ApothekenRechtTag

Mand: Blockiert Spahn Beweise zur Rx-Preisbindung?

Stuttgart - 15.03.2019, 14:45 Uhr

Gesundheitsrechtsexperte Dr. Elmar Mand erklärte auf der Interpharm, dass die von Jens Spahn genannten Alternativen zum Rx-Versandverbot rechtlich nicht haltbar sind. (Foto: bro /DAZ.online)

Gesundheitsrechtsexperte Dr. Elmar Mand erklärte auf der Interpharm, dass die von Jens Spahn genannten Alternativen zum Rx-Versandverbot rechtlich nicht haltbar sind. (Foto: bro /DAZ.online)


Wenn man dem Gesundheitsrechtsexperten Dr. Elmar Mand beim heutigen ApothekenRechtTag auf der Interpharm so zuhörte, konnte man eigentlich nur desillusioniert und verständnislos reagieren. Das lag nicht an Mands Engagement oder seinem Vortrag als solches. Vielmehr verdeutlichte der Jurist, dass viele politische Prozesse, die sich derzeit im Apothekenmarkt abspielen, böse ausgehen könnten für die Apotheker. Den sogenannten Spahn-Plan hält Mand für juristisch nicht haltbar. Außerdem wirft der Jurist dem Bundesgesundheitsminister vor, auf eine wichtige gerichtliche Aufforderung nicht zu reagieren.

„Der Spahn-Plan: Bedrohung oder Chance?“ – so lautete der Titel des Vortrags von Dr. Elmar Mand auf dem ApothekenRechtTag der diesjährigen Interpharm in Stuttgart. Mand begann zunächst mit der Frage der Großhandelsskonti. Ein sehr aktuelles Thema – schließlich hatte der Bundestag erst am gestrigen Donnerstag das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) beschlossen. Darin enthalten: Die Rabattsperre für die 70-Cent-Großhandelsvergütung. Doch die Diskussionen drehen sich vielmehr um die Gesetzesgründung: Denn unterschiedliche Meinungen gibt es dazu, ob die 70 Cent auch für handelsübliche Skonti verschlossen sind oder nicht. Die SPD-Bundestagsfraktion hatte kürzlich erklärt, dass sie der Meinung ist, auf die 70 Cent seien auch Skonti tabu.

So wie der Großhändler AEP seinen Kunden derzeit mitteilt, geht auch Mand davon aus, dass es in Zukunft weitere Klagen dazu geben wird. Mand kritisierte insbesondere die Gesetzesbegründung im TSVG – diese lasse viele Fragen offen und sei sehr unklar. Seine Meinung dazu, wie der Konflikt ausgehen könnte, formulierte Mand aber klar: „Die 70 Cent werden zwingend erhoben werden müssen und es wird keine Skonti darauf geben dürfen.“

Mand: Wir haben keine verbindliche Entscheidung!

Nächstes Thema war der Versandhandelskonflikt. Auch hier erwartet der Gesundheitsrechtsexperte in den kommenden Jahren weitere Gerichtsverfahren und Klagen. Das liege allein schon am EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung von 2016. Denn: Die Richter hätten der Bundesregierung damals auf den Weg gegeben, dass sie schlichtweg keine Beweise dafür vorgebracht hätten, dass die Rx-Preisbindung einen positiven Effekt auf die Gesundheitsversorgung im Land hat. Und so kommt Mand zu dem Schluss: „Wir haben hier also keine verbindliche, abschließende Entscheidung.“ Schließlich könnte das Urteil anders ausfallen, wenn diese gewünschten Beweise erbracht würden.

Auch deutsche Obergerichte seien willens, die Frage erneut vorm EuGH klären zu lassen. Bereits vor über einem Jahr hatte etwa das Oberlandesgericht München das Bundesgesundheitsministerium um Auskunft gebeten, ob es weitere und/oder neue Beweise für die positive Wirkung der Rx-Preisbindung auch für EU-Versender gebe. Doch das Ministerium hat bis heute schlichtweg gar nicht geantwortet. Mand hat kein Verständnis, dass der Minister diese Steilvorlage nicht nutzt: „Da kommt seit einem Jahr einfach nichts. Man muss sich die Frage stellen, ob Spahn das einfach blockiert…“

Mand: Genug Gründe für das Rx-Versandverbot

Er ging auch hart mit Spahn ins Gericht, weil dieser das Rx-Versandverbot für politisch und rechtlich „unwägbar“ hält. Mand hat dafür wenig Verständnis, aus mehreren Gründen: „Erstens gibt es das Verbot verfassungs- und europarechtskonform in fast drei Vierteln der EU-Staaten, zweitens gibt es ein wissenschaftliches Gutachten aus dem Deutschen Bundestag, in dem das Verbot als machbar beschrieben ist und drittens hat der Generalanwalt im EuGH-Verfahren klar erklärt, dass das Verbot unionsrechtskonform wäre.“ Mands Schlussfolgerung daraus: „Spahn fehlt der politische Wille.“

Was Spahns alternative Ideen zum Rx-Versandverbot betrifft, hatte Mand in seinem Vortrag auch wenig Gutes zu vermelden. Spahn und die Gesundheitspolitiker der Union wollen das inzwischen konsentierte Rx-Boni-Verbot im SGB V – unter anderem in der Hoffnung, dass das Sozialrecht vor juristischen Angriffen aus Europa geschützter ist als das Arzneimittelgesetz. Mand wies darauf hin, dass das SGB V nur für GKV-Versicherte gelte und somit nicht für alle Menschen in Deutschland. „Die Regelung wird ja alleine dadurch ausgehöhlt“, so Mand. Eine „Horrorvision“ ist es für ihn überdies, welche Folgen es haben kann, wenn die Einhaltung der Preisvorschriften Gegenstand des Rahmenvertrags würde. Krankenkassen hätten dann umfassende Kontrollmöglichkeiten über die deutschen Apotheken – selbst ihre Einkaufspolitik könnten sie untersuchen. Außerdem sei es „rein rechtlich gesehen völlig schnuppe“, ob das Boni-Verbot im Sozialrecht steht oder im Arzneimittelgesetz. Mand wies auch darauf hin, dass es in einem erneuten EuGH-Verfahren egal sei, ob es ein komplettes Boni-Verbot oder einen Boni-Deckel gebe – beide seien wohl anfechtbar.

Sollte sich ein etwaiger Kompromiss durchsetzen, bei dem kleine Rabatte erlaubt werden, prophezeit Mand, dass der Markt vor größeren Veränderungen steht. „Wenn wir damit einmal anfangen, wird die Preisbindung kippen, das ist relativ sicher, eine Höchstpreisverordnung wäre dann sehr wahrscheinlich – vielleicht wäre es dann sogar denkbar, dass das Fremdbesitzverbot kippt“, so der Gesundheitsrechtsexperte.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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2 Kommentare

Sollte man deutschen Ministern vertrauen ?

von ratatosk am 15.03.2019 um 22:56 Uhr

Seelig die Unwissenden.

Bei Herrn Spahn gilt eben, Krieg den Hütten , Friede den Palästen !
Dann bekommt man vielleicht selber mal einen, egal welchen Schaden er für das normale Volk verursacht. Von den skurilen Gestalten wie Lauterbach - Glaeske etc. mal ganz zu schweigen. Leider wird die Demokratie durch diese Leute schweren Schaden nehmen, da jeder aufrechte Demokrat es immer schwerer hat, die Demokratie, die von vielen Seiten bedroht ist, im Angesicht dieser Leute zu verteidigen und die zunehmende Zahl an Extremisten zeigt ja schon das Resultat.

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Spahn

von Conny am 15.03.2019 um 14:57 Uhr

Habe heute ich mit meinem Enkel den kleinen König Kalle Wirsch geschaut. Eine Figur erinnerte mich ganz stark an Herrn Spahn.

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