„Darmaufbau“ nach Antibiotika

Probiotika – nicht immer sinnvoll und harmlos

Stuttgart - 11.09.2018, 17:10 Uhr

Wie wirken Probiotika auf die menschliche Darmflora? ( r / Foto: Alex / stock.adobe.com)

Wie wirken Probiotika auf die menschliche Darmflora? ( r / Foto: Alex / stock.adobe.com)


Probiotika sollen Erholung der Darmflora verzögern

Ein Forscherteam um den Immunologen Eran Elinav vom Weizmann Institute of Science in Israel war laut dem Ärzteblatt von experimentellen Ergebnissen überrascht, die zeigten, dass Probiotika bei Mäusen die Erholung der Darmflora verzögerten, anstatt sie zu beschleunigen. Auf diese Erkenntnis hin führten die Forscher zwei experimentelle Studien an gesunden Probanden durch, die in einer Pressemitteilung beschrieben werden.

In der ersten Studie wurde bei 25 Probanden sowohl eine obere Endoskopie als auch eine Koloskopie durchgeführt, wobei Proben aus verschiedenen Darmabschnitten entnommen wurden. 15 Probanden wurden schließlich auf zwei Gruppen verteilt: Die eine Gruppe nahm über vier Wochen täglich ein Probiotikum mit elf verschiedenen Bakterienstämmen ein. Die andere Gruppe erhielt ein Placebo. Drei Wochen nach Ende der Behandlung wurden dann alle Teilnehmer erneut endoskopiert. Die Ergebnisse fielen sehr unterschiedlich aus, die Forscher unterschieden jedoch zwei Gruppen: die „Persisters“ und die „Resisters“.

Erst Stuhltest, dann Probiotikum?

Bei den „Persisters“ überlebten die Probiotika im Darm der Probanden, bei den „Resisters“ verschwanden sie vollständig. Welcher Gruppe ein Proband angehören würde, ließ sich anhand seiner Darmflora vorhersagen. Zudem soll die Genexpression in der Darmschleimhaut Hinweise auf Überlebenschancen der Probiotika geben.

Studienautor Elinav folgert daraus, dass Probiotika nicht für alle Menschen geeignet sind. Er meint, dass ein Stuhltest in Zukunft darüber entscheiden könnte, welches Probiotikum für wen geeignet ist.

Nach Antibiotikatherapie: Probiotikum schlechter als abwarten?

In der zweiten Studie untersuchten die Forscher den Einfluss der Probiotika speziell im Zusammenhang mit der Einnahme von Antibiotika. Dazu verabreichten sie 21 Probanden für eine Woche eine Breitbandantibiose (Ciprofloxacin plus Metronidazol) und führten anschließend eine obere Endoskopie und eine Koloskopie durch. Dann wurden die Probanden in drei Gruppen eingeteilt. In der ersten Gruppe ließ man dem Mikrobiom die Chance, sich von selbst zu regenerieren – „watch and wait“. Die zweite Gruppe nahm über vier Wochen täglich ein Probiotikum mit elf Bakterienstämmen ein. Die dritte Gruppe erhielt hingegen über eine Sonde Darmbakterien, die vor der Antibiotikagabe aus dem Darm entnommen worden waren (autologes fäkales Mikrobiomtransplantat, aFMT).

Den Probiotika gelang es zwar, den Darm nach der Antibiotikagabe zu besiedeln, jedoch wurde dabei nicht der Zustand aus der Zeit vor der Antibiotikabehandlung erreicht – und das über Monate. Dadurch behinderten die Probiotika im Vergleich zur „watch and wait“-Gruppe sogar die Regeneration. Nach der aFMT erholte sich der Darm innerhalb weniger Tage.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Wie überraschend

von Stefan Haydn am 11.09.2018 um 18:47 Uhr

Wenn ich probiotische Bakterien auf eine durch Antibiotika "entkeimte" Darmschleimhaut gebe, ist es doch sonnenklar, dass die vorherige Besiedlung nicht erreicht wird. Das ist allenfalls möglich, wenn ich genau die gleichen Keime aus dem vorherigen Mikrobiom kenne. Das ist aber quasi nicht möglich. Schließlich sollen sich die Bakterien aus dem Probiotikum ja festsetzen können. Interessanter wäre die Frage, ob die neu angesiedelten Bakterien den vorherigen überlegen oder gesundheitsförderlicher sind.

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: π

von J.Haberkorn am 12.09.2018 um 12:01 Uhr

Ich kann Ihren Kommentar nur unterstreichen

AW: Wie überraschend

von Wellness_Watch am 13.09.2018 um 9:22 Uhr

Dieser Kommentar ist nicht ganz richtig, da es Keime höchst unterschlicher Art gibt. Und da spreche ich nur die nützlichen, guten an.
Siedeln Sie nach erfolgter Therapie die richtigen LEITkeime an - die in den passenden Produkten enthalten sind - und verhindern gleichzeitig, dass die Toxinausschüttung der durch die Antibiotikagabe absterbenden Keime im Mikrobiom Schaden anrichten, können Sie die Zeit nach der Therapie schon positiv beeinflussen!
Rund um die dann angesiedelten Leitkeime habe es andere, nützliche Keime leichter, sich ebenso wieder anzusiedeln.
Voraussetzung ist, dass Sie humane Keime einnehmen, die sich auch ansiedeln können. Joghurts und billige Produkte enthalten vielfach nur Joghurtkeime, nur hochwertige Probiotika / Synbiotika aus der Apotheke ... verschaffen die gewünschte Abhilfe,

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