Verunreinigte Sartane

NDEA: Zweiter Irbesartan-Rückruf, erstes Irbesartan-CEP zurückgezogen

Stuttgart - 11.10.2018, 16:45 Uhr

Symbolbild: Hier
werden Anlagen zur Arzneimittelherstellung überwacht – in einem inidschen
Pharmaunternehmen in Bangalore im Jahr 2004. (Foto: Thomas Imo, photothek / imago)

Symbolbild: Hier werden Anlagen zur Arzneimittelherstellung überwacht – in einem inidschen Pharmaunternehmen in Bangalore im Jahr 2004. (Foto: Thomas Imo, photothek / imago)


Am 8. Oktober hat das EDQM dem Wirkstoffhersteller Aurobindo Pharma Limited aus Hyderabad, Indien, das Certificate of Suitability (CEP) entzogen. Seit dem heutigen Donnerstag ruft die AMK nun entsprechende Fertigarzneimittelchargen zurück. Grund des Rückrufs ist dieses Mal nicht das wahrscheinlich krebserregende Nitrosamin NDMA, sondern NDEA. Die gefundenen Mengen sollen nahe an der technischen Bestimmungsgrenze liegen.

Ende Juli wurde nach dem weltweiten Valsartan-Rückruf erstmals Irbesartan zurückgerufen. Damals von Hormosan – und nur vorsorglich: Bislang lägen keine genauen Erkenntinisse vor, ob und wenn ja in welchen Mengen NDMA in den blutdrucksenkenden Arzneimitteln enthalten sein könnte, hieß es. Auf erneute Nachfrage von DAZ.online konnte auch nachträglich keine NDMA-Verunreinigung im Irbesartan von Hormosan nachgewiesen werden. Bereits im Dezember 2017 hatte die Hormosan Pharma GmbH entschieden, den Verkauf von Irbesartan-Hormosan aus kommerziellen Gründen einzustellen.

Am heutigen Donnerstag erfolgte nun der zweite „vorsorgliche“ Irbesartan-Rückruf, jedoch ist dieser deutlich umfangreicher und basiert nicht auf der viel diskutierten NDMA-Verunreinigung, sondern auf dem zweiten Nitrosamin, das bei den Untersuchungen zum Valsartan-Fall entdeckt wurde: NDEA

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Zwar sollen die gemessenen Werte von NDEA je nach Wirkstoffcharge zwischen „nicht nachweisbar“ bis 0,27 ppm und somit nahe an der technischen Bestimmungsgrenze liegen. Zum Vergleich: Bei der NDMA-Verunreinigung des Valsartans des chinesischen Wirkstoffherstellers Zhejiang Huahai ging man im Durchschnitt von 60 ppm aus. Auf Basis dieser Zahl schätzte die EMA im August das Risiko wie folgt ein: Es könnte zu einem zusätzlichen Krebsfall pro 5000 betroffenen Patienten kommen, die über sieben Jahre täglich das verunreinigte Valsartan in der (höchsten) 320-mg-Dosierung eingenommen haben.

Ganz so „vorsorglich“ wie der erste Irbesartan-Rückruf ist dieser zweite nun aber dennoch nicht: NDEA wurde, wenn auch in geringen Mengen, nachgewiesen und das European Directorate for the Quality of Medicines (EDQM) hat sich in der Folge dazu entschieden, am 8. Oktober 2018 das Certificate of Suitability (CEP) des Wirkstoffherstellers Aurobindo Pharma Limited, Hyderabad, Indien zurückzuziehen.

Die betroffenen Chargen

In den AMK-Nachrichten heißt es deshalb heute: „Die Aurobindo Pharma GmbH ruft daher die genannten Chargen von Irbesartan Aurobindo 150 mg, 56 und 98 Tabletten (PZN 02724216 und 02724222), Irbesartan/Hydrochlorothiazid Aurobindo 150 mg/12,5 mg, 28, 56 und 98 Filmtabletten (PZN 02815947, 02815953 und 02816071), Irbesartan/Hydrochlorothiazid Aurobindo 300 mg/12,5 mg, 56 und 98 Filmtabletten (PZN 02816094 und 02816125) und Irbesartan/Hydrochlorothiazid Aurobindo 300 mg/25 mg, 28, 56 und 98 Filmtabletten (PZN 02816131, 02816148 und 02816214), vorsorglich zurück.“

Alle anderen auf dem Markt befindlichen Chargen mit einer längeren Laufzeit als 01/2019 seien nicht betroffen. Eine akute Patientengefährdung bestehe nicht.

Betroffen sind:

Irbesartan Aurobindo 150 mg
56 und 98 Tabletten
Ch.-B.: IC1516007-A, IC1516007-B

Irbesartan/Hydrochlorothiazid Aurobindo 150 mg/12,5 mg 
28, 56 und 98 Filmtabletten
Ch.-B.:
IB1516002-B, IB1516002-C, IB1516002-D, IB1516003-A, IB1516004-A

Irbesartan/Hydrochlorothiazid Aurobindo 300 mg/12,5 mg
56 und 98 Filmtabletten
Ch.-B.: 
ID3016004-A, ID3016006-A, ID3016007-A, ID3016008-A, ID3016009-A, ID3016010-A, ID3016011-A, ID3016012-A, ID3016013-A, ID3016014-A, ID3017001-A, ID3017002-A, ID3017003-A, ID3017004-A, ID3017005-A, ID3017006-A, ID3017007-A, ID3017008-A,
ID3017010-A, ID3017001-B

Irbesartan/Hydrochlorothiazid Aurobindo 300 mg/25 mg
28, 56 und 98 Filmtabletten
Ch.-B.: 
IB3016001-A, IB3016001-B, IB3016001-C, IB3016003-A, IB3016004-A, IB3016005-A

(Anmerkung der AMK: Bitte geben Sie die hier aufgeführten Arzneimittel nicht an den pharmazeutischen Großhandel zurück, bevor das APG-Formular in der pharmazeutischen Fachpresse veröffentlicht beziehungsweise hier verlinkt ist.)

Drittes Sartan, in dem NDEA gefunden wurde, zweiter betroffener indischer Wirkstoffhersteller

Auf der Hompage von Aurobindo ist noch nichts vom neuen Rückruf zu lesen, dort steht noch: „Viele Arzneimittel mit dem Wirkstoff Valsartan werden derzeit europaweit von den Behörden aufgrund einer potentiell krebserregenden Verunreinigung zurückgerufen. Der Wirkstoff wurde von dem chinesischen Wirkstoffhersteller Zhejiang Huahai gefertigt. Die Aurobindo Pharma GmbH ist hiervon nicht betroffen!

Es ist der zweite indische Wirkstoffhersteller, der vom Sartan-Fall betroffen ist. Denn neben Zhejiang Huahai wurde im Valsartan zweier weiterer Wirkstoffhersteller NDMA gefunden: bei Zhejiang Tianyu (China) und Hetero Labs Limited (Indien), letzterer vertreibt in den USA Valsartan unter dem Label Camber Pharmaceuticals Inc.. Sowohl die NDMA- als auch die NDEA-Belastung scheinen aber bei den indischen Wirkstoffherstellern geringer auszufallen als bei Zhejiang Huahai: Wie die FDA bereits zuvor bekannt gegeben hatte, zeigen die Ergebnisse von Stichproben, dass die NDMA-Belastung bei Hetero Labs geringer ausfällt (0,3-04 g/Tablette), jedoch über den 0,096 µg liegt, die von Seiten der FDA als weitgehend sichere Tagesdosis erachtet wird. Weil bei potenten, gentoxischen Kanzerogenen wie im Falle einiger N-Nitrosamine nicht zweifelsfrei von einer unwirksamen Schwellendosis auszugehen ist, unterbleibt die Angabe eines solchen Wertes in der EU.

NDEA in Losartan gefunden, Rückruf blieb aus

Erst seit kurzem ist bekannt, dass neben NDMA auch NDEA in Valsartan von Zhejiang Huahai nachweisbar ist. NDEA soll schon vor der Umstellung des Syntheseprozesses beim chinesischen Hersteller Zhejiang Huahai im Jahr 2012 in den Tabletten enthalten gewesen sein. EMA und FDA haben daraufhin auch NDEA in ihr Risikobewertungsverfahren aufgenommen, in dem alle Sartane mit Tetrazol-Ring untersucht werden. 

Wie das BfArM am 21. September 2018 mitteilte, hat die unabhängige amtliche Arzneimitteluntersuchungsstelle (Official Medicines Control Laboratory (OMCL), die die Analysen durchführt, NDEA in geringen Mengen in einem Losartan-haltigen Fertigarzneimittel gefunden. Das in diesem Arzneimittel verwendete Losartan wurde von der indischen Firma Hetero Labs hergestellt. Die betroffenen Arzneimittel seien seitens des pharmazeutischen Unternehmers in Quarantäne genommen worden und werden somit nicht mehr in den Markt ausgeliefert, hieß es. Losartan-Rückrufe wurden seitdem nicht veröffentlicht. Irbesartan ist nun das dritte mit NDEA verunreinigte Sartan.

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Der Zeitplan der EMA wurde vergangenen Donnerstag aktualisiert, sodass nun für Dezember 2018 ein Fazit der EMA oder eine weitere Liste mit neuen Fragen für den Valsartan-Fall erwartet werden kann. 

In der Folge des europäischen GMP-Non-Compliance-Reports für die Valsartan-Herstellung von Zhejiang Huahai vom September wurde empfohlen, auch im Hinblick auf andere Valsartan-CEPs Maßnahmen zu ergreifen, in denen Zhejiang Huahai als Hersteller von Zwischenprodukten aufgeführt wird. Zudem wurde empfohlen, auch die Einfuhr von Zwischenprodukten von Zhejiang Huahai in die EU zu untersagen.

USA: Doch keine Importverbot für alle Zhejiang-Huahai-Produkte?

Während sich der Non-Compliance-GMP-Bericht der EU bislang nur auf die Valsartan-Herstellung von Zhejiang Huahai bezieht, hat die FDA in den USA auf ihrer Internetseite ein generelles Importverbot gegen alle Produkte von Zhejiang Huahai verkündet. Auf Nachfrage von DAZ.online – nachdem Zhejiang Huahai selbst seinen Anlegern widersprüchliche Angaben zu denen der FDA gemacht hatte – teilte die FDA mit, dass der Import-Bann lediglich gegen die APIs von Zhejiang Huahai vom Standort Chuannan gerichtet sei. Warum der missverständliche Text auf der Internetseite der FDA nicht geändert wurde, darauf antwortete man DAZ.online nicht. APIs von Zhejiang Huahai, die bereits in den USA sind, dürften weiterhin verwendet werden. Es erfolgten keine weiteren Rückrufe und Engpässe würden nicht befürchtet.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Sartan-Produkte

von R. Godjali am 20.03.2019 um 17:00 Uhr

Längere Zeit Irbesartan 150mg genommen. Seit 4Wo. auf Telmisartan gesetzt. Sind beide auf Verbotsliste bzw. Nebenwirkungen (Hautjucken-Brennen)? Welche andere Blutdruck-Hemmer gibt es jetzt noch? Danke für bald. Antwort

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Irbesartan Aurobindo 150mg

von Schell AnnegretHaus am 25.02.2019 um 11:57 Uhr

Meine Ch.-B IX 1516005-A
Ist die in Ordnung?
Danke im Voraus für Ihre Nachricht

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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