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Großhandelsrabatte
Warum die Skontofrage weiterhin unklar ist
Die Große Koalition will nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs zu Großhandelsrabatten für eine Klarstellung in der Arzneimittelpreisverordnung sorgen: Der Großhandel soll auf den Fixzuschlag von 70 Cent pro Packung nicht verzichten dürfen. Doch die nun im Entwurf des Terminservice- und Versorgungsgesetzes vorgesehene Reglung sowie ihre Begründung werden nach Auffassung von Rechtsanwältin Dr. Kerstin Brixius keinesfalls für Rechtssicherheit sorgen. Vor allem, weil es nach wie keine klare Aussage gibt, ob Skonti künftig erlaubt sind oder nicht.
Zuwendungen und Rabatte im Bereich der verschreibungspflichtigen Arzneimittel sind bekanntlich nur in engem Maße möglich. Den Rahmen setzen das Arzneimittelgesetz (§ 78 AMG), die auf seiner Grundlage erlassene Arzneimittelpreisverordnung sowie das im Heilmittelwerbegesetz normierte Verbot von Barrabatten entgegen den Preisvorschriften (§ 7 HWG). Demnach müssen pharmazeutische Unternehmer für Arzneimittel, für die die Arzneimittelpreisverordnung Preise und Preisspannen bestimmt, einen einheitlichen Abgabepreis (ApU) sicherstellen. Und auch (deutsche) Apotheken müssen für Rx-Arzneimittel einen einheitlichen Apothekenabgabepreis gewährleisten. Der Gesetzgeber begründet diese Preisbindung mit „berechtigten Interessen der Arzneimittelverbraucher, der Tierärzte, der Apotheken und des Großhandels“, zu denen insbesondere die Sicherstellung der Versorgung gehöre.
Nicht ganz so klar ist die Sache beim Großhandel: Wie der Bundesgerichtshof im vergangenen Jahr entschied, ist nicht nur dessen Zuschlag von 3,15 Prozent auf den ApU einem Rabatt gegenüber der Apotheke zugänglich, sondern auch der Festzuschlag von 70 Cent pro Packung. Diese Zuschläge hatte der Gesetzgeber Anfang 2012 im Zuge einer generellen Umstellung der Großhandelsvergütung eingeführt – und zwar ausdrücklich für den institutionellen Großhandel wie auch für pharmazeutische Unternehmer, die im Direktgeschäft an Apotheken liefern. Dabei wollte er den preisunabhängigen Zuschlag ausweislich seiner Gesetzesbegründung als nicht rabattfähig gestalten. Im Verordnungstext selbst wurde dieser gesetzgeberische Wille jedoch nicht deutlich, befanden die Bundesrichter im Oktober vergangenen Jahres im Streit um die Rabatte des Großhändlers AEP.
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Das will der Gesetzgeber nicht auf sich sitzen lassen. Im Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG), dessen Entwurf demnächst zur ersten Runde auf der Tagesordnung des Bundesrats steht, plant er deshalb eine Klarstellung in der Arzneimittelpreisverordnung und dem Arzneimittelgesetz. Rechtsanwältin Dr. Kerstin Brixius hat allerdings ihre Zweifel, ob dem Gesetzgeber wirklich bewusst ist, was seine Änderungspläne bedeuten. Auf dem Gesundheitsrechtstag der Wettbewerbszentrale am vergangenen Freitag in Frankfurt zeigte sie auf, warum.
Skonto höhlen gesetzgeberisches Ansinnen aus
§ 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisVO soll laut Kabinettsentwurf künftig lauten: „Bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln (…) durch den Großhandel (…) sind auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ein Festzuschlag von 70 Cent sowie die Umsatzsteuer zu erheben; zusätzlich darf auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne die Umsatzsteuer höchstens ein Zuschlag von 3,15 Prozent, höchstens jedoch 37,80 Euro erhoben werden.“
Zudem soll in § 78 Abs. 2 Satz 1 AMG eine Ergänzung im Hinblick auf die bereits oben genannten „berechtigten Interessen“ an der Preisbindung vorgenommen werden: Zu diesen gehöre neben der Sicherstellung der Versorgung auch die „Bereitstellung von Arzneimitteln nach § 52b“. Nach § 52b AMG haben Betreiber von Arzneimittelgroßhandlungen eine angemessene und kontinuierliche Bereitstellung von Arzneimitteln sicherzustellen.
Großhandel soll seinen gesetzlichen Auftrag erfüllen können
In der Gesetzesbegründung verweist der Gesetzgeber zunächst darauf, dass die Änderung in der Arzneimittelpreisverordnung im Zusammenhang steht mit dem Bereitstellungauftrag des Großhandels. Es gehe um eine Klarstellung, dass der Festzuschlag der Sicherung einer angemessenen und flächendeckenden Belieferung der Apotheken mit Arzneimitteln diene. Da dieser gesetzliche Auftrag unabhängig vom Preis eines Arzneimittels zu erfüllen sei, sollte der Großhandel im Gegenzug eine Vergütung erhalten, die ausreichend ist, eine angemessene und flächendeckende Belieferung zu gewährleisten. Die Begründung spricht ausdrücklich nur von „Betreibern von Großhandlungen“, nicht aber von pharmazeutischen Unternehmen, die als funktionale Großhändler ebenfalls für die Bereitstellung verantwortlich sind – für Brixius eine Schwäche. Aus ihrer Sicht wäre es besser gewesen, wenn der Gesetzgeber hier deutlich klargestellt hätte, dass der institutionelle und der funktionale Großhandel weiterhin gleichlaufen sollen.
Eine noch größere Problematik sieht die Juristin allerdings beim Thema Skonto. In der Gesetzesbegründung heißt es: „Rabatte, und die im Handel allgemein üblichen Skonti können nur auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers und Rabatte nur im Rahmen des prozentualen Zuschlags gewährt werden“. Während klar ist, dass sich Barrabatte nur im Rahmen des prozentualen Zuschlags bewegen dürfen, bleibt es beim Thema Skonto bei den altbekannten Schwierigkeiten, die wider Erwarten auch der Bundesgerichtshof nicht gelöst hatte.
Gesetzgeber lässt Skontofrage erneut offen
Dazu ging Brixius zunächst auf Sinn und Zweck von Skonti ein: Sie werden als Wettbewerbsinstrument eingesetzt und sind im Grunde eine Vergütung für eine vorfällige Zahlung. Doch was geschieht tatsächlich in der Praxis? Dazu hat die Anwältin Rechnungen angestellt. Sie zeigten, dass der Gesetzgeber offenbar verschiedene Fallgruppen über einen Kamm schere: So fällt etwa bei 200 Packungen für rund 24 Euro ein Fixzuschlag von 140 Euro an – 2 Prozent Skonto wären knapp 100 Euro. Bei zwei Arzneimittelpackungen für 10.000 Euro wären es dagegen 1,40 Euro Fixzuschlag die den Sicherstellungsauftrag des Großhandels schützen sollen – aber es könnten 400 Euro Skonto gewährt werden. Mit solchen Skonti können also Fixzuschläge gänzlich ausgehebelt werden. Das könne nicht sein, wenn der Gesetzgeber zugleich den Großhandel mit dem Fixzuschlag schützen will, meint Brixius: „Das kann heute und auch in Zukunft nicht funktionieren“. Aus ihrer Sicht hätte der Gesetzgeber hier klar Farbe bekennen müssen: Ja, Skonti sind zulässig oder nein, sie sind es nicht. „Dann wäre der Drop gelutscht“. Doch er lasse die Frage einmal mehr offen – und das werde zu neuerlichen Auseinandersetzungen vor Gericht führen. Das TSVG wird aus Sicht der Anwältin wenig ausrichten können, wenn hier nicht noch nachgebessert werde.
Noch sind solche Änderungsabsichten nicht absehbar. Die nächste Station des Kabinettsentwurfs wird der Bundesrat sein. Die zuständigen Ausschüsse der Länderkammer haben bereits ihre Empfehlung für die Sitzung am 23. November abgegeben. Zur Regelung zum Großhandelsrabatt äußern sie sich darin allerdings nicht.
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