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Mit einer geschickten Gegenoffensive reagiert die ABDA auf die Reformpläne von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) für den Apothekenmarkt. Die Vertreter der Apothekerkammern und -verbände haben am heutigen Donnerstag einen eigenen Reformplan entworfen, mit dem die ABDA nun offensiv auf die Politik zugehen will. Falls der Minister diesen Ideen nicht folgen will, will sich die ABDA auf das Rx-Versandverbot zurückziehen.
Vor der heutigen außerordentlichen Mitgliederversammlung der ABDA saßen die Apotheker gewissermaßen in der Klemme: Sie waren konfrontiert mit einem Vorschlag des Bundesgesundheitsministers, der einerseits viele Verbesserungen mit sich bringen würde, auch im im finanziellen Sinne. Andererseits müssten die Apotheker beim Spahn-Plan zumindest teilweise die Rx-Preisbindung aufgeben, die sie mit aller Kraft verteidigen. Denn Spahn will EU-Versendern einen gesetzlich etablierten Boni-Deckel erlauben, den Marktanteil der EU-Versender aber kontrollieren.
Nachdem sich in den vergangenen Wochen schon abzeichnete, dass die Apotheker lieber das gesamte Spahn-Paket aufgeben würden, als den Boni-Deckel zu schlucken, ist die ABDA-Mitgliederversammlung heute in eine Gegenoffensive eingetreten. Die aus etwa 140 Vertretern von Kammern und Verbänden bestehende Versammlung formulierte kurzerhand ein eigenes Eckpunktepapier, das nun aktiv der Politik auf Landes- und Bundesebene vorgestellt werden soll.
Das Papier enthält sechs Punkte und ähnelt den
Vorschlägen des Ministers in weiten Teilen. Insbesondere die Verdoppelung der
Notdienstpauschale und die Honorar-Verbesserungen im BtM-Bereich sowie die
Einführung und Vergütung neuer pharmazeutischer Dienstleistungen wurde fast
wortgleich übernommen. Große Unterschiede gibt es aber bei den Vorstellungen
zur Regelung der von den EU-Versendern gewährten Rx-Boni. Statt des Spahn‘schen
Boni-Deckels will die ABDA Rx-Boni komplett verbieten. Die ABDA will die
Arzneimittelpreisverordnung dafür ins SGB V überführen, um das Boni-Verbot
juristisch sicherer zu machen. Während Spahn die PKV-Versicherten ausließ, will
die ABDA das Boni-Verbot auch für Privatversicherte verankern. Und noch eine Kleinigkeit: Der Minister will, übrigens wie sein Vorgänger, die Apotheken-Botendienste genauer definieren. Die ABDA möchte das aber nicht und lässt eine Äußerung zum Thema Botendienste ganz weg.
Hier sind die von der ABDA vorgeschlagenen Punkte im Detail:
Das ABDA-Papier im Wortlaut
Gewährleistung der Gleichpreisigkeit
Keine Veränderung des Anwendungsbereichs der Arzneimittelpreisverordnung
Einbindung der Arzneimittelpreisverordnung in § 129 SGB V (uneingeschränkte Geltung im GKV-Bereich)
Verbot der Gewährung von Boni in der GKV mit Sanktionsmöglichkeiten gegenüber Krankenkassen
Verbot der Gewährung von Boni an Privatversicherte/Selbstzahler
Die Zuwendungsverbote sollen sozialrechtlich und wettbewerbsrechtlich verfolgbar sein.
Förderung pharmazeutischer Dienstleistungen
Einrichtung eines Fonds für die Honorierung pharmazeutischer Dienstleistungen (mindestens 240 Mio. Euro netto p.a.)
Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Erbringung pharmazeutischer Dienstleistungen
Definition der Dienstleistungen durch die Apothekerschaft
Gesetzliche Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der freien Apothekenwahl
Verbot von Einzelverträgen mit Krankenkassen mit abweichenden Preisen
Verbot der Begünstigung der Versicherten durch die Krankenkasse bei Bezug im Ausland
Beeinflussungsverbot für gesetzliche Krankenkassen und Bekräftigung der freien Apothekenwahl
Verbot des „Makelns“ von Verschreibungen/Sicherstellung der freien Apothekenwahl auch nach flächendeckender Etablierung der elektronischen Verschreibung
Zwingende Mitgestaltung und Mitbestimmung durch die Apothekerschaft bei der Etablierung digitaler Strukturen im Bereich der Arzneimittelversorgung (z.B. E-Rezept)
Aufstockung der Finanzmittel des Nacht- und Notdienstfonds auf 240 Mio. Euro (netto)
Erhöhung der Gebühr bei der Abgabe dokumentationspflichtiger Arzneimittel, insbesondere Betäubungsmittel, um 15 Mio. Euro p.a.
Schmidt: Preisbindung auch in Deutschland in Gefahr
ABDA-Präsident Friedemann Schmidt kündigte nach der Mitgliederversammlung an, dass die Punkte in den kommenden Tagen und Wochen weiter ausformuliert würden. Beispielsweise wolle man erstmals genauere Pläne vorlegen, welche pharmazeutischen Dienstleistungen in Apotheken angeboten werden könnten. Schmidt sagte auch, dass die Mitgliederversammlung in den Bereichen E-Rezept und „Eingang der Versorgung in die digitale Welt“ über das Spahn-Paket hinausgehende Maßnahmen formuliert habe. Welche das sind, blieb aber offen: Das bislang vorgelegte ABDA-Papier enthält dazu keine Angaben.
Schmidt kann sich auch durchaus vorstellen, dass Spahn auf das von der ABDA vorgeschlagene Boni-Verbot eingehen würde, statt auf seinem Boni-Deckel für EU-Versender zu bestehen. Der Minister habe noch im Dezember deutlich gemacht, dass er diese Sonderregelung für EU-Versender nur deshalb einführen wolle, um eine Lösung zu haben, die nicht beklagt wird. Doch mittlerweile habe der Bundesverband Deutscher Versandapotheken deutlich gemacht, dass er in jedem Fall gegen die Bonifzierung für ausländische Versandapotheken vor dem Bundesverfassungsgericht klagen würde. Daher sei Spahns Ziel ohnehin nicht mehr zu erreichen. „Deshalb kann ich mir sehr gut vorstellen, dass er unter diesen neuen Bedingungen noch einmal darüber nachdenkt, ob es nicht sinnvoll ist auf die Sonderregelung für EU-Versender zu verzichten“, so Schmidt.
Insgesamt zeigte sich der ABDA-Präsident überzeugt, „ein im Sinne der Patienten zukunftssicheres und innovatives Angebot“ vorgelegt zu haben. Es werde wieder eine Wettbewerbssituation herstellen, wie sie vor dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung bestanden hat. Die Präsenzapotheke werde gestärkt und der Versandhandel könne weiter existieren – aber ohne unzulässigen Wettbewerbsvorteil. „Und vor dieser Auseinandersetzung haben wir auch keine Angst“, erklärte Schmidt.
Schmidt: Spahn-Plan wäre kontraproduktiv gewesen
Zur Kommentierung des Spahn-Pakets sagte Schmidt nicht viel. Er wies lediglich darauf hin, dass es in „wesentlichen Punkten“ mit den Vorstellungen der Apotheker übereinstimme, aber „eine entscheidende Schwäche“ habe. Denn auch Spahn habe wie die Apotheker mehrfach das Ziel formuliert, für einheitliche Apothekenabgabepreise sorgen zu wollen. Insofern verfehle sein Plan das Ziel, so der ABDA-Präsident. Und noch mehr: Es sei sogar „kontraproduktiv“, weil die Gefahr bestehe, dass auch die deutsche Rx-Preisbindung damit aufbreche.
Schmidt erklärte vage, dass er hoffe, dass die Eckpunkte der ABDA bis zum Sommer dieses Jahres umgesetzt werden könnten. Für den Fall, dass Spahn seinen Boni-Deckel durchsetzen will, ist sich die ABDA aber sicher, was passieren soll:
Für den Fall, dass der Gesetzgeber keine Maßnahmen trifft, mit denen die (...) Ziele erreicht werden können, hält die Mitgliederversammlung an ihrer Forderung, verschreibungspflichtige Arzneimittel vom Versandhandel auszuschließen, fest.
2 Kommentare
Konstruktive Vorschläge - aber warum Verzicht auf Rx-Versandverbot?
von Dirk Krüger am 18.01.2019 um 10:40 Uhr
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Basis-Papier Ergänzung
von Bernd Jas am 17.01.2019 um 21:39 Uhr
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