mosbach als auch heute in Karlsruhe – wurde immer wieder spekuliert, dass eine Argumentation auch auf die Frage abzielen könnte, ob DocMorris überhaupt die Voraussetzungen erfüllt, Arzneimittel nach Deutschland versenden zu dürfen. So wird in § 73 AMG die sogenannte Länderliste genannt, die vom Bundesgesundheitsministerium veröffentlicht und aktualisiert wird. In dieser Bekanntmachung sind die EU-Mitgliedstaaten aufgeführt, die Arzneimittelversandhandel mit Kunden in Deutschland betreiben dürfen. Für niederländische Versender ist es demnach Vorschrift, gleichzeitig eine Präsenzapotheke zu unterhalten und für Sicherheitsstandards nach deutschem Apothekenrecht zu sorgen. Betreibt DocMorris eine Apotheke in den Niederlanden? Öffentlich hatte dies zuletzt Nordrheins Kammerpräsident Lutz Engelen in Frage gestellt. Den vier Richtern des OLG Karlsruhe schien dieser Sachverhalt jedoch für den weiteren Prozess nicht relevant.

Immerhin machte der Vorsitzende Richter allen Anwesenden deutlich, dass ein Apotheker mit deutscher Betriebs- und Versandhandelserlaubnis den Arzneimittelautomaten in Hüffenhardt nicht betreiben dürfe. Warum also DocMorris? Zunächst stellte der DocMorris-Anwalt klar, dass für inländische Apotheker mit Versandhandelserlaubnis im Gegensatz zu den EU-Versendern ohnehin § 11a der Apothekenbetriebsordnung gelte. Dieser Paragraf listet konkrete Anforderungen an den Versand von Arzneimitteln aus öffentlichen Apotheken auf. 

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DocMorris: Konstrukt von der niederländischen Versandhandelserlaubnis gedeckt.

Für den grenzüberschreitenden Arzneimittelversandhandel würden jedoch unionsrechtlich andere Spielregeln gelten. So habe der Europäische Gerichtshof 2016 ja auch geurteilt, dass es keine deutsche Arzneimittelpreisbindung für EU-Versender geben dürfe. Außerdem müssten Wettbewerbsnachteile zwischen deutschen Präsenzapotheken und den Versandhändlern so klein wie möglich gehalten werden. Im konkreten Fall würde DocMorris „nichts anderes als Versandhandel“ betreiben. Dieser beginne im Logistikzentrum in Heerlen und würde – bevor er den Kunden erreicht – in Hüffenhardt nur eine Zwischenstation machen. Dort stelle das Arzneimittellager also einen antizipierten Bedarf dar, den der Kunde mit seiner Eingabe am Terminal abrufe. Die Bestellung würde – wie beim klassischen Versand – auch online nach Heerlen übertragen. Das Konstrukt sei somit von der niederländischen Versandhandelserlaubnis gedeckt. Damit verstoße die behördlich angeordnete Schließung gegen Europarecht.



Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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