Lunapharm-Affäre

Die zweifelhaften Rabattverträge der Kassen mit Parallelhändlern

Berlin - 20.09.2018, 11:30 Uhr

Einige Krankenkassen haben Rabattverträge mit dem Arzneimittelhändler NMG Pharma, der wiederum Beziehungen zum umstrittenen Händler Lunapharm unterhielt. DAZ.online hat das Vertriebssystem analysiert. (b / Foto: Imago)

Einige Krankenkassen haben Rabattverträge mit dem Arzneimittelhändler NMG Pharma, der wiederum Beziehungen zum umstrittenen Händler Lunapharm unterhielt. DAZ.online hat das Vertriebssystem analysiert. (b / Foto: Imago)


Rabattpartner ohne Herstellungserlaubnis?

Der Fall NMG Pharma ist aber auch unter einem anderen Blickwinkel interessant. Denn man kann sich durchaus fragen, wie es sein kann, dass eine Krankenkasse mit einem Unternehmen einen Rabattvertrag schließt, das gar nicht selbst Hersteller, sondern lediglich Großhändler ist. Laut § 130a SGB V schließen die Kassen Rabattverträge mit „pharmazeutischen Unternehmern“.

§ 4 Abs. 18 Arzneimittelgesetz definiert den pharmazeutischen Unternehmer: „Der pharmazeutische Unternehmer ist bei zulassungs- oder registrierungspflichtigen Arzneimitteln der Inhaber der Zulassung oder Registrierung. Pharmazeutischer Unternehmer ist auch, wer Arzneimittel im Parallelvertrieb oder sonst unter seinem Namen in den Verkehr bringt (...)."

NMG Pharma erklärt dazu, es sei im Rahmen des Parallelimports Inhaber einer entsprechenden vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte erteilten Parallelimportzulassung. Damit sei es als Zulassungsinhaber tätig und zugleich pharmazeutischer Unternehmer. Eine eigene Herstellungserlaubnis nach § 13 AMG sei nicht nötig, weil das Unternehmen die Herstellungsaktivitäten nicht selbst sondern extern durchführe. „Dies ist gängige Praxis“, so die Geschäftsführerin des Unternehmens gegenüber DAZ.online. 

AOK Sachsen-Anhalt: Keine eigenen Prüfbefugnisse

Für die AOK Sachsen-Anhalt stellte sich der Sachverhalt damit so dar: NMG hatte von den zuständigen Behörden eine Zulassung für den deutschen Markt, ebenso hatten die Medikamente Humira und Enbrel eine Zulassung durch die EMA. „Dies ist für uns als gesetzliche Krankenkasse maßgebend, da wir selbst keine Prüfbefugnisse haben. Solange die Behörden nicht anderweitig entscheiden, sind die Medikamente im Markt erhältlich und wir müssen das Unternehmen als möglichen Rabattpartner in Betracht ziehen“.

Übrigens haben auch die AOK Plus und die AOK Hessen Rabattverträge mit NMG über Enbrel. Ein Sprecher der AOK Hessen erklärte auf Nachfrage von DAZ.online, man habe im September den Vertrag mit NMG ordentlich zum 31. Oktober 2018 gekündigt –  „gleichwohl nach Angaben von NMG die rabattierten Wirkstoffe vom aktuellen Chargenrückruf überhaupt nicht betroffen sind“.


Anmerkung der Redaktion: Die Erklärung der AOK Hessen zur Kündigung des Vertrags wurde am 20. September um 12:55 Uhr ergänzt. Am 21. September folgte eine Korrektur zur rechtlichen Frage, woher die pU-Eigenschaft von NMG rührt.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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2 Kommentare

Rabattpartner ohne Herstellerlaubnis

von Jörg Geller am 20.09.2018 um 15:52 Uhr

Der klassische Re- oder Parallelimporteur benötigt eine Herstellerlaubnis, weil er das Präparat kennzeichnet, um sie für den deutschen Markt verkehrsfähig zu machen. Wenn ein Unternehmen nur europäisch zugelassene Präparate vertreibt, die bereits auch deutsch gekennzeichnet sind, wird logischerweise keine Herstellerlaubnis benötigt. Das reine Aufbringen einer PZN gilt nicht als Herstellung. In diesem Fall reicht eine Großhandelserlaubnis. Das ist vollkommen nachvollziehbar. Allerdings wird der Großhändler zum Pharmazeutischen Unternehmer, da er das Präparat unter seinem Namen in Verkehr bringt. Als solcher übernimmt er auch die entsprechende Haftung. Auch das ist folgerichtig und darauf kommt es an.

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AW: Rabattpartner ohne Herstellerlaubnis

von Dr. Andreas van de Valk am 21.09.2018 um 8:03 Uhr

Artikel 40 Abs. 2 der RL 2001/83/EG

Also Apotheker aus Frankreich schickt an Apotheker in Deutschland, der deutschen Beipackzettel beifügt - Patient wird beraten und gut.

Parallelimport war also nie nötig. Somit kann die Importquote weg. Hintergrund gut dargestellt von Herrn Geller.

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